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ThSV Eisenach

Stück für Stück wurden in den letzten Jahren die Hallen-Standards für die DKB Handball-Bundesliga angehoben. In der „stärksten Liga der Welt“ ist eine Mindestkapazität von 2250 Zuschauern vorgeschrieben, ebenso gibt es klare Vorgaben für Anzeigetafeln und Lichtstärke. Und: In erstklassigen Spielhallen müssen auf beiden Längsseiten Tribünen vorhanden sein. Ein Punkt, an dem Bundesliga-Aufsteiger ThSV Eisenach sich fast die Zähne ausgebissen hatte. Denn in seiner Werner-Aßmann-Halle gibt es Haupt- und zwei Hintertor-Tribünen, aber keine Gegentribüne. Stattdessen glänzt eine lange Wand, an deren Fuß nur die Auswechselbänke der beiden Mannschaften Platz finden. Am Ende half ein Entgegenkommen der Konkurrenz und ein Kompromiss: 14 Heimpartien dürfen an der angestammten Spielstätte ausgetragen werden, für die drei restlichen Begegnungen müssen sich die Ballwerfer von der Wartburg ein Ausweichquartier suchen.

Nicolai Hansen

Da begann gleich das nächste Problem: Im ganzen Bundesland Thüringen gibt es keine Halle, die die HBL-Anforderungen erfüllt. Die ThSV-Verantwortlichen mussten ihre Fühler etwas weiter ausstrecken und landeten im 160 Kilometer entfernten oberbergischen Coburg. 600 ThSV-Anhänger reisten an einem Mittwochabend mit Sonderbussen und Privat-Pkw an und nahmen in Kauf, erst zu mitternächtlicher Stunde wieder zu Hause zu sein. Bei der Bundesliga-Premiere gegen den HSV Hamburg war die HUK-Coburg-Arena mit 3500 Zuschauern tatsächlich ausverkauft. „Auch wenn wir natürlich lieber in der Werner-Aßmann-Halle gespielt hätten, das war schon eine tolle Atmosphäre“, meinte Eisenachs Kapitän Benjamin Trautvetter.

Im Schatten der Hallen-Probleme gingen die sportlichen Dimensionen etwas unter. Immerhin kehrten die Thüringer, die schon in den 60er Jahren zu den festen Größen in der DDR-Oberliga zählten, nach neunjähriger Abstinenz ins Handball-Oberhaus zurück. „Wir müssen uns so schnell wie möglich akklimatisieren, an das Niveau und die Härte gewöhnen", forderte Trainer Adalsteinn Eyjolfsson im Sommer. „Wir werden die Mannschaft weiterentwickeln, aber auch weiterhin sauber wirtschaften", kündigte Präsident Gero Schäfer an.

Dener Jaanimaa

Den Kader musste der Zweitliga-Dritte der letzten Saison aber dringend auffrischen. Mit Kreisläufer Hannes Jon Jonsson gab es nur einen Akteur, der schon Erstliga-Luft geschnuppert hatte. Mit dem lettischen Halblinken Aivis Jurdzs wurde ein zweiter verpflichtet, der einst gemeinsam mit dem Isländer in Hannover spielte. Als guter Griff entpuppte sich der dänische Keeper Rene Villadsen. Das Rennen machten die Eisenacher auch beim Poker um den estnischen Linkshänder Dener Jaanimaa, ein gefürchteter Zweitliga-Goalgetter.

Holprig verlief der Start, der mit einigen Verletzungen gepflastert war. Deshalb wurde der ThSV noch zwei weitere Male auf dem Transfermarkt tätig. Der Slowene Peter Pucelj soll den Abwehr-Mittelblock verstärken. Der in Spanien losgeeiste Bosnier Faruk Vrazalic bereichert die Alternativen in der Linkshänder-Fraktion. Längst sind die ersten Siege eingefahren, und Eisenach hält Kontakt zum rettenden Ufer. Falls der Klassenerhalt wirklich gelingen sollte, wäre das Hallen-Problem wieder allgegenwärtig: Vielleicht muss dann in einer Blitz-Aktion die Wand der Werner-Aßmann-Halle weg.

Tomas Sklenak