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Trotz Sieg übt die SG Selbstkritik

(sh:z; Jan Wrege) Der 15. Sieg im 20. Spiel der Handball-Bundesligasaison, ein erfreuliches Comeback von Michael Knudsen, 5032 Zuschauer in guter Stimmung - die Heimspiel-Premiere der SG Flensburg-Handewitt im neuen Jahr kann nur als geglückt gelten. Es muss der große Ehrgeiz sein, der nach dem 32:28 (17:13) über Frischauf Göppingen kritische Stimmen auf den Plan rief. "Ein bisschen zäh", nannte Linkshänder Holger Glandorf das Spiel. Trainer Ljubomir Vranjes nörgelte über 28 Gegentore, mit denen er nicht zufrieden sein kann. Und Knudsen sagte: "Komisches Spiel. Ich weiß auch nicht, wie ich fünf Tore machen konnte."

Normalerweise gibt es an einem Erfolg mit vier Toren Differenz gegen Göppingen nichts zu meckern, aber man bewegt sich in einer Spielzeit, in der die Champions-League-Qualifikation gelingen soll und gern ein Sieg über den HSV Hamburg. Dafür würde es derzeit wohl noch nicht reichen, aber der Meister kommt ja erst am 10. März. "Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, sind wir schnell wieder da, wo wir sein wollen", glaubt Spielmacher Viktor Szilagyi.

Tatsächlich waren gegenüber der ärgerlichen Niederlage in Lemgo Fortschritte auszumachen. Insbesondere die Rückkehr von Knudsen war ein Gewinn. "Es ist ein anderes Spiel mit so einem Weltklassekreisläufer. Die Räume für die Rückraumspieler werden  viel größer, wir müssen nicht so in die Zweikämpfe gehen", sagte Szilagyi.  FA-Coach Velimir Petkovic sah sich angesichts der Gefährlichkeit von Knudsen  gezwungen, seine  3:2:1-Abwehr aufzugeben und sich defensiver zu formieren. Knudsen, der nur im Angriff  spielte, staunte, dass es nach nur einem Training nach dem vor fünfeinhalb Wochen erlittenen Muskelfaserriss so gut lief. "Springen und einige Bewegungen klappen noch nicht. Ich bin noch unsicher. Ich brauche Training und Spiele, damit ich weiß, was ich kann. Das Bein fühlt sich noch nicht super gut, aber fast okay an", resümierte der Däne.

Auch das Tempospiel, das beim Rückfall in die Handball-Steinzeit während der EM abgeschaltet war, funktionierte bei der SG wieder. Schnelle Mitte, erweiterter Gegenstoß und Solo-Konter brachten etliche Treffer. "Das war schon gut, das werden wir weiter entwickeln", sagte Vranjes, der auch erläuterte, warum er die in manchem Ohr übertrieben negativ klingenden Töne anschlägt. "Ich bin Perfektionist. Das ist ärgerlich für die Mannschaft. Aber ich sehe Kleinigkeiten, die ich unbedingt verbessern möchte." So etwa die Absprachen in der Abwehrmitte, wo es zwischen Tobias Karlsson und Lars Kaufmann bzw. später Petar Djordjic nicht zu 100 Prozent gepasst habe.

Immerhin bescheinigte er Djordjic, dass er für ihn eine Zukunft im Mittelblock sehe. Vorerst muss der 21-Jährige jedoch eine Zwangspause einlegen, nachdem er am Mittwoch vier Minuten vor Schluss unglücklich mit dem linken Knöchel umgeknickt war.  Morgen im Europapokal gegen den FTC Pler Budapest (19 Uhr, Wikinghalle) ist Djordjic nicht dabei.

Unübersehbar waren auch 17 Tage nach Ende der Titelkämpfe in Serbien die Belastungen des Turniers. Die Göppinger Momir Rnic und Pavel Horak mussten ab Mitte der Partie mächtig pumpen, auch bei den EM-Teilnehmer der SG erlahmte nach der Pause der Elan der ersten Hälfte. "Es dauert noch etwas, bis wir physisch wieder auf dem alten Stand sind", meinte Holger Glandorf, der in diesem Zusammenhang die Hetze für die Nationalspieler kritisierte. "Termine, Termine - das Allstar-Spiel nach der EM anzusetzen, ist totaler Schwachsinn."

Szilagyi, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft, bekundete auf Anfrage den Wunsch, bei der SG zu bleiben. "Grundsätzlich ist der Wille von beiden Seiten da, weiter zusammenzuarbeiten. Für beide Seiten gibt es aber auch gewisse Zwänge", sagte der Österreicher. Er erwarte in ein bis zwei Wochen ein Angebot, in dem sich der Wille der SG ausdrückt. Er habe viel Spaß in Flensburg und könne sich zu 100 Prozent mit den Zielen der SG identifizieren. Auch über eine Trainer-Karriere, die als "Co" in Flensburg beginnen könnte, denkt Szilagyi nach: "Meine Zukunft sehe ich mehr in der Halle als in einem Büro. Noch fühle ich mich aber körperlich und mental so fit, dass ich spielen will."