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Die Luft ist raus

Die SG Flensburg-Handewitt, die am vergangenen Dienstag im modernen Handball-Tempel SAP-Arena zum Bundesliga-Duell bei der SG Kronau-Östringen auftrat, ähnelte kaum mehr einem Spitzenteam, dass lange Zeit ambitioniert auf drei Hochzeiten getanzt und von Titeln geträumt hatte. Vielmehr erlebten die rund 10000 Zuschauer eine Gäste-Mannschaft, die ihrem vorausgeeilten Ruf als Champions-League-Aspirant nicht erfüllen konnte. Die 24:26-Niederlage war die logische Konsequenz einer instabilen Gesamtleistung, wobei nur Lars Christiansen, Torhüter Jan Holpert und mit einigen Abstrichen Marcin Lijewski aus einer ersatzgeschwächten Auswahl "Spitzenwerte" erreichten.
"Seitdem klar ist, dass wir nicht mehr Meister werden würden, ist bei uns ziemlich die Luft raus", bemühte sich SG-Manager Thorsten Storm erst gar nicht die vermurkste Vorstellung zu kaschieren. Na klar, hätte sich mit Lijewski nicht ausgerechnet der beste Feldtorschütze der SG in der Endphase eine doppelte Zeitstrafe wegen Meckerns eingefangen, die Chance auf den erhofften Sieg hätte vielleicht bis in die Schlussminute bestand gehabt. Wäre aber ein Erfolgserlebnis nach einer allerhöchstens durchschnittlichen Leistung verdient gewesen? "Nein, wohl nicht", urteilte Lars Christiansen, "dafür waren wir heute auch nicht gut genug."

Blazenko Lackovic war gut abgeschirmt.

Kronau-Trainer Iouri Chevtsov hatte mit einer versetzten 5:1-Abwehr nicht nur die Wirkungskreise von Blanzenko Lackovic erheblich eingeschränkt, sondern mit dieser Maßnahme zugleich das komplette Angriffsspiel der Nordlichter lahmgelegt. Da Spielmacher Glenn Solberg keinen guten Tag erwischt hatte, Lijewski aufgrund einer Magen-Darmgrippe reichlich geschwächt und Alternativen wie Kasper Nielsen und Jan-Thomas Lauritzen sich nicht gerade aufdrängten, war die fünfte Saison-Niederlage schon fast vorprogrammiert. Letzte Zweifel beseitigte schließlich "Löwen"-Schlussmann Maros Kolpak, der sich mit 24 Paraden zum überragenden Spieler der Partie aufschwang. "Schmerzlich vermisst wurden einmal mehr Kapitän Søren Stryger (Schulterverletzung), Joachim Boldsen (Oberschenkelmuskelatur) und Christian Berge (weiche Leiste), die an jenem Abend exemplarisch für das Verletzungspech der SG in dieser Spielzeit standen. "Wir haben uns nur schwer auf diese Abwehr vorbereiten können. Das war ein Grund für die Niederlage", befand Trainer Kent-Harry Andersson, der nun am kommenden Sonnabend in der Köln-Arena gegen den VfL Gummersbach (15 Uhr) jenen Zähler holen will, der für die Qualifikation zur Königsklasse noch fehlen. "Das wird verdammt schwer, aber wir können auch in Köln gewinnen. Es wäre schön, wenn es uns gelingt, dann können wir locker in das letzte Spiel gegen Delitzsch gehen." Anders formuliert könnte man aber auch sagen – wer nicht in eigener Halle gegen den Tabellenletzten gewinnt, hat in der Champions-League auch nichts verloren.

Andrej Klimovets feierte Wiedersehen mit dem alten Klub.

"Meine Mannschaft hat heute mit Leidenschaft gekämpft, eigentlich immer geführt und die Ruhe bewahrt, wenn es eng wurde", lobte hingen Chevtsov seiner Mannen, "jetzt wollen wir den Erfolg genießen, denn gegen Flensburg gewinnt man schließlich nicht alle Tage."
Glückgefühle der ganz besonderen Art erlebte an diesem Abend aber ein anderer – Andrej Klimovets. Der bullige "Löwen"-Kreisläufer bot gegen seine alten Club eine starke Abwehrleistung und garnierte den Auftritt mit vier Treffern. "Ich war ziemlich nervös und aufgeregt, schließlich habe ich acht Jahre für Flensburg gespielt. Da ist es schon etwas ganz besonderes mit einen Mal gegen Flensburg zu spielen. Aber es hat ja gut geklappt", befand der deutsche Nationalspieler und machte sich auf den Weg in die Gäste-Kabine um mit den alten "Kumpels" ein kleines Wiedersehens-Bier zu genießen.