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Schlüsselspiel in der Königsklasse gegen die „Bären“

Russlands Meister Medwedi Tschechow stellt die Handballer der SG Flensburg-Handewitt heute (18.45 Uhr, Campushalle) vor die schwerste Aufgabe in der Vorrunde der Champions League. Der heutige Gegner der SG Flensburg-Handewitt tritt im Zeichen des Bären an – und dieser macht nicht gerade einen freundlichen Eindruck. Das Pelztier beherrscht mit grimmigem Blick und aufgerissenem Maul das Vereinswappen des russischen Meisters „Chehovskie Medvedi“ – seit vielen Jahren Handball-Branchenführer im Riesenreich.
Bis 2002 unter dem Dach von ZSKA Moskau angesiedelt, führt Medwedi Tschechow heute ein Eigenleben im Vorort der Hauptstadt – und zwar ein für russische Verhältnisse sehr luxuriöses. Die handballbegeisterte Bezirksregierung leistete sich vor drei Jahren die „Olimpiysky“, eine Halle nach westlichem Standard mit Trainings- und Fitnesseinrichtungen. Ziel ist es, die besten Handballer Russlands dort zu vereinen und gegen die Verlockungen der Ligen in Spanien und Deutschland zu immunisieren. So arbeitet Tschechows Trainer-Legende Wladimir Maximow im Verein täglich mit der nahezu kompletten Landesauswahl, die er praktischerweise als Nationalcoach gleich mitbetreut.

Viggo Sigurdsson hält viel von Wladimir Maximow

Fünf Bronzemedaillengewinner von Athen 2004 und zwölf aktuelle Nationalspieler stehen im Aufgebot von Tschechow. Herausragende Akteure sind Spielmacher Vitaly Iwanow, Alexey Rastvortsew und Jury Egorow im linken Rückraum, Michail Tschipurin am Kreis und Dimitri Kovavlew auf Rechtsaußen. Nahezu jede Position ist auch qualitativ doppelt besetzt.
Da verwundert es nicht, dass die „Bären“ in ihrer Liga bisher jeden Konkurrenten weggebissen und mit 20:0 Punkten eine makellose Bilanz eingefahren haben. Einen Dämpfer gab es allerdings am Wochenende, als die Maximow-Truppe in Zagreb eins auf den Pelz gebrannt bekam. 26:19 hieß das unerwartet klare Resultat für die Kroaten, die ihrerseits vor zwei Wochen von der SG Flensburg-Handewitt souverän besiegt wurden.
Von solchen Quervergleichen hält Viggo Sigurdsson gar nichts. „So einfach ist das leider nicht. Das Spiel gegen Medwedi ist der Schlüssel zum Weiterkommen und es wird ein schweres Spiel. Die Russen stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand“, sagt der SG-Trainer. Auch Manager Thorsten Storm weist auf die besondere Situation in der Gruppe D hin, in der Skopje nicht konkurrenzfähig erscheint und wohl nur Flensburg, Tschechow und Zagreb für das Weiterkommen in Frage kommen. „Wir müssen gewinnen, sonst wird es eng“, sagt Storm.

Wladmir Maximow: Handball-Legende in Tschechow

Sigurdsson freut sich auf das Wiedersehen mit Wladimir Maximow, den er ohne Umschweife als sein Idol bezeichnet. „Mir imponieren seine Persönlichkeit und seine Handballphilosophie“, sagt der Isländer. „Vor allem vom Angriffspiel seiner Mannschaften, den Spielzügen und den Ideen bin ich begeistert.“ 1995 hatte Sigurdsson die Ehre, Russlands „Handball-Zaren“, der seit 1992 alle Fäden zieht, hautnah bei der Arbeit zu erleben. „Wir waren in Deutschland in Hahn zwei Wochen zusammen im Trainingslager und auch später bei der WM auf Island. Ich durfte beim Training und sogar bei Mannschaftsbesprechungen dabei sein“, berichtet der SG-Trainer. Dabei hat er sich mit Maximow, der sehr gut Deutsch versteht, aber weniger gern spricht, umfangreich über Handball ausgetauscht. Ganz hinter das Geheimnis des erfolgreichen Russen ist er aber nicht gekommen: „Seine Tricks verrät er eher nicht.“
Als besonderes Datum bleibt Sigurdsson der 31. Januar dieses Jahres in Erinnerung. Da gewann er das Duell der Nationaltrainer gegen Maximow in der Zwischenrunde der EM: Island – Russland 34:32. „Es war der erste Sieg für uns bei einem großen Turnier.“
Heute wird Sigurdsson fast alle Spieler wiedersehen. „Es ist eine gut organisierte und stark besetzte Mannschaft, vielleicht mit einem kleinen Schwachpunkt im Tor. Die Form von Alexey Kostygow schwankt, er ist unberechenbar.“ Die jüngste Niederlage der Russen schreibt Sigurdsson eher den Umständen als einer grundsätzlichen Schwäche zu: „Die polnischen Schiedsrichter waren sehr auf Zagrebs Seite. Dann hat Tschechow vier Siebenmeter verschossen, irgendwie lief alles zu Gunsten der Kroaten.“ Kurzum: Wer Medwedi unterschätzt, könnte sich einen „Problembären“ einhandeln.
Die SG ist aber offenbar bereit für die Großwildjagd. Das zeigte sie zuletzt in Skopje. „Das war vor allem in der ersten Halbzeit ein 100-prozentiges Spiel. Jan Holpert war sehr gut, da hat er seine Klasse gezeigt“, sagte Sigurdsson, der sich zudem erleichtert zeigte, dass vom strapaziösen Trip nach Mazedonien alle Spieler unverletzt zurückgekehrt sind. Denn ob Blazenko Lackovic nach seinem Nasenbeinbruch wieder spielen kann, ist noch fraglich und soll erst heute geklärt werden.