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Nach der Pause war die SG gnädig

(sh:z; Jan Wrege) Es fühlte sich an wie in den 1980er Jahren. Gedränge im engen Foyer, Wurst ohne Plastikkarte bezahlen, Zuschauer hautnah am Spielfeld, nach dem Match die ungezwungene Begegnung zwischen Handballern und Fans ohne VIP-Zonen, schließlich der Weg zurück zur matschigen Koppel, wo das Auto parkt. "Bodenständig und handgemacht", nannte   Geschäftsführer Dierk Schmäschke den nostalgischen  Abstecher, den die SG Flensburg-Handewitt für das Achtelfinale im Europapokal der Pokalsieger gegen den FTC Pler Budapest in die Handewitter Wikinghalle unternommen hatte.

Atmosphärisch und sportlich lief am Sonnabend fast alles rund. Die SG hat auf ihrer Mission Europapokal ein weiteres Etappenziel erreicht. Eine Woche nach dem 32:26-Erfolg im Hinspiel in Ungarn schlug die SG die Gäste vor 1100 Zuschauern mit 32:25 (17:6). Im Viertelfinale könnte es ein weiteres Event in der Ur-Hölle Nord geben, wenn das Los passt, also nicht gerade der VfL Gummersbach oder der RK Celje kommen.

Selbst der sonst so penible und kritische Ljubomir Vranjes gönnte sich eine Auszeit von unerbittlicher Professionalität und nahm es gelassen, dass der FTC Pler die zweite Halbzeit mit 19:15 gewann. "Das sind Menschen, keine Maschinen. Man muss als Trainer auch mal einen Schritt zurück gehen und die Spieler in Ruhe lassen", sagte Vranjes.

In den ersten 30 Minuten hatte der Bundesligist ein Feuerwerk abgebrannt. Basis war eine starke Abwehr mit einem herausragenden Torhüter Sören Rasmussen, der 16/1 Würfe hielt, was eine unglaubliche Quote von rund 73 Prozent bedeutete. FTC-Coach Gyula Zsiga war nah an der Verzweiflung: "Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen." Zu den Paraden des Dänen kamen neun technische Fehler der Gäste, so dass sich für die SG die Kontermöglichkeiten häuften. "Ich kann mit nicht erinnern, jemals so viele Gegenstöße gelaufen zu haben", sagte Lasse Svan Hansen, der mit elf Toren zum überragenden Werfer wurde. Nach dem 6:3 (13.) erlaubte der Favorit den Ungarn 14 Minuten keinen Treffer und setzte sich auf 16:3 ab.

Die Partie war entschieden und die SG "in einer klassischen Situation", wie Svan Hansen meinte, "elf Tore vor, da verliert man die Konzentration und steht nicht mehr so eng in der Abwehr." Dazu kam, dass Vranjes durchwechselte und experimentierte: Mit Morten Dibbert und Tamas Mocsai im Abwehr-Mittelblock und Holger Glandorf auf Rechtsaußen, wo man eigentlich Lars Bastian erwartet hätte. Der Linkshänder muss jedoch wegen einer Leistenverletzung sechs bis acht Wochen pausieren, eventuell sogar operiert werden.

Die Ungarn ergriffen die Chance, doch noch zu zeigen, dass sie gut ausgebildete Handballer sind. Sehr zum Leidwesen von Mattias Andersson, der für Rasmussen ins SG-Tor gekommen war und nun von Gergely Kis, Gabor Palos und Peter Lendvay die Bälle um die Ohren bekam. "Es war eine Sch...-Aufgabe für ihn", nahm Vranjes den Keeper in Schutz, und auch Svan Hansen entschuldigte sich dafür, "dass wir Mattias ein bisschen allein gelassen haben".

Nach den zwei locker genommen Hürden im letztmalig ausgespielten Pokalsieger-Wettbewerb warnte SG-Kapitän Tobias Karlsson  vor der Annahme, dass es nun bis zum Gewinn der Trophäe einfach so weiter geht: "Es war ein Schritt, aber wir müssen Demut bewahren. Man muss nur an Schaffhausen denken. Es ist keine einfache Reise, so einen Pokal zu holen."