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RK Zagreb

SC Magdeburg, THW Kiel, TBV Lemgo oder die SG Flensburg-Handewitt – für die Frage „Wer wurde in den letzten Jahren Deutscher Meister?“ gibt es mehrere Antworten. Anders sieht es aus, wenn man nach dem kroatischen Champion fragt. Da heißt die Antwort stets Rukometni Club Zagreb – kurz RK Zagreb. Oder vielleicht noch Badel Zagreb, wie sich der Verein bis 2001 nannte. Der Hauptstadt-Klub räumte seit 1991 alle 16 nationalen Meistertitel ab. Selbst im Pokal ließen die Handballer aus der 800 000 Einwohner zählenden kroatischen Metropole nur die Jahre 2001 und 2002 aus. Und in dieser Saison scheint es so weiter zu gehen: Die ersten vier Spieltage endeten jeweils mit einem klaren Erfolg.
Kein Wunder, dass der RK Zagreb angesichts der mangelnden nationalen Konkurrenz seinen Hauptaugenmerk immer mehr auf die Champions League legte. Beim 1922 gegründeten Klub empfindet man die letzten Jahre als „wunder Punkt“. 1992 und 1993 hatte man den Landesmeister-Pokal gewonnen, 1999 reichte es letztmalig zum Final-Einzug. Danach folgte eine bittere Durststrecke, die im Herbst 2004 ihr Maximum erreichte. „Aus“ in der Gruppenphase der Champions League. In der letzten Serie zeigte der Trend wieder aufwärts. Erst nach großem Kampf scheiterten die Balkan-Handballer im Achtelfinale an der SG Flensburg-Handewitt.

Andrej Golic wechselte von Montpellier nach Zagreb.

Die „Talsohle“ ging mit einigen finanziellen „Genickschlägen“ einher. Der Spirituosen-Hersteller „Badel“ stieg aus. Viele namhafte Akteure wanderten ab, darunter illustre Stars wie Blazenko Lackovic, Ivano Balic, Denis Spoljaric, Igor Vori, Renato Sulic oder Goran Sprem. Die Folge: eine rasante Fluktuation. Im Kader steht nur noch ein Akteur, der schon im Februar 2004 beim ersten Duell mit der SG Flensburg-Handewitt dabei war – der Rechtsaußen Zlatko Horvat. „Was sollen wir machen?“, zuckte Team-Koordinator Ante Ancic noch vor Jahresfrist mit den Schultern. „Die Vereine in Spanien oder Deutschland haben einfach andere finanzielle Möglichkeiten als wir.“
Inzwischen blickt der RK Zagreb wieder mit großer Zuversicht nach vorne. Die Verpflichtung der Franzosen Damien Kabengele und Andrej Golic galt als Signal, da erstmals zwei Akteure aus Westeuropa den Weg in die kroatische Hauptstadt fanden. Ebenso die für 2007 prognostizierte Rückkehr von Mirza Dzomba, dem vermeintlich besten Rechtsaußen der Welt. Nach mehreren Jahren bei Ciudad Real soll die Familie in Zukunft im Vordergrund stehen. Zu Beginn der Saison wechselte man auch den Trainer. Lino Cervar, als Nationaltrainer und Politiker stark eingebunden, machte Platz für Nenad Klajic, einem Olympiasieger von 1996, der zwischen 1994 und 2000 für den TV Großwallstadt spielte.

Schon im Sommer kam ein weiterer Star an die Ufer des Flusses Sava zurück: Vlado Sola: Gut zehn Jahre tingelte der inzwischen fast 38-jährige Keeper durch Europa, nun hütet er wieder das Gehäuse des RK Zagreb und setzt eine Tradition fort. „Zagreb hatte schon immer starke Torhüter“, weiß SG-Ass Blazenko Lackovic. Vor dem Ausnahme-Keeper leistet die Abwehr, die bevorzugt in einem 3:2:1-System agiert, aber auch häufig zu einer 5:1-Formation wechselt, mehr als solides Handwerk. Alem Toskic, Mirzad Tersic oder Damien Kabengele sind Garanten für wenig Gegentreffer.
Der Kader besticht insgesamt durch eine große Ausgeglichenheit. „Zagreb hat jetzt eine breitere Bank als zuvor“, betont Blazenko Lackovic. Praktisch jede Position ist doppelt stark besetzt, wobei es teilweise schwer fällt, sich auf eine Nummer eins zu einigen. So möchte auf Linksaußen Olympiasieger Niksa Kaleb nach einer ausgestandenen Knieverletzung dem Montenegriner Petar Kapisoda wieder den Rang ablaufen. Auf halblinks sorgte Mirzad Tersic in der Vorbereitung für mächtig Furore, hat aber den gebürtigen Kongolesen Damien Kabengele im Nacken. Ein großes Talent wächst in der Rückraum-Mitte heran. Domagoj Duvnjak, gerade 18 Jahre alt, wurde bei den Jugend-Europameisterschaften in Estland zum besten Spielmacher gekürt. „Chef im Ring“ ist auf dieser Position aber noch der Routinier Andrej Golic.
Im rechten Rückraum hinterließ zuletzt der rumänische Neuzugang Rares Lucian Jurca einen starken Eindruck. Alternativ gibt es aber noch einen „Wandervogel“. Tomislav Broz spielte schon in Italien, Slowenien und bei zwei deutschen Klubs (Zweitligist Ahlen, Regionalligist Bad Münstereifel), absolvierte vor wenigen Wochen ein Probe-Training beim dänischen Vertreter Skjern. Etwas klarer sind die Aufgaben auf Rechtsaußen und am Kreis verteilt, wo Zlatko Horvat und der Serbe Alem Toskic gewöhnlich den Ton angeben.

Der RK Zagreb in der Saison 2006/2007.

„Wir rechnen mit einem der ersten beiden Plätze in der Gruppe“, betont Ante Ancic. „Unser Team ist im Vergleich zum Vorjahr zu 30 Prozent stärker.“ Aber auch beim RK Zagreb ist man sich über die Brisanz der Lage bewusst: „Die SG Flensburg-Handewitt ist sehr stark, Moskau immerhin Titelverteidiger im Cupsieger-Wettbewerb, und ein mazedonischer Meister immer unangenehm.“ Alles spricht dafür, dass die Gruppe D der Champions League einen heißen Herbst erlebt. Auch wegen des RK Zagrebs.

Zugänge: Andrej Golic, Damien Kabengele (Montpellier HB), Rares Lucian Jurca (Baumit Dinamo Bukarest), Tomislav Broz (RK Cimos Koper/ Slowenien), Vlado Sola (MKB Veszprém), Vjenceslav Somic (RK Osijek/ Kroatien), Domagoj Duvnjak (RK Djakovo/ Kroatien), Sandro Uvodic (RK Porec/ Kroatien), Josip Valcic, Branimir Koloper (eigener Nachwuchs)
Abgänge: Nikola Blazicko (Paris HB), Igor Totic, Darko Sikanic (beide RK Porec/Kroatien), Beno Lapajne (CAI BM Aragon/ Spanien), Ivan Pongracic, Davorin Vranic (beide RK Osijek/ Kroatien), Slavko Goluza (Karriere-Ende), Drago Vukovic (Gorenje Velenje/ Slowenien), Goran Dukanovic, Denis Spoljaric (RK Celje), Nikola Dono (RK Cakovec/ Kroatien), Risto Arnaudoski (Slowenien), Blazo Lisicic (Italien)

 

Daten RK Zagreb