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Grandioser Kampf des letzten Aufgebots

(sh:z; Jan Wrege) Die SG Flensburg-Handewitt hat dem polnischen Vizemeister Wisla Plock eine begeisternde Handballschlacht geliefert. Doch am Ende reichte es im letzten Spiel der Gruppe B in der Champions League nicht ganz für das letzte Aufgebot des Titelverteidigers. Die Polen gewannen 31:29 (14:13) und entrissen den Flensburgern damit noch den dritten Platz. Auf die SG als Gruppenvierter wartet nun morgen bei der Auslosung in Wien ein Staffelsieger – THW Kiel, MKB Veszprem und KS Vive Kielce kommen in Frage. Paris St. Germain, Pick Szeged oder Vardar Skopje wären es bei Platz drei gewesen, was dann auch irgendwie egal ist.

Die SG darf sich nach einem spektakulären Spiel im Hexenkessel von Plock als moralischer Sieger führen. Sechs Stammspieler fielen krank oder verletzt aus: Jim Gottfridsson, Holger Glandorf, Jacob Heinl, Thomas Mogensen, Lars Kaufmann, Lasse Svan – eigentlich hätte man gleich zu Hause bleiben können. Stattdessen lieferten neun Feldspieler und zwei Torhüter gestern Abend ein Lehrstück an Moral, Mut und taktischer Raffinesse ab. „Man ist nie mit einer Niederlage zufrieden, aber dafür, was meine Mannschaft heute geleistet hat, muss ich sagen: Hut ab“, kommentierte Trainer Ljubomir Vranjes den Auftritt.

Auch sein Trikot lag bereit, doch gestern entschied sich Vranjes gegen einen Comeback-Einsatz, weil er sonst nicht hätte coachen dürfen. Das verbieten die EHF-Regeln. Am Sonnabend hatte man noch den Ausfall von Ahmed Elahmar befürchten müssen. Der Ägypter hatte Fieber, doch gestern morgen meldete er sich leidlich fit, so dass der 41 Jahre alte Chefcoach nicht auch noch spielen musste.

Den Part für Mogensen in der Angriffszentrale übernahm der Co-Trainer Maik Machulla, und er machte dies glänzend. Dem 38-Jährigen war kaum anzusehen, dass er in den vergangenen zwei Jahren nur ganz sporadisch gespielt hatte. Phasenweise überraschte Vranjes seinen Freund Manuel Cadenas auf der Trainerbank von Plock sogar mit Anders Eggert auf der Mittelposition. Das hatte die Welt noch nicht gesehen, da konnte der Spanier alles, was er für den SG-Angriff vorbereitet hatte, in die Tonne treten.

Die Polen hatten den besseren Start ins Spiel, den Gästen drohte beim 6:13-Rückstand nach 21 Minuten ein ganz bitterer Abend. Doch die SG glaubte an ihre Chance, fand einen Rhythmus und legte einen 7:1-Lauf hin. Grandios in dieser Phase spielte Elahmar mit seinem unnachahmlichen Wackler, mit dem er drei tolle Tore machte. Die SG-Deckung wurde immer stabiler. Allein mit dem 2,06 Meter langen Kreisläufer Kamil Syprzak hatte sie ihre Not, dagegen hielt sie Plocks Rückraum meistens in Schach. Zu den Besten in einem Team, das insgesamt zu loben ist, gehörte der viel kritisierte Drasko Nenadic. Der Serbe stand sicher in der Abwehr, vorn fasste er sich ein Herz und traf sechs Mal – ein Lichtblick in diesen schweren Wochen.

So hielt die SG lange ihre Chance auf ein Remis, das für Platz drei gereicht hätte, am Leben. Schwindende Kräfte und auch ein wenig Pech in entscheidenden Phasen verhinderten schließlich den Erfolg, der angesichts der Ausgangslage einer Sensation gleichgekommen wäre.