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Es knistert wieder vor dem Derby

(sh:z; Jan Wrege/Joachim Hobke) Hochstimmung wie lange nicht herrscht vor dem Handball-Landesderby am 2. Weihnachtstag: Um 18.30 Uhr (Sport1 live) begrüßt die SG Flensburg-Handewitt den THW Kiel zum Bundesliga-Gipfeltreffen in einer proppevollen Flens-Arena. "Wir hätten wohl 10000 Karten verkaufen können", schätzt SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer der Fall, das Interesse war im Zuge der Kieler Serie mit 14 Siegen in Folge gegen den Erzrivalen merklich abgekühlt.

Inzwischen knistert es wieder wie in besten Zeiten. Meister Kiel kommt als Tabellenführer, Vizemeister Flensburg liegt als Dritter gut im Rennen. Und da der Triple-Sieger ein wenig an Souveränität eingebüßt hat - siehe die Heimniederlage gegen Melsungen -, ist eine Sensation in Flensburg wenigstens nicht als utopisch zu betrachten.

Nichts scheint derzeit für die Mannschaft von Trainer Ljubomir Vranjes unmöglich. Mit bemerkenswerter Standhaftigkeit begegnet sie einer außergewöhnlichen Verletzungsserie. Und so sagt der Schwede vor dem 73. Derby: "Ich gehe immer in ein Spiel, um zu gewinnen, nicht, um ein Ergebnis möglichst günstig hinzukriegen. Die Hoffnung ist das Letzte, das man verliert." Um sie zu nähren, wird der akribische Arbeiter sich am Heiligabend nur eine kurze Auszeit gönnen. Schon die Busfahrt in der vergangenen Nacht auf dem Rückweg vom Spiel in Essen gehörte der Vorbereitung. "Ich werde mit der Familie essen, meinen Kinder die Geschenke geben, danach geht es wieder an den Schreibtisch", sagt der 39-Jährige. Morgen um 11 Uhr trifft sich die Mannschaft wieder, da muss alles für die Videobesprechung bereit sein.

Spiele in den Weihnachtstagen sind die Flensburger gewohnt, doch dass es nun zum Derby kommt, schmeckt ihnen nicht. "Am 23. Dezember spielen, am 25. trainieren und am 26. so ein Spiel - das finde ich überhaupt nicht in Ordnung", meint Torhüter Mattias Andersson. "So ein Spiel gehört nicht in diese Zeit", sagt Kreisläufer Michael Knudsen, "es bedeutet so viel. Deshalb sollte man einen Termin finden, an dem  weniger Ablenkung drumherum ist." Dennoch sind beide heiß auf den THW, Knudsen ist sogar recht optimistisch, obwohl weiterhin die drei Stammkräfte Petar Djordjic, Lars Kaufmann und Arnor Atlason ausfallen. "Wir haben viel Pech gehabt, aber wir haben auch super gespielt. Gegen Kiel haben wir eine gute Chance. Wir sind im Rhythmus und haben viel Selbstvertrauen."

Auch gestern erledigten die Flensburger ihre Pflicht. Allerdings glich der zehnte  Sieg in Folge mit 27:24 beim Schlusslicht Essen einer Zangengeburt. Nach einem 12:13-Rückstand bei Halbzeit konnte die SG den Außenseiter bis in die Schlussphase hinein nicht abschütteln. Kräfte sparen war in der heißen Partie am Hallo nicht möglich, es mangelte besonders an leichten Toren aus dem Rückraum. "Das war ein hartes Stück Arbeit. Essen hat gut gespielt", sagte Schmäschke. "Es war Kampf, Kampf, Kampf. Aber den hat unsere Mannschaft gut angenommen." Torhüter Sören Rasmussen, der in der letzten Viertelstunde für Andersson kam, hielt mit einer Reihe von Paraden die Punkte fest. Wichtig auch, dass alle Akteure heil aus der Partie kamen, auch Rechtsaußen Lasse Svan Hansen, der früh mit dem Fuß umgeknickt war, später aber wieder mitwirken konnte.

Im Gegensatz zu den Flensburgern schmeckt den Kielern das Derby am 2. Weihnachtstag - und das nicht nur, weil sie rechtzeitig vor dem Duell mit dem Nordrivalen wieder zu alter Stärke zurückgefunden haben. Mit einer 19:36 (8:17)-Niederlage im Gepäck wurden bemitleidenswerte Gummersbacher gestern auf die Heimreise geschickt. Dank des Ausrutschers der RN Löwen tags zuvor (26:26 gegen FA Göppingen) kehrte der Titelverteidiger wieder an die Tabellenspitze zurück. "Ich freue mich auf das Spiel in Flensburg", sagte Mannschaftskapitän Marcus Ahlm. "Die letzten drei Jahre habe ich den ersten Weihnachtstag in einem Hotel verbracht, weil wir irgendwo im Süden ein Auswärtsspiel hatten. Durch die kurze Anreise am Mittwoch kann ich nun endlich einmal am 25. Dezember bei der Familie sein." Zwar bittet THW-Coach Alfred Gislason seine Schützlinge morgen zum Training, doch nach der Übungseinheit geht es zurück ins traute Heim, um in den eigenen vier Wänden noch einmal letzte Kräfte für das Derby zu sammeln. "Da werden wir im Gegensatz zu heute voll gefordert. Uns erwartet ein hartes Spiel bis zur 60. Minute. Für uns geht es um Platz eins, den wir auch zum Jahresende behalten wollen", sagt Momir Ilic, neben Filip Jicha (beide sieben) gestern erfolgreichster Kieler Torschütze .