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Endspiel, was für eine Moral!

30.04.2016 -REWE Final Four: 31:30 – SG triumphiert in der Verlängerung

Tolle Leistung: Die SG Flensburg-Handewitt steht zum zwölften Mal in einem Endspiel um den DHB-Pokal. Im ersten Halbfinale des REWE Final Four schlug sie die Rhein-Neckar Löwen mit 31:30 (26:26, 14:12) nach Verlängerung. „Es gibt normale Siege, und es gibt ganz besondere“, bilanzierte ein vor Begeisterung fast sprachloser SG Trainer Ljubomir Vranjes. „Der heutige Erfolg war einer der größten, den ich als Handballer erlebt habe. Wie sich die Mannschaft nach der Kielce-Partie zurückgemeldet hat, ist einfach nur stark.“ SG Geschäftsführer Dierk Schmäschke war ebenso stolz: „Ich habe einen wahnsinnigen Respekt vor meiner Mannschaft, sie hat bewiesen, dass sie einen richtigen Arsch in der Hose hat.“ Im Finale trifft die SG am morgigen Sonntag um 15 Uhr auf den SC Magdeburg, der den Bergischen HC mit 36:33 bezwang. Ein Tipp für alle Daheimgebliebenen: Ab 14.30 Uhr gibt es ein Public Viewing im Deutschen Haus.

Atmosphärisch ist das REWE Final Four in Hamburg immer ein absolutes Highlight. Als die Arena verdunkelt war, ergriffen die Fans die Initiative: Ein großes Trikot wurde über den Tribünengang gezogen, die SG Anhänger schwenkten blaue und rote Fahnen. Als das Licht wieder anging, offenbarte sich die Startaufstellung. Kentin Mahé operierte als Spitze einer auf Andy Schmid ausgerichteten 5:1-Deckung und besetzte den linken Flügel. Jim Gottfridsson begann neben Rasmus Lauge im Rückraum. Kresimir Kozina hatte seine Aufgaben am Kreis und im Mittelblock neben Tobias Karlsson, der eine Kapitänsbinde in den Regenbogenfarben trug. Und im rechten Rückraum begann Johan Jakobsson, der Final-Four-Torschützenkönig 2015. Der Schwede markierte auch das erste Tor, nachdem Mattias Andersson im SG Gehäuse mit einer ersten Parade geglänzt hatte.

Rasmus Lauge traf zum 1:2, dann waren aber vorerst die Löwen am Drücker. 6:3 nach zehn Minuten ließ einige Fans bereits um ihre Lieblinge bangen, doch sie kämpften sich nun so richtig in die Partie. Grundstein war die konsequente Abwehrarbeit. Auf der anderen Seite entdeckte Rasmus Lauge die Lücken, dann marschierte Johan Jakobsson zum 7:7 und provozierte das erste Team-Timeout der Badener. Auch Ljubomir Vranjes feilte etwas an seiner Formation und schickte Henrik Toft Hansen auf die Platte.

Tolle Begrüßung durch die Fans. Fotos: Ki

Die SG Trommler gaben den Takt vor, die Stimmung in der Hölle-Nord-Delegation war glänzend, da ihre SG im Kampf auf Augenhöhe zunehmend die besseren Akzente setzte. Zwar hatte Uwe Gensheimer mit einem Distanzwurf vom eigenen Kreis Erfolg, als Thomas Mogensen mit dem roten Leibchen spielte und Mikael Appelgen eine Parade blitzschnell in einen Pass verwandelte. Doch nach dem 12:11 kippte die Partie zugunsten der SG. Rasmus Lauge versprühte viel Energie, Lasse Svan konterte zum 12:13, und dann packte Thomas Mogensen sogar noch einen drauf. Schiere Begeisterung bei den SG Fans! „Ich weiß nicht, wie ich meine Mannschaft loben kann“, sollte Ljubomir Vranjes später den Journalisten in die Protokollbücher diktieren. „Sie hat riesigen Charakter gezeigt, alles gegeben – und das nicht gegen irgendwen, sondern den wahrscheinlich kommenden deutschen Meister.“

Die SG hielt im zweiten Durchgang an ihrer taktischen Ausrichtung fest. Thomas Mogensen begann nun in der Schaltzentrale und lochte den Ball zum 13:16 ein Auf das Hochgefühl folgte die Ernüchterung: Die Partie kippte. Bereits nach dem 15:16 drohte der Ausgleich, doch Kentin Mahé ging geistesgegenwärtig in einen Löwen-Pass und kreuzte entschlossen vor dem gegnerischen Gehäuse auf. Beim 17:17 hatten Ljubos Jungs Pech, da der Ball beim Gegenstoß klar das Spielfeld verlassen hatte, was die Schiedsrichter allerdings übersehen hatten. Die SG gab kurzfristig das Zepter aus der Hand. Nach dem 19:17 war der Titelverteidiger aber wieder voll im Film. Thomas Mogensen traf im Nachwurf, dann setzte sich Henrik Toft Hansen am Kreis durch – und es hieß 20:20. Die SG befand sich wieder im Vorwärtsgang. Holger Glandorf, inzwischen in der Partie, hämmerte den Ball zum 22:23 in die Maschen. Jubel, dem bald das große Zittern folgte. 70 Sekunden vor Schluss brachte Alexander Petersson die Löwen mit 26:24 in Front. Das „Aus“ war nah. „Am Ende gaben Kleinigkeiten den Ausschlag, wir konnten die Tür leider nicht verschließen“, sagte Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen. „Wir sind auf einen Gegner getroffen, der eine sehr große Moral besitzt.“

Thomas Mogensen: Ab durch die Mitte!

