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TBV Lemgo

In den letzten Wochen feierte man beim TBV Lemgo viel. 1911, also vor exakt 100 Jahren, wurde dieser Klub gegründet. Sportlicher Höhepunkt war ein Jubiläumsturnier mit hochkarätigen Teams wie THW Kiel, MKB Veszprém und Montpellier HB. Erst am letzten Wochenende stieg in der Lipperlandhalle die blau-weiße Nacht. Der Bundesliga-Auftakt gegen den Bergischen HC wurde um einige Tage nach hinten verschoben. Auch eine Wanderausstellung besuchte verschiedene Stationen in Westfalen. Die Fans schwärmten noch einmal von den beiden deutschen Meisterschaften (1997, 2003), von diversen Pokaltriumphen, aber auch von fast vergessenen Begebenheiten. Wer weiß schon, dass Handball-Legende Herbert Lübking beim TBV Lemgo Anfang der 80er Jahre die letzten Bundesliga-Spiele, wenn auch nur zweitklassig, bestritt. Oder dass die Lipperländer 1985 eine zweijährige Auswärtsmisere mit einem Sieg bei der SG Weiche-Handewitt beendeten.
Solche nostalgischen Schwärmereien tun gut. Besonders nach einer solchen Saison wie die letzte. Der erfolgsverwöhnte TBV Lemgo war zeitweise der Abstiegsregion näher als der Spitzengruppe, rutschte auf Rang neun ab. Nach 16 Jahren findet erstmals ohne ihn das internationale Geschäft statt. Und es scheint nicht einfacher zu werden. Der potente Mehrheitsgesellschafter Heristo AG hat seinen sofortigen Rückzug verkündet. Der Etat musste erneute reduziert werden, Geschäftsführer Fynn Holpert ist auf Sponsorensuche, und der schon in den letzten Jahren eingeleitete Spieler-Aderlass setzte sich fort. Holger Glandorf etwa – das wissen alle im Norden – zog es zur SG.
Die sportliche Philosophie wurde neu ausgerichtet. Als einer von nur fünf Bundesligisten, der seine Reserve in der 3. Liga geparkt hat, rückt die Jugend verstärkt in den Fokus. Auf der Bank erfolgte ein Wechsel. Dirk Beuchler löste Volker Mudrow ab. „In Lemgo sehe ich eine sehr gute Chance, mich mit einer relativ jungen Truppe bei einem Traditionsverein zu beweisen", sagt der Neue.
Die Neuzugänge sind allesamt relativ jung, haben aber schon erste Meriten sammeln können. Allen voran der Este Mait Patrail. Der 23-jährige hatte schon das Interesse des THW Kiel erregt und schaffte es mit den Kadetten Schaffhausen – auch das wissen SG-Fans – bis ins Finale des EHF-Cups. Auf der Königsposition duelliert er sich mit dem Ex-Friesenheimer Gunnar Friedrich. Torwart Nils Dresrüsse feierte jungst die Junioren-Weltmeisterschaft, zusammen mit dem neuen Bundestrainer Michael Heuberger. Und der schwedische Linkshänder Patrik Johansson, der als Ersatz für den an der Schulter operierten Rolf Hermann verpflichtet wurde, hat schon in die Champions League geschnuppert.
In der Vorbereitung ließen die Westdeutschen bereits aufhorchen. Beim Erima-Cup in Bremen zwangen sie den deutschen Meister HSV Hamburg mit 38:32 in die Knie. „Das ist gut für die Atmosphäre, die Mannschaft hat gezeigt, was in ihr steckt", lächelte Manager Volker Zerbe. Dabei hatte der TBV ohne etatmäßigen Linkshänder im Rückraum agiert. Florian Kehrmann sprang in die Bresche, markierte stolze neun Treffer. Der Routinier war es dann auch, der auf die Euphoriebremse drückte. „Wir haben gut gekämpft", sagte er. „Aber wir dürfen diesen Sieg nicht überbewerten. Es ist Vorbereitung."

Daten TBV Lemgo