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Bundesliga: 28:30 – Daumendrücken nicht belohnt

Sieg, Niederlage oder Remis – bis in die Schlussphase war der Ausgang des 59. Nordderbys völlig offen. Dann entschied sich das Pendel leider zugunsten des THW Kiel. Die SG Flensburg-Handewitt verlor mit 28:30 (14:15) und musste dem Nordrivalen nun auch nach Minuspunkten passieren lassen. „Wir waren so dicht dran, zumindest einen Punkt mit nach Hause zu nehmen“, ärgerte sich SG-Sportdirektor Anders Dahl-Nielsen. „Den einen Zähler hätten wir verdient gehabt.“
Das Derby bot fast alle Fassetten des Handballs. Kampf, Rasanz, aber auch Hektik und Fehlzündungen prägten die 60 packenden Minuten. Es war mit Sicherheit nicht immer hochklassig. SG-Trainer Kent-Harry Andersson registrierte nicht weniger als 16 technische Fehler. „So viel darf man sich in einem Spitzenspiel nicht erlauben“, meinte er. Dennoch blieb der Handball-Knüller stets eine offene Angelegenheit. Auch die Kieler waren nicht fehlerfrei, vergaben schon in der ersten Viertelstunde zwei Siebenmeter.
Die SG war es, die sich als erster Kontrahent einen kleinen Vorsprung erarbeitete. In Unterzahl – Marcin Lijewski hatte gerade seine erste Zeitstrafe kassiert – parierte der starke SG-Keeper Dan Beutler gegen Christian Zeitz und Vid Kavticnik. Vorne traf Thomas Mogensen zum 9:7. Vor allem in der Deckung lief es gut, der Kieler Rückraum mit Akteuren wie Nikola Karabatic, Filip Jicha oder Kim Andersson hatte immer wieder seine Probleme. Ein SG-Trumpf: Michael Knudsen stand auf der Platte. „Das war wieder der alte Knudsen!“, freute sich Kent-Harry Andersson.
Die SG hatte sogar beste Chancen, mit einer netten Führung zum Pausentee zu schreiten. Die SG lag 90 Sekunden vor der Halbzeit-Sirene mit 14:13 vorne und hatte Ballbesitz. Lars Christiansen scheiterte jedoch an Thierry Omeyer. Im Gegenzug markierte Henrik Lundström den Ausgleich, ehe sich die SG einen weiteren Ballverlust leistete. Marcin Lijewski unterlief ein ebenso überflüssiges Foul und schied mit seiner dritten Zeitstrafe aus. Die Konfusion bei den Gästen nutzte Vid Kavticnik mit dem Pausenstand.
Zeit, um sich über den ärgerlichen Schlussakkord des ersten Durchgangs zu ärgern, gab es nicht. „Wir mussten uns darauf fokussieren, wie wir Marcin Lijewski ersetzen“, berichtete Anders Dahl-Nielsen. „Sein Ausfall war für uns ein Nachteil.“ Rechtshänder Kasper Nielsen, der sich mit Rechtsaußen Alexander Petersson die Position im rechten Rückraum teilte, eröffnete den zweiten Abschnitt in „frecher“ Manier. Sein Aufsetzer landete nach 18 Sekunden zum 15:15 im Netz. Alexander Petersson und Lars Christiansen warfen die SG mit pfeilschnellen Gegenstößen mit 17:16 in Front.
Dann folgte jedoch die uneffektivste Phase der SG, die sie fast schon vorzeitig um alle Chancen beraubte. Ungeschick und Pech paarten sich auf fatale Weise. Acht Minuten ohne Tor ließen auf den Videowürfeln ein bedrohliches 17:23 (41.) aufleuchten. Die Kieler Sparkassen-Arena feierte bereits den Derby-Sieg, die wenigen SG-Fans drückten weiter die Daumen.
Das Vertrauen in ihre Mannschaft wurde belohnt. Die SG zeigte Moral, kämpfte sich wieder heran. Im Rücken stets Dan Beutler, der als Fels in der Brandung fungierte. Selbst einen freien Wurf von Nikola Karabatic, dem „Handballer des Jahres 2007“, vereitelte er. Alexander Petersson verkürzte auf 23:25, Lars Christiansen traf von Linksaußen ins kurze Eck zum 25:26, um wenig später per eiskalt verwandelten Siebenmeter zum 27:27 auszugleichen. Filigran-Arbeit – gut zwei Minuten vor dem Ende war die SG wieder im Spiel.
THW-Ass Markus Ahlm traf vom Kreis, Filip Jicha fing einen Querpass von Alexander Petersson ab und marschierte zum 29:27. 58:15 Minuten waren gespielt, als die SG-Bank einen erneuten Rückschlag registrierte und eine Auszeit einberief. Danach lief alles wie besprochen. Thomas Mogensen fasste sich ein Herz und erzielte den Anschluss. Die SG-Verteidigung nahm nun die Shooter Kim Andersson und Nikola Karabatic an die Kette. 32 Sekunden vor Ultimo parierte Dan Beutler gegen Vid Kavticnik und verließ das Feld. Ljubomir Vranjes kam als siebter Feldspieler. Noch war genug Zeit für einen finalen Pass zum Remis.
Der Ball erreichte Torge Johannsen, der von Rechtsaußen in den THW-Kreis sprang. Das Tor vor Augen rutschte ihm der Ball aus der Hand. Nikola Karabatic warf das runde Leder zum Endstand ins verwaiste Gehäuse und eröffnete die Jubeltänze der Kieler. „Ich bin nur froh, dass wir heute gewonnen haben“, meinte ein erleichterter THW-Coach Noka Serdarusic. „Die SG hat eine sehr gute Mannschaft, war schließlich der eigentliche Tabellenführer.“ Von einer Entscheidung in der Meisterfrage wollte niemand sprechen.