Holger Glandorf verkürzte postwendend, die Löwen ließen sich Zeit und wurden 20 Sekunden vor der Sirene zurückgepfiffen. Passives Spiel! Mads Mensah Larsen gab den Ball nicht frei und bekam eine Zeitstrafe aufgebrummt. Im Gegenzug kam Thomas Mogensen – wie in Kielce – am Kreis an den Ball, wurde von Hendrik Pekeler gefoult. Diesmal zum Glück Siebenmeter – und sogar rot für den Löwen-Verteidiger. Anders Eggert behielt die Nerven und versetzte mit einem Heber Mikael Appelgren. 26:26 – Verlängerung! „Diese Partie ist im positiven Sinne furchtbar“, atmete Dierk Schmäschke kurz durch. „Beide Teams spielen und kämpfen auf sehr hohem Niveau.“

Der Heber von Anders Eggert.

Aus einer 6:4-Überzahl konnte die SG kein Kapital ziehen. Ein Hammer von Kim Ekdahl du Rietz prallte von der Latte hinter die Linie. Im Gegenzug hatte die SG Pech, dass nach einem Kempa-Trick der Schiedsrichter-Pfiff ausblieb. Eine Einzelaktion von Thomas Mogensen brachte den einzigen SG Treffer in der ersten Hälfte der Zusatz-Spielzeit. Eine kurze Besprechung wirkte Wunder: Die SG fand nun gute Lösungen gegen eine in der Verlängerung sehr offensiv eingestellte Abwehr. Holger Glandorf flutschte zum Ausgleich durch, Rasmus Lauge lochte nach einem Wackel-Zufall-Alleingang zur 28:29-Führung. Der Gegner glich zwar noch einmal aus, doch dann der nächste Doppelschlag: Anders Eggert zunächst cool per Siebenmeter, dann verloren die Löwen, die Andy Schmid als fliegenden Keeper dabei hatten, den Ball an Tobias Karlsson, der blitzschnell auf Kentin Mahé passte. Der Franzose traf aus großer Entfernung das verwaiste Löwen-Gehäuse. 29:31! Ekstase im SG Block, große Begeisterung auf der Bank! Die Hektik war aber noch nicht aus der Partie gewichen: Ein Tumult endete mit roten Karten plus Bericht (!) für Rafael Baena und Rasmus Lauge. Laut DHB-Spielordnung ist der Däne damit für das Finale automatisch gesperrt.

Holger Glandorf: Wichtige Tore in der Schlussphase

Bei 59:35 verkürzte der Bundesliga-Spitzenreiter nochmals und ging zur offenen Manndeckung über. Thomas Mogensen kam frei zum Wurf, scheiterte an Mikael Appelgren. Für einen Gegenstoß der Löwen blieb allerdings keine Zeit mehr. Die SG hatte es geschafft, eine spontane Party feierten Spieler und Anhang. „Wir haben noch in Kiel und auch in Hamburg viel über die letzten Tage gesprochen“, war Ljubomir Vranjes glücklich. „Einfach toll, wie meine Mannschaft zurückgekommen ist.“ Frust herrschte indes bei den Rhein-Neckar Löwen. „Im letzten ja war es schon schlimm, jetzt ist das Gefühl noch schlimmer“, verriet Nikolaj Jacobsen.

Lasse Svan: Festtags-Stimmung!

Rhein-Neckar Löwen – SG Flensburg-Handewitt    30:31 (26:26, 12:14)
Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (17/1 Paraden), Ristovski (bei einem 7m) – Schmid (2), Gensheimer (11/8), Baena (1), Groetzki (3), Guardiola, Ekdahl du Rietz (4), Kneer, Mensah Larsen (3), Petersson (4), Pekeler (2)
SG Flensburg-Handewitt: Andersson (18 Paraden), Møller (bei zwei 7m) – Karlsson, Eggert (4/3), Glandorf (5), Mogensen (5), Svan (2), Wanne (n.e.), Jakobsson (4), Toft Hansen (1), Gottfridsson, Lauge (5), Mahé (4), Kozina (1)
Schiedsrichter: Geipel/Helbig (Steuden/Raguhn); Zeitstrafen: 12:12 Minuten (Pekeler 4, Kneer 2, Baena 2, Larsen 2, Petersson 2 – Lauge 4, Svan 2, Toft Hansen 2, Gottfridsson 2, Kozina 2); Rote Karten: Pekeler (60., Foulspiel), Baena (70., mit Bericht), Lauge (70., mit Bericht); Siebenmeter: 8/8:4/3 (Eggert scheitert an Appelgren, trifft aber im Nachwurf); Zuschauer: 13.200 (ausverkauft)
Spielverlauf: 0:1 (3.), 1:2 (5.), 3:3 (8.), 6:3 (10.), 6:5 (13.), 7:7 (15.), 8:9 (20.), 10:9 (22.), 11:10 (26.), 12:11 (28.) – 13:14 (32.), 13:16 (35.), 15:16 (39.), 15:17 (40.), 19:17 (46.), 20:18 (47.), 20:20 (49.), 21:21 (50.), 22:23 (52.), 24:23 (55.), 24:24 (56.), 26:24 (59.), 26:26 (60.) – 28:26 (63.), 28:27 (65.) – 28:29 (67.), 29:29 (68.), 29:31 (70.)     

 

Von: ki

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