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Michael Kraus: Die „Ehrungen“ eines Weltmeisters

Der Stress begann erst nach der Weltmeisterschaft. Tagelang standen die Telefone bei Champion Michael Kraus und auf der Geschäftsstelle seines Klubs FA Göppingen nicht still. Alle wollten zum großen Erfolg des deutschen Nationalspielers gratulieren. Die Ehrungen wurden schließlich in mehreren Etappen vorgenommen. Beim FA-Empfang in der Hohenstaufenhalle reihten sich in die Reihe der Gratulanten mehrere namhafte Vertreter aus Sport und Politik ein. Vor 1000 Zuschauern erhielt Michael „Mimi“ Kraus von Klubpräsident Thomas Lander die Leistungsnadel in Gold überreicht. Vom Landkreis Göppingen wurde Michael Kraus mit der Landkreismedaille ausgezeichnet, einer Ehrung, die in den zurückliegenden 20 Jahren nur zehn Personen zuteil wurde. Das war nur die Spitze vom Eisberg.
„Ehrungen“ ganz anderer Natur gab es für den frischgebackenen Weltmeister, der es mit seiner unbekümmerten Spielweise sogar ins All-Star-Team des Turniers schaffte, aus der internationalen Handball-Szene. Michael Kraus taucht nun auf der Wunschliste ausländischer Top-Klubs auf. „Es stehen Beträge im Raum, da kann einem schwindelig werden“, erklärte der 23-jährige Spielmacher. Die Offerten sollen dabei gerade finanziell immens lukrativ sein. Bis zu das Dreifache seines jetzigen Gehalts. Dennoch will der WM-Star seinen bis 2009 laufenden Vertrag bei FA Göppingen unbedingt erfüllen. Er fühlt sich in Göppingen heimisch und hat noch Großes vor: „Mein Traum ist, mit Frisch Auf deutscher Meister zu werden.“ Da dürfte allerdings noch viel Arbeit auf ihn und seine Teamkollegen zukommen. Göppingen belegt im Bundesliga-Klassement derzeit nur Rang acht.

Michael Kraus hat bislang eine „bodenständige, schwäbische“ Karriere hinter sich. Mit sechs Jahren begann der gebürtige Göppinger in seiner Heimstadt mit dem Handball. Von der kleinen Turnerschaft wechselte er über den Regionalligisten TSV Deizisau schließlich 2002 zu FA Göppingen. Dort ging sein Stern in der Serie 2004/2005 auf. Während die Experten ein Vakuum auf der Spielmacher-Position ausmachten, setzte Göppingens Coach Velimir Petkovic auf die Nachwuchshoffnung. „Der Trainer hat mir vertraut – das hat mir sehr geholfen“, erinnert sich Michael Kraus, der mit Göppingen das Final Four 2005 und das EHF-Pokalfinale 2006 erreichte.
Die Nominierung ins DHB-Team war nur eine Frage der Zeit. Schließlich bestritt der Youngster am 25. März 2005 sein Debüt. In Paris gegen Russland. Fünf Tage später glänzte Michael Kraus in der Flensburger Campushalle gegen Dänemark. Mit viel Selbstvertrauen und Durchblick ging der damals 21-jährige Göppinger zu Werke. Zwar gab es in der Chancen-Verwertung einige Makel, vom Bundestrainer erhielt er aber das Prädikat „Mittelmann mit Perspektive“. „Der Junge macht mir Freude“, sagte Heiner Brand. „Er erkennt die Situation und ist selbstbewusst genug für einen Durchbruch.“
Eine große „Sternstunde“ erlebte Michael Kraus in der WM-Hauptrunde gegen Frankreich, als der etatmäßige Spielmacher Markus Baur früh mit einer Verletzung ausfiel. Der Schock war die Chance für den „Joker“: Der 23-Jährige übernahm in seinem 33 Länderspiel die zentrale Position, überraschte die Franzosen mit enormem Bewegungsdrang, benötigte für sieben Tore nur acht Versuche und wurde zum „Man of the Match“ gewählt. „Mimi hat sensationelle Akzente gesetzt“, strahlte Heiner Brand.