Das 59. Nordderby bot allerlei. Fotos: Living Sports.

 


THW Kiel – SG Flensburg-Handewitt  30:28 (15:14)
THW Kiel: Omeyer (16/1 Paraden) – K. Andersson (3), Lundström (3), Kavticnik (4), Karabatic (11/2), Klein, Lund, Jicha (1), Lövgren (2), Ahlm (6), Zeitz
SG Flensburg-Handewitt: Beutler (16/2 Paraden) – Lackovic (5), Nielsen (3), Mogensen (4), Jensen, Christiansen (5/3), Vranjes, Johannsen, Lijewski (2), Petersson (5), Knudsen (4)
Schiedsrichter: Lemme/ Ullrich (Magdeburg); Zeitstrafen: 6:12 Minuten (Andersson 2, Karabatic 2, Jicha 2 – Lijewski 6, Knudsen 2, Nielsen 2, Vranjes 2); Rote Karte: Lijewski (30., dritte Hinausstellung); Siebenmeter: 4/2:4/3 (Kavticnik und Lundström scheitern an Beutler – Omeyer hält gegen Christiansen); Zuschauer: 10250 (ausverkauft)
Spielverlauf: 1:0 (1.), 1:2 (3.), 3:3 (4.), 3:5 (6.), 6:5 (12.), 7:6 (13.), 7:9 (19.), 10:9 (22.), 11:10 (23.), 12:11 (26.), 12:13 (27.), 13:14 (28.) – 15:16 (31.), 16:17 (33.), 23:17 (41.), 24:18 (43.), 24:21 (47.), 25:23 (50.), 26:25 (55.), 27:27 (58.), 29:27 (59.), 29:28 (59.)


Weitere Infos
22.2.2008 – SG stellt sich in Kiel selbst ein Bein (sh:z; Jan Wrege)
21.2.2008 – THW gewinnt Herzschlag-Finale (sh:z; Joachim Hobke/Holger Petersen)
21.2.2008 – Tiefschlag nach roter Karte für Lijewski (Flensborg Avis; Marc Peetz)
20.2.2008 – Kiel ringt Flensburg im Nordderby nieder (NDR)
19.2.2008 – Das ewig junge Derby (Homepage)