Stripes
Stripes
Archiv

Zwischen Wut und Enttäuschung

Die Champions League 2007/08 steht für die SG Flensburg-Handewitt unter einem unglücklichen Stern. Nach der 25:29 (15:12)-Niederlage beim RK Zagreb ist der K.o. für den Vorjahres- finalisten nur noch theoretisch abwendbar.
Der Rückzug aus dem Dom Sportova wirkte symbolisch. Sporadisch tröpfelten die Spieler der SG Flensburg-Handewitt aus dem Hintereingang, mal allein, mal zu zweit, um im Dunklen die 200 Meter hinüber in den Hotelturm Four Points zu trotten. Eine Stunde zuvor war die Mannschaft auf dem Spielfeld auseinander gebrochen. Geschlagen im Hexenkessel mit 25:29 (15:12). In die Einzelteile zerlegt von einem RK Zagreb, der sich in einen Rausch spielte, dabei unterstützt von Schiedsrichtern, die besonders in der Schlussphase keine Gelegenheit ausließen, die Moral der Flensburger mit rätselhaften Pfiffen zu brechen. 2:10 Tore waren die deprimierende Ausbeute der letzten Viertelstunde - da ging ein zuvor grandioses Spiel der SG kaputt. Der Bundesliga-Zweite muss jetzt die drei restlichen Spiele gewinnen und dazu auf passende Ergebnisse der Mitbewerber hoffen - sonst ist es für diese Saison vorbei mit der Champions League.
Die Reaktionen der Flensburger bewegten sich zwischen Wut und Enttäuschung. "Das war nicht in Ordnung. Alles redet über Fair Play, aber das gibt es nicht", wetterte SG-Kapitän Ljubomir Vranjes über die tschechischen Spielleiter Vaclav Kohout und Petr Novak. "Wir haben am Ende die Ruhe verloren, aber man muss auch sehen, woher das kam. Das hing nicht nur von uns ab." Auch Sportdirektor Anders Dahl-Nielsen war "sehr enttäuscht von den Schiedsrichtern. Wir konnten uns nie auf eine Linie verlassen." 10:4 Strafminuten und 4:0 Siebenmeter gegen die SG geben schon Hinweise auf ein Ungleichgewicht. Doch viel schwerer wogen die unscheinbaren Entscheidungen in den letzten zehn Minuten: Freiwurf statt Tor, Ballverlust wegen vermeintlich passivem Spiel, Abwurf für Zagreb statt eines Eckballs.
Gleichwohl hätte es trotz all dieser Widrigkeiten reichen können für die Flensburger. Trainer Kent-Harry Andersson hatte sein Team brillant auf den in diesem Jahr mächtig aufgerüsteten kroatischen Meister eingestellt. 45 Minuten lang sah er sein Konzept "zu 100 Prozent" aufgehen. "Wir haben im Angriff gegen Zagrebs 3:2:1 optimal gespielt, die Abwehr war auch okay", meinte der Schwede.
Die SG übernahm nach einem unerwartet freundlichen Empfang mit Blumen und Küsschen für das gefeierte Idol Blazenko Lackovic und die dänischen Europameister sofort die Kontrolle in der Partie. Schon nach acht Minuten eine 6:3-Führung und ein sehr ruhiger Dom Sportova, später sogar 10:5 (18.) - das sah sehr gut aus. Am Spielfeldrand wurde Lino Cervar, Kroatiens Trainerlegende, immer hektischer. Sein äußerst inspirierter Schützling im Nationalteam, Lackovic, schenkte den Ex-Kameraden kräftig ein, auch Marcin Lijewski war kaum zu bremsen. "Flensburg hat sehr gut und sehr klug gespielt, bei uns hat die Aggressivität gefehlt. Meine jungen Leute Duvnjak, Bicancic und Valic waren sehr nervös", sagte Zagrebs Coach später.
Alles steuerte auf einen Sieg der Gäste zu, bevor nach dem 23:19 (45.) plötzlich gar nichts mehr ging. "Alles kommt zusammen. Wir verlieren die Ruhe, machen einige Fehler, Zagreb kommt zu leichten Toren und glaubt wieder ans Gewinnen", bilanzierte Lars Christiansen. In nur vier Minuten drehten die Kroaten das Spiel zum 23:23, vor allem dank der Routiniers Kiril Lazarow und Igor Vori. Auch die Ränge erwachten zum Leben. Zagreb setzte sich erstmals mit zwei Toren ab (26:24). Christiansen sorgte mit dem 25. SG-Tor für einen Hoffnungsschimmer, doch im infernalischen Lärm der letzten  Minuten ging die SG unter.