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HC PPD Zagreb

Champions League ohne den Spitzenklub aus Zagreb? Das ist kaum vorstellbar. Seit 1994 fehlte der Traditionsklub nur ein einziges Mal, als zur Jahrtausendwende der RK Metkovic kurzzeitig zu einer ernsthaften nationalen Konkurrenz erwuchs. Vier Mal in den 90er Jahren schafften es die Ballwerfer aus der Hauptstadt Kroatiens bis ins Endspiel, seitdem schwankte die Leistungskurve – abhängig von der ökonomischen Potenz des Vereins, die keine Konstanz kannte.

Linkshänder Luka Stepancic.

Definitiv hat der Handball in der kroatischen Metropole eine lange Tradition: Schon 1922 gründeten weise Männer den Klub, der 1948 erstmals an die Spitze in Jugoslawien kletterte. Selbst eine Durststrecke zwischen 1965 und 1989 überstanden die Zagreber Enthusiasten schadlos. Die beiden Sternstunden erlebte der Verein unmittelbar nach der Unabhängigkeit Kroatiens. Der Meistercup, der Vorgänger der VELUX EHF Champions League, wanderte 1992 und 1993 an die Ufer des Flusses Sava. Von 1995 bis 1999 scheiterte man gleich bei vier Final-Anläufen an einem spanischen Vertreter.

Die letzte Serie gehörte definitiv zu den besseren Spielzeiten der jüngeren Vergangenheit. Am kroatischen Double gab es keine Zweifel, der dritte Platz in der südosteuropäischen SEHA-League verschaffte Respekt, und in der VELUX Champions League gab es einige Paukenschläge. Kiel und Paris strauchelten in Zagreb, mit einem Kunstwurf aus 15 Metern sicherte Dusko Celica gegen La Rioja in letzter Sekunde den Einzug ins Achtelfinale, wo Kolding bezwungen werden konnte. Erst im Viertelfinale war Barcelona eine Nummer zu groß.  „Nach den hübschen Überraschungen der letzten Saison wollen wir auch diesmal wieder einige der Großen schocken“, kündigt Trainer Veselin Vujovic an.

Dauerbrenner Zlatko Horvat.

Der Ausnahme-Handballer der 80er Jahre hat die Aufgabe aus einer Art kroatischer Landesauswahl eine schlagkräftige Truppe zu formen. Trotz der Arena Zagreb, die häufig fünfstellige Besucherzahlen verzeichnet, und eines Hauptsponsors aus der Gas-Branche (PPD) kann die Handball-Macht vom Balkan nicht mit den Top-Klubs Europas mithalten. Das mussten die Verantwortlichen erst in den letzten Monaten wieder erfahren. Kunstschütze Dusko Celica schnappte sich Eisenach, und auch beide Kreisläufer – Teo Coric zu TVB 1898 Stuttgart, Ilija Brozovic nach Hamburg – verließen Zagreb. Für die nächste Saison steht bereits Linkshänder Luka Stepancic auf der Liste von Paris Saint-Germain.

Ursprünglich sollte auch das Torhüter-Gespann gesprengt werden. Ivan Stevanovic hatte bereits einen Kontrakt in Bietigheim unterschrieben, machte diesen Schritt aber „aus persönlichen Gründen“ rückgängig. Die Nummer eins ist Filip Ivic, der mit Kroatien bei der Weltmeisterschaft war. Daneben stehen derzeit nur Linkshänder Luka Stepancic, in der Regel der beste Zagreber Schütze, und Dauerbrenner Zlatko Horvat in der Nationalmannschaft. Der Rechtsaußen spielt seit 2002 in der ersten Zagreber Mannschaft und hat längst die Kapitänsrolle übernommen. „Für uns junges Team ist es ein realistisches Ziel, das Achtelfinale erreichen zu wollen“, meint er.

Der Halblinke Domagoj Pavlovic.

Mit Wohlwollen dürfte Zlatko Horvat die Transfer-Bemühungen seines Klubs wahrgenommen haben. Für den Kreis wurden zwei verheißungsvolle Spieler gefunden. Tin Kontrec aus der Handball-Stadt Varazdin und Stanko Sabljic, der zuletzt in Erlangen Bundesliga-Erfahrung sammelte. Mit Stefan Vujic konnte überdies ein junger Spielmacher vom französischen Absteiger Istres zurückgeholt werden. Allerdings sorgten die längerfristigen Verletzungen von Routinier Josip Valcic und Rückraum-Hoffnung Stipe Mandalinic für Rückschläge. Dennoch arbeitet Veselin Vujovic weiterhin für den großen Coup. „Wenn wir wieder in das Viertelfinale einziehen würden“, sagt er, „wäre das für unser Team, das ausschließlich auf heimische Kräfte setzt, ein großer Erfolg.“

Die bisherigen sechs Spieltage in der VELUX EHF Champions League brachten viel Abwechslung. Zum Auftakt bezwang der HC Zagreb dank einer aggressiven Deckung den THW Kiel mit 29:22. Es folgte ein Auswärtssieg in Celje und eine knappe Heimniederlage vor 15000 Zuschauern gegen Veszprém. Nicht eingeplant waren die Punktverluste in Istanbul. Daraufhin verkündete Trainer Veselin Vujovic gar seinen Rücktritt, um zwei Tage später – nach diversen Gesprächen – doch im Amt zu bleiben. Mit Dobrivoje Marković wurde überdies ein serbischer Linksaußen verpflichtet, der zuletzt bei Vardar Skopje unter Vertrag stand und für Zagreb erst ab dem 21. November in der VELUX EHF Champions League spielberechtigt sein wird.