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Flensburgs großer Schritt

(sh:z; Jannik Schappert) Drei Dinge machen die SG Flensburg-Handewitt in dieser Saison zu einer besonderen Mannschaft. Welche das sind, bewies das Topspiel bei den Rhein-Neckar Löwen, das der Deutsche Meister und aktuelle Tabellenführer der Handball-Bundesliga am Ostersonntag 26:23 (12:8) gewann.

Nervenstärke
Als die Gastgeber Mitte der zweiten Halbzeit den Fünf-Tore-Vorsprung der SG egalisierten, blieb die Mannschaft von Maik Machulla cool. Die Ruhe bewahren – eine Qualität, die sich die Flensburger erst aneignen mussten und die ihnen in dieser Saison in vielen engen Spielen den Sieg gebracht hat. „Vor zwei Jahren war das noch anders. Wir haben das gut entwickelt“, meinte Jim Gottfridsson, der  den SG-Angriff vor 13200 Zuschauern in der ausverkauften SAP-Arena 60 Minuten dirigiert hatte. Die Ruhe, die die Spieler in entscheidenden Situationen ausstrahlen, hängt eng mit Machulla zusammen. Der Coach schenkt seinen Spielern mit einer Mischung aus taktischen Vorgaben und Freiheiten viel Vertrauen, was diese ihm ebenfalls entgegenbringen. „Großes Kompliment an die Jungs, dass sie in der schlechten Phase weiter an unsere Absprachen geglaubt haben“, sagte Machulla.

Abwehrstärke
618 Gegentore in 27 Spielen – das sind 31 weniger als der THW Kiel und im Schnitt nur 22,9. Zum Vergleich: In der zurückliegenden Meistersaison kassierte die SG im Schnitt 25 Treffer pro Partie. „Mit dieser Abwehr habe ich es leicht“, meinte Torwart Benjamin Buric. Viele seiner elf Paraden in Mannheim waren das zwangsläufige Produkt der Absprachen mit dem herausragenden Abwehrchef Tobias Karlsson. Dieser stellte Löwen-Gehirn Andy Schmid wie schon beim 27:20 im Hinspiel gemeinsam mit Mittelblock-Partner Simon Hald kalt, auch die Achse Schmid-Kohlbacher war weitgehend unter Kontrolle. Zu Gute kam  Flensburg der kurzfristige Ausfall von Alexander Petersson (Achillessehne).

Breiter Kader
Machulla kann nahezu auf jeder Position wechseln, ohne einen Leistungsabfall befürchten zu müssen. Einzig Simon Jeppsson fällt in den vergangenen Monaten ab. In Mannheim brachte der Trainer beim 6:4 für die Löwen (18. Minute) Göran Johannessen, der  seinen Pferdekuss aus der Gummersbach-Partie rechtzeitig auskuriert hatte. Mit dem  24-Jährigen gewann der Angriff an Schwung und Torgefahr, fünf Treffer erzielte der unberechenbare Norweger bis Mitte der zweiten Hälfte. „Dann war ich müde und habe den Fokus verloren“, sagte Johannessen. Kein Problem, denn auf der Bank saß ein ausgeruhter Rasmus Lauge, der in der heißen Schlussphase seine individuelle Klasse im Zweikampf ausspielte und die Tore zum 21:20, 23:21, 24:22 und 25:23 erzielte.

Vorentscheidung?
War der 26. Saisonerfolg der Fingerzeig zur Titelverteidigung? „Mit diesem Sieg sind wir nahe dran“, meinte Buric, der sich im TV-Interview gar zu einer 80-Prozent-Prognose hinreißen ließ – und sich wohl noch etwas anhören musste. Denn von solchen Ansagen halten sie bei der SG nicht viel. Es gebe keine Garantie für die Meisterschaft, betonte Geschäftsführer Dierk Schmäschke.
Für das erste von sieben verbleibenden Spielen, die knifflige Aufgabe bei Frisch Auf Göppingen am Sonntag (16 Uhr), sensibilisierte Machulla seine Spieler gleich nach dem Abpfiff in der Kabine. Und dann ist da auch noch das Derby beim THW Kiel am 12. Mai. Für Andy Schmid gibt es dennoch keine zwei Meinungen: „Die Flensburger machen Kleinigkeiten besser als die anderen. Deshalb werden sie Meister.“