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Der Absturz ins Mittelmaß droht

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Frerich Eilts beschrieb den Auftritt der SG Flensburg-Handewitt mit einem Wort: "Katastrophe." So desolat wie das SG-Beratsmitglied hatte Holger Glandorf den Vizemeister nicht gesehen: "Wir waren nicht gut, dennoch war das bitter,  das letzte Tor passte zum gesamten Spiel." Mait Patrail hatte mit seinem finalen Wurf zwei Sekunden vor dem Schlusspfiff zum 29:28 (13:12) den Überraschungscoup der TSV Hannover-Burgdorf gegen eine taumelnde SG perfekt gemacht. Die Niedersachsen und ihr Anhang feierten, bei den Flensburgern herrschte dagegen tiefe Depression.

"Zu viele Spieler haben heute ihre Leistung nicht gebracht oder konnten es nicht", befand SG-Trainer Ljubomir Vranjes.  Drei Minuten vor dem Abpfiff hatten sich die Flensburger trotz einer schwachen ersten Hälfte beim 28:26  noch auf der Siegerstraße gewähnt. Doch eine Zeitstrafe gegen Kapitän Tobias Karlsson, ein Lattentreffer von Arnor Atlason und ein Angreiferfoul von Steffen Weinhold hatten dafür gesorgt, dass die Hannoveraner in den letzten 50 Sekunden beim 28:28 in Ballbesitz waren. Beim letzten Freiwurf konzentrierte sich bei den Flensburgern alles auf den überragenden TSV-Spielmacher Morten Olsen. Doch der warf nicht, sondern der Este Mait Patrail. Durch die Beine des in der zweiten Hälfte bärenstarken Mattias Andersson fand der Ball den Weg ins Tor - die dritte Auswärtsniederlage der SG in der laufenden Saison war besiegelt.

Faktoren dafür gab es viele. "Viele Sachen haben heute nicht geklappt", meinte Vranjes, verwies dabei auf Fehler in der Defensive, technische Fehler im Angriff und eine suboptimale Wurfausbeute frei vor dem gegnerischen Torwart. Und der Schwede wusste auch den Grund dafür: "Die Kraft war nicht da, das hat für Extra-Fehler gesorgt."

Die hohe Belastung der SG-Akteure mit Champions League, Bundesliga, DHB-Pokal und Länderspielen zeigt erste Auswirkungen. Hinzu kommen Verletzungen, die von Mitspielern durch Mehreinsatz aufgefangen werden müssen. Lars Kaufmann, Lasse Svan Hansen, Michael Knudsen und Neuzugang Florian von Gruchalla standen in Hannover zwar allesamt auf der Platte, waren jedoch weit von ihrer Normalform entfernt. "Gegenstöße laufen ging gar nicht", bekannte Svan Hansen, dem dennoch fünf Tore gelangen. Lars Kaufmann waren bei seinem Kurzeinsatz deutlich die Knieprobleme anzumerken. "Er wird wohl unters Messer müssen", meinte Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Die Entscheidung darüber soll heute fallen. Und Michael Knudsen hat nach überstandener Grippe jetzt einen geschwollenen Fuß, der ihn stark behinderte.

Umso stärker waren an der Leine die anderen gefordert. Doch Arnor Atlason und Thomas Mogensen waren drei Tage nach dem Landesderby "platt", wie Vranjes erkannte. Jacob Heinl und Steffen Weinhold sind weiter auf der Suche nach ihrer Form und Maik Machulla derzeit nicht in der Lage, der SG in kniffligen Situationen weiter zu helfen. Das wurde am Sonnabend deutlich. Vranjes wechselte viel, "weil ich bei der hohen Belastung jeden Spieler brauche und auch andere Verantwortung übernehmen müssen". Der Effekt war jedoch gleich Null. "Das Spiel der SG hat bei den Wechseln an Qualität verloren", hatte auch TSV-Coach Christopher Nordmeyer erkannt.

Hinzu kamen in der Schlussphase zwei schräge Pfiffe der Schiedsrichter Moles und Pittner aus Mannheim gegen die Flensburger. Doch an den Unparteiischen wollte keiner bei der SG die Niederlage festmachen. "Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, insgesamt hat es heute nicht gereicht", bekannte ein selbstkritischer Holger Glandorf. "Wir sind nicht konsequent in unseren Aktionen. Wir haben das Spiel im Griff, können es aber nicht zumachen. Wir müssen einfach cleverer werden", meinte Torhüter Mattias Andersson.

Total frustriert war Thomas Mogensen, der das Duell  der Spielmacher gegen den dänischen Landsmann Morten Olsen um Längen verloren hatte. Er hatte dem SG-Spiel keine Impulse geben können "Ich bin nicht mit mir zufrieden und nicht mit der Mannschaft. Ich habe die Hauptverantwortung, dass es vorne läuft. Aber im Augenblick klappt es nicht. Da müssen wir uns jetzt gemeinsam wieder rausziehen." Viel Zeit dazu bleibt nicht. Schon morgen (20.15 Uhr) gastiert der SC Magdeburg in der Campushalle. Eine weitere Niederlage der SG würde den endgültigen Absturz ins Mittelmaß bedeuten.