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Die SG steckt in einer Krise

Elfter Spieltag, Göppingen, Anfang November − keine gute Kombination für die SG Flensburg−Handewitt. Vor sechs Jahren beschehrte der Bundesliga−Spielplan den Norddeutschen schon einmal diese Kombination und genau wie damals, hieß der Sieger erneut Frisch Auf Göppingen. Mit 31:29 (15:12) gewann die Mannschaft von Trainer Velimir Petkovic und landete damit endlich den lang ersehnten Sieg, gegen einen der Großen der Liga. Für die Gäste war es dagegen die dritte Niederlage in Folge. "Wir müssen erkennen, dass wir unseren eigenen Ansprüchen einmal mehr nicht gerecht geworden sind", sagte SG−Manager Fynn Holpert nach Spielende.
Der 40−Jährige machte dabei im wahrsten Sinne des Wortes gute Miene zum bösen Spiel, als er rund eine Viertelstunde nach Abpfiff die Gästekabine der Hohenstaufenhalle in Göppingen verließ. Der Manager setzte sein charmantestes Lächeln auf und stellte sich, äußerlich gelassen, den Fragen der anwesenden Journalisten. Holpert konnte jedoch nicht verbergen, dass es in ihm brodelte wie im Vulkan Ätna kurz vor dem Ausbruch. Während Holpert bei seiner Spielanalyse in der öffentlichkeit nur qualmte, war er kurz zuvor hinter verschlossenene Türen explodiert.
"In der Kabine bin ich laut und deutlich geworden", so der SG−Manager, der schließlich auch im Kabinengang noch einige klare Worte fand und seiner Unzufriedenheit derart freien Lauf ließ, als würde sich ein Lavastrom am Berg hinunter schlängeln. "Wir müssen uns an die eigene Nase fassen, wir haben einmal mehr die erste Halbzeit verschlafen, da haben wir die nötige Einstellung vermissen lassen, in der Abwehr zu wenig Aggressivität gezeigt, wodurch Frisch Auf immer wieder zu einfachen Toren kam. Dass darf einer Spitzenmannschaft wie uns nicht passieren," so Holpert.
Den äußerungen des Managers waren 60 insgesamt schwache Minuten der SG vorausgegangen. 60 Minuten, in denen die Norddeutschen offenbarten, dass es derzeit viele Baustellen in ihrem Spiel gibt. Bis zum 4:4 (8.) war es ein offenes Spiel, doch dann gingen die Hausherren in Führung und gaben diese bis zum Ende nicht mehr her. FA führte teilweise mit fünf Toren (21:16, 39.). Erst in der Schlussphase wurde es nochmal spannend, als die Gäste auf ein Tor dran waren (29:28, 59.).
"Zu viele dumme Fehler", wie SG−Trainer Kent−Harry Andersson sie hinterher nannte und zu viele Spieler außer Form kosteten die SG am Ende den Sieg. Dan Beutler ist seit der Länderspiel−Pause in einem Leistungstief und war gemeinsam mit Dane Sijan, klarer Verliere im Torhüterduell gegen Göppingens bärenstarken Martin Galia.
Die SG−Abwehr, egal ob 5−1− oder 6−0−Variante, hatte trotz des Lichtblicks Frank von Behren einmal mehr zu viele Löcher. Zwar fand Marcin Lijewski zu der von Andersson geforderten Leistung zurück und hat laut seinem Coach endlich wieder gezeigt, "welche Klasse in ihm steckt", insgesamt blieben jedoch zuviele SG−Akteure hinter den eigenen Erwartungen zurück. Einzig Lars Christiansen erreicht in diesen Tagen immer wieder Bestform und war auch gegen Göppingen bester Akteur der Norddeutschen "Es ist schade, dass immer wieder zwei, drei Spieler ausfallen und zwar immer wieder zwei, drei andere", sagte Holpert. "Gegen Kiel und Hamburg haben wir gezeigt was in dieser Mannschaft steckt. Bis auf Ciudad Real haben wir noch gegen keinen Gegner verloren, der stärker war als wir. Wir haben uns stets selber geschlagen, ob gegen Lubin, Nordhorn oder heute", ärgerte sich Holpert. Der Manager ging dennoch so weit und sagte: "Diese Mannschaft kann Deutscher Meister werden". Er fügte jedoch hinzu: "Davon sind wir derzeit allerdings weit entfernt."

Fynn Holpert

Fynn Holpert weiter: "Ich will gar nicht über Göppingen reden, sondern über unsere eigene Leistung, mit der nicht nur der Manager, sondern auch die Mannschaft nicht zufrieden ist. Selbstkritik hin oder her, wer solche Ziele hat wie wir, der muss Göppingen schlagen." Besonders die Undiszipliniertheit im eigenen Team ärgerte den Manager. "Es darf nicht passieren das wir drei Zeitstrafen wegen Meckerns bekommen. Soetwas geht nicht. Uns fehlt die Stabilität und die kommt nur durch Disziplin."
Während Holpert alle dies sagte, tagte drinnen, in der SG−Kabine, weiterhin der Flensburger Krisenstab. "Ich weiß nicht wer redet, aber die Mannschaft redet und das ist gut so. Wir wollen am Saisonende nicht mit leeren Händen da stehen und uns vorwerfen, dass wir es nicht getan haben", so Holpert. "Ich habe versucht dem Team klar zu machen, dass wir von außen herzlich wenig tun können, es muss jetzt eine Reaktion von der Mannschaft kommen, das erwarte ich", so Holpert.
Während sich die Göppinger bereits frisch geduchst ins VIP−Zelt draußen vor der Halle aufmachten, um den Sieg im Kreise ihrer Fans zu geniessen, blieb die SG−Kabine weiterhin zu.
Das schöne für die SG−Spieler ist jedoch, dass sie kaum weitere Zeit zum Grübeln haben, denn bereits am Mittwoch haben sie die Chance auf Wiedergutmachung. Gegen die HSG Wetzlar gilt es in der Campushalle ab 20.15 Uhr (Live−Ticker ab 19.45 Uhr) die letzten Negativ−Erlebnis auszumerzen.
Apropos an die eigene Nase fassen − wenn sich die SG−Spieler bei ihrer Krisensitzung nur halb so viel an die selbige gefasst haben, wie ihr Manager, dann sollte gegen die HSG endlich wieder ein Sieg gelingen, schließlich ist Einsicht der erste Schritt zur Besserung.