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Flensburg genießt den „Barcelona-Dessert“

Es ging eigentlich um Handball. Aber irgendwie spielte auch das Essen eine große Rolle. Am Donnerstagmorgen ärgerten sich die Akteure des FC Barcelona über den Joghurt, den sie in ihrem Hotel am Ostseestrand vorgesetzt bekamen. Zur gleichen Zeit verglich Flensburgs Manager Thorsten Storm die Champions League mit einem „Dessert, den wir genießen wollen“. Er wusste noch nicht, wie Recht er haben sollte. Vor allem in der zweiten Hälfte fegte der Bundesligist wie ein „Orkan“ den „Mythos“ Barcelona aus der Halle. „Ich habe uns noch nicht aufgegeben“, sagte FC-Coach Xesco Espar nach dem Schlusspfiff. „Im Palau Blaugrana können wir mit zwölf Treffern gewinnen.“
Sehr überzeugend klangen seine Worte nicht. Zu bestechend war nämlich die Defensiv-Arbeit der Hausherren. „Das ist heute ein seltenes Erlebnis für einen Trainer“, schwärmte Kent-Harry Andersson. „Man sieht nur selten seine Taktik hundertprozentig aufgehen.“ Die 6:0-Defensive entzauberte die Stars aus Barcelona. Vor allem Iker Romero („Mit so vielen Fehlwürfen kann man einfach nicht gewinnen“) war eine Enttäuschung. Als er Mitte der zweiten Hälfte durch Jonas Larholm, der zuletzt nur wenig Spielpraxis gesammelt hatte, erlöst wurde, war das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Aber auch Laszlo Nagy wirkte verunsichert, Jerome Fernandez teilweise lustlos.

Großer Jubel bei der SG

Ganz anders das SG-Kollektiv, das mit unermüdlicher Arbeit ein „Fiesta der Individualisten“ unterband. Ein besonderes Kompliment verdiente sich Kasper Nielsen, der die zahlreichen Ballgewinne sogar vier Mal selbst in einen blitzschnellen Gegenstoß ummünzte. Spätestens jetzt haben die SG-Fans den „Konter-Kasper“ in ihre Herzen geschlossen. Von der starken Abwehr profitierte Torwart Dan Beutler, der aber auch mit einigen Glanzparaden die freidurchgebrochenen Barca-Schützen entnervte. „Zu diesem Torwart kann man Flensburg nur gratulieren“, sagte Xesco Espar.
Auf den Rängen feierten sich die Zuschauer wie schon bei der großen Wende gegen Celje in einen Rausch. Manch einer fragte sich, warum er eigentlich für einen Platz gezahlt hatte. Nach dem 8:8 (20.) hob es die SG-Sympathisanten immer häufiger aus ihrer Sitzschale. Als der überragende Schütze Lars Christiansen das 12:8 (26.) markiert hatte, taumelte der große FC Barcelona. In einer Auszeit brachte Xesco Espar seine Truppe nur halbwegs wieder ins Gleichgewicht.

Geknickt: Iker Romero

Ab der 40. Minute fiel das Flaggschiff der Liga Asobal endgültig auseinander. „Das Kollektiv gab den Ausschlag“, urteilte Kent-Harry Andersson. „Wenn man mich fragt, wer besonders gut war, müsste ich neben Dan Beutler, Joachim Boldsen, Kasper Nielsen und Lars Christiansen auch alle anderen Namen nennen.“ Beim 21:14 (44.) glaubte jeder in der Halle an einen Sieg der Hausherren, beim 30:20 (58.) war der siebenfache Königsklassen-Gewinner demontiert. 13 Gegentreffer in 19 Minuten „knockten“ Barcelona aus. „Uns erwartet beim Rückspiel noch ein harter Kampf“, warnte Dan Beutler. „Barca steht nun vor der gleichen Situation wie wir nach unserer Pleite in Celje.“
Letztendlich klammern sich die leisen katalanischen Hoffungen an Venio Losert. Der kroatische Keeper wurde für den unter der Woche an einer Grippe erkrankten David Barrufet eingewechselt und verhinderte mit einigen Paraden größeres Ungemach. Dennoch war das Entsetzen beim Traditionsklub groß. Vor Enttäuschung vergaß man drei Bananen und vier Äpfel in der Kabine. Den Spaniern war der Appetit vergangen. 

Die Trainer-Stimmen
Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Wir sind noch nicht durch. Barcelona bleibt für mich eine Super-Mannschaft.“
Xesco Espar, FC Barcelona: „Wie viele Fehlwürfe haben wir uns eigentlich geleistet? So müssen wir uns nicht wundern, dass wir so hoch verlieren.“