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Dramatik in der Endphase

Die SG Flensburg-Handewitt hat mit einem 36:31 (18:11)-Auswärtssieg bei der HSG Nordhorn einen Verfolger auf Distanz gehalten und gleichzeitig im Kampf um die Meisterschaft ein Signal an die Konkurrenz aus Kiel, Lemgo, Magdeburg und Gummersbach geschickt. Allerdings geriet das Team von SG-Trainer Kent-Harry Andersson in der Schlussphase noch einmal erheblich in Bedrängis, als ein komfortabler 25:17-Vorsprung bis auf 33:30 (59.) zusammenschmolz. Dank der größeren Cleverness hielt sich der Vizemeister schließlich aber schadlos und entführte aus dem mit 4200 Zuschauern restlos gefüllten Euregium beide Punkte.
Der Vizemeister erwischte einen blendenden Start und übernahm sofort die Kontrolle über Spiel und Gegner. Mit einem gut aufgelegten Dan Beutler im Tor hatte die kompakte und konsequent arbeitende 6:0-Abwehr den gewünschten Rückhalt und dementsprechend schwer wurde der HSG ihre Angriffsbemühungen gemacht. Außerdem sollte sich das Fehlen von Linkshand Holger Glandorf deutlich bemerkbar machen, denn mit Piotr Przybecki hatte HSG-Coach Ola Lindgren nur auf der linken Angriffsseite einen Mann für Treffer aus der zweiten Reihe. HSG-Spielmacher Ljubomir Vranjes mühte sich zwar den Spielaufbau breit anzulegen, um so den Abwehrblock der Gäste auseinander zu ziehen. Das Flügelspiel wurde allerdings sträflich vernachlässigt und stattdessen rannte sich der Nordhorner Angriff immer wieder im Mittelblock der SG-Abwehr fest.

Nach dem Schlusspfiff herrschte Jubel in Nordhorn.

Da das Team von Gäste-Trainer Kent-Harry Andersson an dessen ehemaliger Wirkungsstätte auch im Angriff ganz im Stil einer Spitzenmannschaft auftrumpfte, gelang es den Gästen, sich ab dem 3:3 (6.) über 7:4 (11.) und 12:7 (19.) auf 15:9 (23.) deutlich abzusetzen. Aus einer harmonisch aufspielenden SG-Mannschaft ragte vor allem Lars Christiansen heraus. Der Däne schien nach seiner Vertragsverlängerung endlich wieder den Kopf ganz frei für den Handball zu haben und entnervte mit sieben sehenswerten Treffern HSG-Starkeeper Peter Genzel fast im Alleingang.
Zwar bot Genzel-Ersatzmann Jesper Larsson nach seiner Einwechslung in der 17. Minute eine besser Partie, als Schwedens Nummer 1, an den klaren Machtverhältnisse konnte aber auch der 32-Jährige nichts ändern. Wie ein Uhrwerk spulte die SG ihr Pensum in Abwehr und Angriff herunter, leistete sich kaum einmal eine Schwäche oder gar Fehler und hatte beim 17:9 (26.) einen mehr als komfortablen Vorsprung herausgespielt. Wenig ins Gewicht fiel dabei die eher durchwachsene Leistung von Blazenko Lackovic, der bei seinen fünf Wurfversuchen nur "Fahrkarten" löste und somit nicht zum 18:11-Pausenstand treffermäßig beitragen konnte.
Nach Wiederanpfiff merkte man Nordhorn deutlich an, dass man die Partie noch lange nicht aufgegeben hatte. Mit leichten Treffer aus dem Gegenstoß und aus nun flüssigerem Rückraum-Spiel gelang zunächst das 13:18 (32.), ehe die SG mit dem 21:14 (37.) für alte Verhältnisse sorgte. Hatte Lars Christiansen mit seinen neun Treffer in der ersten Halbzeit schon das Fundament für die klare Pausenführung gelegt, so krönte der Linksaußen mit weiteren Treffern seine überragende Vorstellung.
Auf der Gegenseite hielt eine Zeit lang Glandorf-Ersatzmann Maik Bult mit einigen schönen Treffern aus dem rechten Rückraum sein Team "am Leben", eine echte Aufholjagd gelang dem Tabellensechsten allerdings nicht. Daran änderte auch Ola Lindgren nichts, als er seine Abwehr von 6:0 auf 5:1 umstellte (42.). Die Gäste agierten unter Federführung von Glenn Solberg weiter souverän und abgebrüht und ließen sich von nichts und niemanden von der Erfolgsspur abbringen. Ein Indiz für die gelungene Vorstellung der SG Flensburg-Handewitt verriet ein Blick auf die Führung, die permanent zwischen sechs und acht Treffer variierte.

Blazenko Lackovic tat sich zeitweise schwer.

Als Nordhorn sich in der Schlussphase beim 22:27 (49.) noch einmal anschickte den Spielausgang wieder offen gestalten zu wollen, bremste Kent-Harry Andersson die Hausherren zunächst mittels einer Auszeit. Im anschließenden Angriff versenkte Lars Christiansen schließlich auch seinen sechsten Strafwurf gegen Genzel sicher zum 28:23 (51.) und wies seinem Team damit scheinbar den Weg aus der kleinen Schwächephase.
Aber der Eindruck täuschte: Die HSG hatte "Blut geleckt", wieder Glauben an sich selbst gefunden und in einer Phase mit einer doppelten Zeitstrafe gegen Johnny Jensen beim 26:29 (53.) wieder Tuchfühlung gefunden. Das mit 4200 Zuschauern ausverkaufte Euregium verwandelte sich in einen Hexenkessel und in den letzten Spielminuten drohte eine lange Zeit lang einseitige Partie zu kippen. Erfolgsgarant der SG Flensburg-Handewitt war einmal mehr Marcin Lijewski, der nach einer farblosen Vorstellung in den ersten 40 Minuten in der entscheidenden Phase mächtig aufdrehte. Mit seinen Treffern sorgte der Pole dafür, dass die SG den Gegner weiterhin auf Abstand halten konnte, auch wenn es beim 32:29 (58.) noch einmal richtig knapp zu werden schien. Mit seinem vierten Treffer in Folge zum 33:29 (58.) begrub Lijewski auch die letzten Hoffnungen der Hausherren auf die Wende. Die letzten beiden Spielminuten war Nordhorn zu einer offenen Manndeckung übergegangen, leistete sich allerdings einige eklatante Abspielfehler und beraubte sich damit schließlich selbst der Chance um einen noch möglichen Punktgewinn.