Stripes
Stripes
Archiv

Gekämpft – gezittert – gejubelt

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Darauf hatten die SG Flensburg-Handewitt und ihre Fans 14 Jahre und 18 Tage lang warten müssen. Als die Schiedsrichter Behrens/Fasthoff nach dem letzten Göppinger Tor von Tim Kneule Spieler und SG-Anhänger endlich mit dem Schlusspfiff erlösten, entlud sich die Anspannung in einem einzigen Jubelschrei. Mit dem 22:21 (12:12)-Zittersieg über ein mit nur neun Spielern angereistes Rumpfteam von Frisch Auf Göppingen hatte sich die SG ihren zweiten Meistertitel gesichert – die große Sause konnte starten.

2004 hatte der damalige Kapitän Sören Stryger die Meisterschale in Empfang genommen. Gestern war es Tobias Karlsson. Als Ministerpräsident Daniel Günther und der HBL-Vorsitzende Uwe Schwenker dem SG-Kapitän gemeinsam das Objekt der Begierde überreichten, bebte die Flens-Arena. Die 6300 Zuschauer in der ausverkaufen Halle waren genauso verschwitzt und abgekämpft wie die SG-Spieler und Trainer Maik Machulla. „Man hat gesehen, was für ein Päckchen meine Spieler zu tragen hatten“, sagte ein erleichterter SG-Trainer. „Wäre es ein normales Bundesliga-Spiel gewesen, wäre der Ball mehr gelaufen und wir wären in einen Flow gekommen. Jeder wollte es heute richtig gut machen, keinen Fehler begehen, und das hat uns ausgebremst.“

Höchste Anerkennung verdiente der Auftritt der Göppinger, bei denen insgesamt sieben Stammkräfte fehlten. Nachdem gegen Minden schon fünf Spieler gefehlt hatten, mussten auch noch Rechtsaußen Anton Halen (Schulter) und Marcel Schiller passen, der sich am Sonnabend im Abschlusstraining einen Bänderriss zugezogen hatte. „Ich muss meiner Mannschaft ein Riesenkompliment machen. Dass wir das bei dem Kraftaufwand durchhalten, hätte ich nicht gedacht. Wir haben ja von sechs bis zwölf Meter verteidigt“, zog FA-Trainer Dr. Rolf Brack den Hut vor seinen Spielern. Der Handball-Professor fand aber auch lobende Worte für die SG: „Das war ein psychologisch schwierige Situation für Flensburg. Wenn sie gegen unsere Truppe die Meisterschaft verspielt hätten, wären sie zur Lachnummer der Handball-Nation geworden.“

Wurden sie glücklicherweise nicht, obwohl auch das finale Spiel zu einem Spiegelbild der gesamten Saison wurde. Wieder einmal ließen die Gastgeber beste Chancen liegen, vergaben unter anderem vier Siebenmeter. Die Gastgeber mussten sogar mehrere Rückstände hinnehmen, weil sie die Göppinger Achse Kneule/Kozina nie in den Griff bekamen. So blieben die Süddeutschen bis in die Schlussphase hinein auf Tuchfühlung. Die SG konnte sich nie sicher fühlen. Die erste Chance zu einer Drei-Tore-Führung hatte die SG erst in der 52. Minute beim 20:18, doch Rasmus Lauge scheiterte per Siebenmeter an Prost. Die zweite Möglichkeit ließ Hampus Wanne beim 22:20 (57.) aus, als er einen Strafwurf neben das Tor warf. Trotz seines Siebenmeter-Fehlwurfes avancierte Rasmus Lauge in der Schlussphase mit zwei wichtigen Toren zum Matchwinner. „Da haben wir etwas im Angriff verändert, und Rasmus bekam die Räume“, sagte Machulla. So hatte der letzte Gegentreffer von Tim Kneule nur noch Bedeutung für die Statistik.