Stripes
Stripes
Archiv

Toll gekämpft

07.12.2011 -TOYOTA Bundesliga: 27:32 im Derby – trotzdem warmer Applaus

Es knisterte ein wenig mehr in der „Hölle Nord“ als sonst. Die SG Flensburg-Handewitt zeigte eine couragierte Leistung, musste sich dennoch im 69. Landesderby dem souveränen Tabellenführer beugen. Am Ende hieß es 27:32 (12:14) für den THW Kiel. „Man kann ja nicht zufrieden sein, wenn man verliert", sagte SG-Coach Ljubomir Vranjes. „Aber wir haben teilweise sehr gut gespielt." Und SG-Geschäftsführer Holger Kaiser ergänzte: „Unsere Mannschaft ist erst seit Sommer zusammen, hat sich aber schon rasant entwickelt."
Stehende Ovationen – schon die SG-Mannschaftsaufstellung war ein besonderes Erlebnis. Und der Einlauf wirkte noch triumphaler als sonst. Auf dem Parkett startete die SG mit einer Überraschung. 

Michael Knudsen, der im September beim Hinspiel gefehlt hatte, agierte als Spitze einer offensiven Deckung. Der THW reagierte etwas perplex: Daniel Narcisse verlor den Ball, die SG startete den ersten Gegenstoß, und nach nur 28 Sekunden netzte Lasse Svan Hansen zum 1:0 ein. Auf der Nordtribüne herrschte so große Begeisterung, dass ein Konfettiregen auf das Spielfeld niederregnete und die Partie für einige Momente unterbrochen werden musste.

Gleich nach der Unterbrechung parierte Mattias Andersson einen Siebenmeter von Momir Ilic und einen „Freien“ von Dominik Klein. Es war ein stürmischer Auftakt der SG – Anders Eggert machte das 3:0. „Flensburg hat uns schon sehr mit ihrer Abwehr überrascht", gab THW-Trainer Alfred Gislason später zu. „Wir hatten wirklich Probleme, ins Spiel zu kommen." Erst nach 6:15 Minuten kam der THW durch eine Einzelleistung von Daniel Narcisse zu seinem ersten Erfolgserlebnis. Auch der Gast hatte seine Deckung offensiv eingestellt. Die SG leistete sich plötzlich viele Fehler und schien THW-Keeper Thierry Omeyer warmzuwerfen. 

Beim 5:9 sah sich Ljubomir Vranjes gezwungen, seine Auszeit zu nehmen. Er beorderte Viktor Szilagyi auf die Spielmacher-Position, und der zwischenzeitlich ausgewechselte Holger Glandorf kehrte zurück. Die Trainer-Ansprache schien keine Wirkung gezeigt zu haben. Die SG verlor den Ball. Doch Mattias Andersson vereitelte den Konter von Dominik Klein mit einer Klasse-Aktion – und die SG kämpfte sich in die Partie zurück. „Die Spieler haben alle Leidenschaft gezeigt", meinte Ljubomir Vranjes. 

Der Angriff arbeitete nun konsequenter. Eine Fackel von Viktor Szilagyi unterstrich den Aufwärtstrend. 8:10! Kurz darauf zwang die SG trotz Unterzahl den THW in ein Passiv-Situation. Dann ging es ganz schnell: Lasse Svan Hansen sprintete davon. 10:11! Lars Kaufmann hatte sogar den 12:12-Ausgleich in der Hand scheiterte aber an Thierry Omeyer. Pech hatte Holger Glandorf! Mit seinem mit der Halbzeit-Sirene ausgeführten Freiwurf überwand er zwar die THW-Mauer, der Ball landete aber „nur“ am Pfosten.

