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RK Celje

Der April 2004 ist immer noch legendär im slowenischen Celje. Zunächst feierten die Menschen in der 40.000-Einwohner-Stadt einen 34:28-Sieg im ersten Endspiel über die SG Flensburg-Handewitt, dann verteidigten sie den Vorsprung im Rückspiel, und schließlich folgte eine nicht enden wollende Sause. 5000 Fans waren zum Public Viewing vor der Zlatorog-Arena erschienen und blieben bis zum nächsten Tag. Zusammen mit der zurückgekehrten Mannschaft wurde ein Triumph mit historischen Wurzeln begossen: Noch nie hatte ein Verein aus dem kleinen Balkanland die Königsklasse gewonnen. „An die Saison 2003/2004 erinnern sich die Menschen in Slowenien unglaublich gerne", erzählt RK-Direktor Roman Pungartnik. „Es war eine Riesen-Überraschung, das damals Celje ganz Europa geschlagen hat." 

Torwart Matevz Skok.

Passend, entstand genau in jener Zeit auf dem Hügel Pod Golovec ein neuer Handball-Tempel. 4600 Sitz- und 1000 Stehplätze bietet die „Dvorana Zlatorog". Gleich die Premiere im Dezember 2003 war ein „europäischer Donnerschlag“. Mit 25:38 hatte Celje bei Ademar Leon den Kürzeren gezogen, um sich mit einem sensationellen 34:21 zu revanchieren. Danach konnten selbst der TBV Lemgo, Ciudad Real und schließlich die SG Flensburg-Handewitt den Sturmlauf nicht aufhalten. Einige Helden von damals wie Siarhei Rutenka (Barcelona), Uros Zorman (Kielce) und Renato Vugrinec (Skopje) tummeln sich noch immer in der Königsklasse, andere wie der legendäre Torwart Dejan Peric haben ihre Karriere inzwischen beendet.

Seit 2004 ist viel Wasser die Savinja hinuntergeflossen. Die ganz großen Stars kann sich der RK Celje nicht mehr leisten. Zwar fungiert die regionale Brauerei „Pivovarna Lasko" seit einem Vierteljahrhundert als Hauptsponsor, aber der Geldhahn wird nicht mehr so weit aufgedreht wie noch vor einer Dekade. Aus der Not hat der RK Celje eine Tugend gemacht und setzt auf die eigene Handballschule: Gleich zehn Akteure aus dem Kader sind in Celje geboren. Zum Beispiel Gasper Marguc. Der Rechtsaußen zählt zu den besten Goalgettern in Europa und wird im Sommer nach Veszprém wechseln. Ebenso wie der ungarische Regisseur Mate Lekai, der vor drei Jahren mit Pick Szeged im Achtelfinale an der SG scheiterte. Die gleiche Erfahrung machte in der letzten Serie der Trainer Branko Tamse, der im Dezember das Ruder übernahm und zuvor Gorenje Velenje betreut hatte.

In Celje sind schon die Kleinsten vom Handball-Virus infiziert.

Am Kommando-Wechsel auf der Bank ist übrigens auch Ljubomir Vranjes „schuldig". Der SG-Trainer half bekanntlich im letzten Juni bei der serbischen Nationalmannschaft aus, kam aber für ein langfristiges Engagement nicht in Frage. Stattdessen geriet Vladan Matic, der bis dahin in Diensten des RK Celje stand, in den Fokus des serbischen Verbands. Eine Doppel-Beschäftigung betrachtete der slowenische Traditionsklub allerdings nicht als glücklich, zumal sich im Spätherbst einige sportliche Rückschläge einstellten. Und so trennten sich die Wege. Im Schlepptau von Vladan Matic ging auch Torwart-Legende Dejan Peric, der nun als Co-Trainer der serbischen Auswahl fungiert.

Im Kader herrschte in den letzten Wochen noch einmal Bewegung. Ein slowenisches Trio hatte den krisengeplagten weißrussischen Meister Dinamo Minsk verlassen. Linkshänder David Miklavcic, Kreisläufer Uros Bundalo und der Halblinke Borut Mackovsek, der in der Hinrunde noch für die TSV Hannover-Burgdorf spielte, werden den RK Celje in den slowenischen Playoffs unterstützen, in der VELUX EHF Champions League sind sie allerdings nicht startberechtigt. Da liegt die Verantwortung neben Gasper Marguc und Mate Lekai auf dem schussfreudigen Serben Nemanja Zelenovic, dem dynamischen Kroaten Ivan Sliskovic und auf Kapitän Sebastian Skube, dem zweiten Spielmacher im Kader. Sehr erfahren ist Linksaußen Luka Zvizej, der einst für den ruhmreichen FC Barcelona auflief. Zwischen den Pfosten ist Matevz Skok die Nummer eins.

Trainer Branko Tamse.

Seit der Unabhängigkeit Sloweniens hieß in 17 von 22 Fällen der Meister RK Celje. Zuletzt musste der Renommierklub allerdings eine Durststrecke durchwandern und wartet seit 2010 auf den nächsten Titel. Auch jetzt sieht es so aus, als ob Gorenje Velenje das Rennen machen könnte. Der Kontrahent liegt fünf Zähler voraus. In der VELUX EHF Champions League erreichte der RK Celje als Gruppendritter das Achtelfinale. Dort entpuppte sich vor Jahresfrist übrigens der HSV Hamburg als Endstation. Zuhause setzte es eine 29:38-Abfuhr, die Slowenen rehabilitierten sich dann aber mit einem 31:28-Auswärtssieg an der Elbe. Und was ist diesmal gegen die SG drin? Roman Pungartnik, der die Bundesliga aus seiner Zeit in Wilhelmshaven, Kiel, Hamburg und Gummersbach bestens kennt, gibt sich bescheiden. „Im Sport ist bekanntlich alles möglich, aber niemand behauptet bei uns, dass wir Flensburg ausschalten werden", sagt der RK-Direktor. „Die Flensburger pflegen einen sehr schönen Handball mit viel Tempo und Begeisterung. Wenn unser Team auch Herz zeigt, sind wir schon zufrieden."