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SG verdient sich ihr Glück

(sh:z; Jan Wrege) Ljubomir Vranjes setzte auf die Äußerung seines übelgelaunten Kollegen noch einen drauf: "Ich bin zu  200 Prozent stolz auf meine Mannschaft", sagte der Trainer der SG Flensburg-Handewitt nach dem 30:27-Erfolg über die Rhein-Neckar Löwen. Gudmundur Gudmundsson hatte zuvor wissen lassen, er sei zu 100 Prozent stolz auf sein Team, doch Tonfall und Miene wirkten, als würde er über seine Spareinlagen auf Zypern sprechen.
Der Missmut des wortkargen Löwen-Bändigers, der sich keine Analyse der packenden Handball-Schlacht entlocken ließ, war verständlich. Der Tabellenzweite war dicht dran,  die Punkte aus Flensburg zu entführen, mit denen man in der Tabelle der Bundesliga wieder zum THW Kiel aufgeschlossen hätte. Wie schon im Pokalspiel im Februar lieferten  die Mannheimer vor 6125 Zuschauern in der Flens-Arena eine starke erste Halbzeit, und anders als vor sechs Wochen fielen sie nach der Pause nicht auseinander. Bis kurz vor  Schluss mussten die Flensburger um die makellose Heimbilanz - die einzige der Liga - bangen.

Winzigkeiten gaben den Ausschlag. Man darf vermuten, dass Gudmundsson eine Zeitstrafe für seinen Abwehrchef Oliver Roggisch wurmte, die Flensburg zum ersten Vier-Tore-Vorsprung (27:23, 53.) der Partie nutzte. Besonders ärgerlich aus Löwen-Sicht dabei, dass Anders Eggert in diesen zwei Minuten bei zwei Strafwürfen von Fortuna beschienen war: Ein Ball prallte in Wembley-Manier von der Latte knapp hinter die Linie, den anderen berührte Torhüter Goran Stonjanovic beim gewagten Eggert-Heber mit den Fingerspitzen.

So viel Glück mussten sich die Flensburger hart erarbeiten. Die aggressive und extrem bewegliche Löwen-Abwehr setzte der SG zunächst enorm zu. "Das war ja ein ständiger Wechsel. Alles dabei - 5:1, 6:0 und 3:2:1", staunte Vranjes über das Defensivkonzept der Gäste. Da diese auch ihre Angriffe weitgehend fehlerfrei vortrugen, kam die SG in der ersten Hälfte nicht zu den leichten Toren durch Konter. So blieb nur der Positionsangriff. "Diese Abwehr war schwer zu knacken, aber wir haben es dann gut gelöst", meinte Vranjes. Den Umschwung brachte nach einem 9:12-Rückstand das Spiel über den Kreis, wo Jacob Heinl kaum zu bremsen war. "Ein unglaubliches Spiel von ihm. Die Art, wie er Verantwortung übernimmt, mag ich sehr", lobte Vranjes die Arbeit seines Kreisläufers in den vergangenen fünf Wochen, in denen Michael Knudsen gefehlt hat.

Der Däne löste Heinl nach 40 Minuten ab, stürmisch gefeiert von den SG-Fans. Nach dem durchwachsenen Comeback stand Knudsen mit einem dicken Eispack am lädierten rechten Knie im Kabinengang und gab erstmals genauer Auskunft über die Probleme, die ihn in eine ungewisse Zukunft blicken lassen. "Es ist ein Knorpelschaden. Passiert ist es  in Balingen. Eine der schlimmsten Verletzungen, die du als Handballer kriegen kannst", sagte der 34-Jährige. Ein Kreuzband oder einen Knochenbruch könne man flicken, mit klarer zeitlicher Vorgabe für die Genesung. Knudsens Fall ist kompliziert, die Ärzte sind sich nicht einig. In Deutschland tendiere man, so Knudsen, zur Operation, die acht Monate Pause bedeuten würde. Ein Landsmann habe ihm geraten, es ohne Eingriff zu versuchen, da der Knorpelschaden noch nicht so groß sei. "Aber ganz genau ist das mit dem MRT nicht zu sehen, dazu müsste man eine Kniespiegelung machen", sagte Knudsen, der jetzt nur abwarten kann. "Langsam die Belastung steigern und hoffen, dass es gut geht. Das ist mein Plan."