Holger Glandorf: Leidenschaft pur! Fotos: N. Kirschner

Nach Wiederbeginn traf Holger Glandorf zum erneuten Anschluss. Dann verließ das Wurfglück die SG. „Wir sind ein Stück weit selbst schuld, dass wir hier verloren haben", analysierte Ljubomir Vranjes. „Wir haben uns ein paar technische Fehler zu viel erlaubt – und so etwas bestraft Kiel." 13:16 und erneut Ballbesitz für den THW – der Favorit schien zu enteilen. Doch Thomas Mogensen eroberte das Wurfutensil und beförderte die SG im Sauseschritt zurück ins Match. Marcus Ahlm leistete sich die dritte Hinausstellung und schied endgültig aus. Die Gäste mussten die Abwehr umstellen. 

Holger Glandorf hämmerte den Ball ans Torgebälk. Kein Ausgleich – stattdessen setzte sich Kiel wieder ab. Aber die Moral der SG war intakt, ebenso die Leidenschaft – auch auf den Rängen. Und als es besonders brenzlig wurde, war auf Mattias Andersson Verlass. Beim Stande von 18:21 kaufte er Filip Jicha einen Siebenmeter ab. Aber dichter als auf zwei Treffer kam die SG nicht heran, die „Zebras“ fanden insgesamt ein Quäntchen leichter den Weg gen Tor. „Die Abwehr hat insgesamt gut funktioniert, am Ende wurden meine Jungs aber etwas müde", beobachtete Ljubomir Vranjes.

Als nach einem Fehlpass Filip Jicha mutterseelenallein davon marschierte und das 22:26 markierte, nahm die Entscheidung allmählich Konturen an. Beim 23:27 beantragte Ljubomir Vranjes seine Auszeit. Lasse Svan Hansen deckte nun Daniel Narcisse kurz. Eine überraschende Wende gab es nicht mehr, aber die Fans feierten dennoch ihre SG und spendeten warmen Applaus.

Die Kieler jubelten. „Ich bin stolz auf meine Mannschaft", sagte Alfred Gislason. „Ich habe starke Flensburger gesehen." Holger Kaiser forderte für die letzten drei Hinrunden-Spiele sechs Punkte. „Wenn wir diese vorgezogene Rückrunden-Partie abrechnen", sagte er, „liegen wir gleich auf mit dem HSV und nur einen Punkt hinter den Füchsen. Die SG wird in dieser Serie noch für viel Aufsehen sorgen."

Erst in der Schlussphase ließen die Kräfte nach.

 

SG Flensburg-Handewitt – THW Kiel 27:32 (12:14) 
SG Flensburg-Handewitt: Andersson (14/2 Paraden), Rasmussen (bei einem 7m) – Karlsson, Eggert (7/5), Glandorf (3), Mogensen (2), Svan Hansen (5), Mocsai (1), Szilagyi (2), Kaufmann (3), Knudsen (4)
THW Kiel: Omeyer (15 Paraden), Palicka (bei einem 7m) – Andersson (3), Sprenger (3), Ahlm, Kubes (1), Reichmann, Zeitz, Palmarsson (1), Narcisse (5), Ilic (3), Klein (4), Jicha (12/4)
Schiedsrichter: Schaller/Wutzler (Leipzig/Frankenberg); Zeitstrafen: 10:10 Minuten (Karlsson 4, Glandorf 2, Knudsen 2, Svan Hansen 2 – Ahlm 6, Jicha 4); Rote Karte: Ahlm (35.; dritte Hinausstellung); Siebenmeter: 5/5:7/5 (Jicha und Ilic scheitern an Andersson); Zuschauer: 6300 (ausverkauft)
Spielverlauf: 3:0 (4.), 3:5 (10.), 5:6 (12.), 5:9 (18.), 6:10 (21.), 8:10 (23.), 10:11 (25.), 11:12 (26.), 12:13 (30.) – 13:14 (31.), 13:16 (33.), 15:16 (35.), 15:18 (38.), 16:19 (42.), 18:19 (44.), 18:21 (46.), 20:22 (48.), 21:24 (51.), 22:26 (53.), 24:27 (54.), 25:30 (57.), 26:31 (59.)

Von: ki