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Energie-Reserven sind mobilisiert

Die SG Flensburg-Handewitt arbeitet weiter mit Hochdruck an einer erfolgreichen Rückkehr in die Champions League. Nur eine Woche nach dem rauschenden Kantersieg gegen die Rhein-Neckar-Löwen entzauberte die SG mit dem VfL Gummersbach einen weiteren Verfolger recht gnadenlos. Am Ende einer teilweise sehr hitzigen Begegnung feierte das Team von Trainer Per Carlén in der brodelnden Hölle-Nord einen deutlichen 34:25 (17:13)-Erfolg und steht drei Spieltage vor dem Saisonende schon mit einem Bein in der Champions League.
Minuten vor dem Schlusspfiff feierten die 6300 SG-Anhänger ihre Helden, die aus den verbleibenden Spielen in Minden (Freitag), gegen den TBV Lemgo (2. Juni) und in Hannover (5. Juni) maximal noch zwei Siege brauchen.
„Das lassen wir uns jetzt nicht mehr nehmen", stellte Linkshänder Oscar Carlén unmissverständlich klar, dass die SG nach dem verschenkten Einzug ins EHF-Cupfinale nicht gewillt ist, sich auch noch das Ticket für die Königsklasse aus der Hand zu reißen. Der bärenstarke Youngster war im Duell gegen den Altmeister aus Gummersbach einer der herausragenden Akteure in einem Team gewesen, dass schlichtweg über die größeren Kraftreserven und unbändigen Siegeswillen verfügte. „Es war hammerhart und wir sind alle sehr müde. Ich teile aus, aber bekomme auch reichlich. Das ist der Handball, den ich liebe", grinste der junge Schwede nach dem Schlusspfiff, der für die Gäste eher eine Erlösung war.
Denn ihr großes Vorhaben, couragiert die Campushalle erobern zu wollen, war schon zur Pause zum Scheitern verurteilt. „Ich habe die erste Halbzeit der SG gegen die Löwen gesehen. Das war schon unglaublich, was die SG gespielt hat. Ihr Timing, die starke Abwehr und das Tempospiel, dann diese Emotionen gemeinsam mit der Leidenschaft der Zuschauer - so etwas habe ich selten gesehen", schüttete VfL-Coach Sead Hasanefendic reichlich Lob über einen Gegner aus, der „verdient auch in der Höhe heute gewonnen hat" und „zurecht die Nummer drei in der Liga ist".
Per Carlén mochten die Worte seines renomierten Trainer-Kollegens wie wohlklingende Musik in den Ohren geklungen zu haben. Selbst, als seine Mannschaft nach einem 6:1-Feuerwehr-Start die dominante Linie verlor und den moralisch gefestigten Gegner auf 11:10 herankommen lassen musste, strahlte der SG-Coach Ruhe und Zuversicht aus. „Es war eine Machtdemonstration in diesem sehr wichtigen Spiel. Aber wir haben sehr viel trainiert und davon profitieren wir jetzt. Es ist das Resultat harter Arbeit. Ich bin zu einhundert Prozent zufrieden."
Und wieder war es einfache Kettenreaktion, die der SG zum Erfolg verhalf. Paraden von Torhüter Dan Beutler hinter einer vielarmigen 6:0-Abwehr, in der jede einzelne Bewegung in ein schier unüberwindbares Ganzes verschmolz, brachte den Ballbesitz, Carlén oder Thomas Mogensen erwiesen sich dann blitzschnell als Passgeber für die Abteilung Attacke, in der die pfeilschnellen Lasse Svan Hansen, Alexander Petersson oder Lars Christiansen für erfolgreiche Umsetzung sorgten.
So geschehen wieder ab der 22. Spielminute - das 17:13 zur Pause war dabei nur eine Zwischenstationen auf dem von reichlich Applaus begleiteten Kantersieg, der über 23:17 (40.) und 31:24 (54.) bis zum 34:25 deutliche Ausmaße angenommen hatte.
Die Antwort darauf, was das SG-Phänomen ausmacht, erklärt Sportchef Ljubomir Vranjes mit den Worten: „Wir haben eine ganz andere Einstellung in dieser Mannschaft bekommen. Wie sie für einander kämpfen, sich zerreißen und dann von diesen tollen Fans unterstützt werden, ist sensationell. Es gibt nicht viele Plätze ausf dieser Welt, in der man so etwas erleben kann.
Ein leibhaftiges Beispiel für den „Geist der SG" lieferte Jacob Heinl. Nahezu unbemerkt von den Zuschauern musste der Youngster in der zweiten Halbzeit schnell auf die Toilette verschwinden, die ihn seit Tagen peinigende Magen- und Darmgrippe forderte ihr Tribut. Nach seiner Rückkehr auf die Ersatzbank signalisierte Physiotherapeutin Carolin Weidner Coach Carlén, dass ein Einsatz von Heinl unter den Umständen nicht mehr möglich sei. „Ich habe Jacob in die Augen geschaut und ihn dann gefragt, was er will. Er hat nur geantwortet ´ich will spielen' und dann geht er auf die Platte und macht zwei Tore", berichtete der SG-Coach stolz.
Oder um mit den Worten von Linkshand Alexander Petersson zu sprechen: „Wir stehen zusammen, laufen 60 Minuten und haben ein großes Herz. Und dann in dieser Halle mit diesen Fans - ja, dann ist man auf einem sehr guten Weg."