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Einfaches Spiel für Flensburg

Im Grunde zog nur in einer Szene eine gewisse Dramatik in die sogenannte „Hölle Nord“ ein. Das war in der 3. Minute, als der Ball nach einem Fehler im WHV-Aufbau gen Mittellinie trudelte, der Flensburger Isländer Alexander Petersson diesem im „Kamikaze-Stil“ hinterhechtete und das Utensil knapp vor dem herausgelaufenen WHV-Schlussman Jendrik Meyer erwischte. Ohne Rücksicht auf Verluste. „Dieses Tor entsprach keinem Regelwerk“, zürnte später WHV-Manager Dieter Koopmann.
Alexander Petersson war es egal. Er traf humorlos ins verwaiste Gehäuse. Und ähnlich einfach ging es für die Flensburger weiter. Schon nach einer Viertelstunde hieß es 11:4, obwohl Torwart Jendrik Meyer einige Würfe entschärft hatte. „Er hat meine Erwartungen übertroffen“, lobte Michael Biegler seinen Schlussmann. „Ein überragendes Spiel von ihm“.
Nach dem Wiederbeginn schien es knüppeldick für die Gäste zu kommen. Ljubomir Vranjes tanzte gleich Renato Rui aus. Es sah aus wie brasilianischer Samba, für den WHV-Brasilianer muss es aber ein Gefühl wie bei einem schlechten argentinischen Tango gewesen sein. Vorne verloren die Wilhelmshavener einen Ball nach dem anderen. Gerade auf den Halbpositionen klaffte ein Vakuum. Jacek Bedzikowski und Milan Vucicevic agierten ohne Fortune. Dennoch: Nach dem bedrohlichen 24:13 (35.) hielt der WHV das Resultat im Normalen – auch weil die Flensburger etwas die Zügel schleifen ließen.  

Die Trainer-Stimmen

Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Wegen unserer Niederlage im Mai in Wilhelmshaven waren wir gewarnt: Das ist ein sehr unangenehmer Gegner. Sie haben mit den gleichen Angriffszügen wie vor vier Monaten agiert, nur diesmal waren wir auf diese besser vorbereitet.“
Michael Biegler, Wilhelmshavener HV: „Wir sind hier nicht ergebnisorientiert angetreten. Das war das einzige von den vier Auftaktspielen, von dem wir vorher wussten, dass wir nicht punkten werden. Zum Teil habe ich sehr gute Sachen gesehen, zum Teil aber auch sehr schlechte.“

SG Flensburg-Handewitt: Nur ein paar Fliegen in der Suppe

Unzufrieden war niemand im Lager der SG Flensburg-Handewitt. Warum auch? Der Favorit demonstrierte gleich zu Beginn der 60 Minuten Stärke, und die heimische „Hölle Nord“ hatte eine prickelnde Atmosphäre geliefert. Bereits vor dem Anpfiff sorgten Leuchtstäbe, Wunderkerzen und SG-Fahnen für schöne Motive, während der Partie antworteten die Zuschauer auf die Vorstellung auf dem Spielfeld mit einer kräftigen Stimmung, und nach dem Schlusspfiff inszenierten Mannschaft und die Nordtribüne eine „Humba“, wie man sie sonst nur im Fußballstadion erlebt. „Ich hatte schon vor dem Anpfiff eine Gänsehaut“, bekannte SG-Sportdirektor und ehemalige Trainer Anders Dahl-Nielsen, der sein erstes Pflichtheimspiel in der Campushalle erlebte.
Dennoch fanden sich einige Fliegen in der „Flensburger Suppe“. „Es waren immer mal fünf Minuten dabei, die nicht ganz so gut waren“, meinte etwa Kapitän Ljubomir Vranjes. Co-Trainer Jan Paulsen erinnerte sich an einige Szenen kurz nach der Pause, als Marcin Lijewski voreilig abschloss: „Wir müssen mit noch mehr Geduld agieren.“ Chef Kent-Harry Andersson kritisierte vor allem die Abwehrarbeit in den letzten 20 Minuten, nahm es aber mit Humor: „Gut, dass wir noch ein paar Probleme haben. Sonst müssten wir ja gar nicht mehr trainieren.“

Marcin Lijewski war etwas ungeduldig.

In der Defensive sind Abstimmungsprobleme zu erkennen. Gerade Spielmacher Thomas Mogensen muss sich auf der Halbposition in der 6:0-Deckung noch steigern. „Ich plane mit ihm, da er ein guter Mann beim Tempogegenstoß ist“, sagte Kent-Harry Andersson. Thomas Mogensen muss ein neues System erlernen. „Bei GOG“, erzählte er, „war ich es gewöhnt, immer einen Schritt herauszukommen. In Flensburg soll ich mich defensiver verhalten.“ Kasper Nielsen, der in der Schlussphase im Mittelblock verteidigte, kennt noch einen weiteren Unterschied: „Die Spieler in Deutschland sind häufig größer und schwerer als in Dänemark.“
Sonst fielen die „Zeugnisse“ für die Neuzugänge aber durchweg gut aus. Thomas Mogensen glänzte im Angriff, Alexander Petersson wurde seinem guten Ruf gerecht, und Einar Holmgeirsson zeigte nach seiner langen Verletzungspause (Bandscheiben-Vorfall) aufstrebende Form. „Es fehlt bei ihm noch das Timing“, beobachte Kent-Harry Andersson. „Aber man ahnte heute schon, was er kann.“ Lust not least wehrte Dane Sijan nach dem Seitenwechsel einige Bälle ab, musste aber wegen eines Gesichtstreffers frühzeitig ausscheiden. Unter dem Strich blickte Geschäftsführer Fynn Holpert der nächsten Aufgabe optimistisch entgegen: „Wir fahren mit breiter Brust nach Gummersbach. Wir können da gewinnen.“