Stripes
Stripes
Archiv

SG bleibt „cool“ unterm heißen Blechdach

Das war die von Trainer Kent-Harry Andersson erwartete Reaktion auf das vorzeitige Aus im Titelkampf der Handball-Bundesliga. Mit einem souverän heraus gespielten 38:30 (20:15) beim Aufsteiger MT Melsungen unterstrich die SG Flensburg-Handewitt ihre Ansprüche auf einen Platz in der neuen Champions League-Saison nachdrücklich.
So entspannt hatte Kent-Harry Andersson in den vergangenen Wochen selten gewirkt. „Ich bin sehr, sehr zufrieden mit meiner Mannschaft — vor allem mit der Einstellung“, sagte der Trainer nach dem 38:30 (20:15) seiner SG Flensburg-Handewitt beim Neuling MT Melsungen. Schneller als erwartet für den 57-Jährigen hatten die Flensburger die 31:37-Pleite in Kiel und das vorzeitige Ende aller Titelträume verarbeitet. In Rotenburg an der Fulda hatte sich eine Mannschaft präsentiert, „die wieder an einem Strang zieht und sich nicht hängen lässt“, wie Torhüter Jan Holpert es formulierte. Bei allen — Spielern wie Verantwortlichen — war die Erleichterung zu spüren. „Dieser Sieg war gut und wichtig für uns“, betonte Joachim Boldsen. „Die Mannschaft hat vor allem kämpferisch überzeugt“, lobte Manager Thorsten Storm die „coole“ Vorstellung des Tabellenzweiten unter dem „heißen“ Blechdach der bis auf den letzten Platz gefüllten „Meirotels Halle“, in der bei Temperaturen von über 30 Grad der Schweiß in Strömen floss und die Wischerinnen Schwerstarbeit zu verrichten hatten.

Glenn Solberg fand viele Lücken gegen die Melsunger Deckung.

Das musste die SG an diesem sommerlichen Frühlingsabend zum Glück nicht. Mit einer ungemein konzentrierten Leistung in Abwehr und Angriff hatte der Tabellenzweite die Partie bereits nach zehn Minuten für sich entschieden. 9:3 führten die Gäste da, hatten fast jeden Fehler der Nordhessen mit einem Konter bestraft. Und die gefürchtete offensive 3:3-Defensive der Gastgeber bereitete den Flensburgern ebenfalls keine Mühe. „Ich hatte schon ein bisschen Angst, weil wir auswärts ja immer Probleme mit offensiven Deckungsreihen haben“, gestand Glenn Solberg. „Aber heute haben wir im Kollektiv sehr gut gespielt.“ Das bestätigten der Trainer und der Manager. „Wir haben bis zur Wurfchance sehr gut gespielt“, befand auch Kent-Harry Andersson. Thorsten Storm lobte vor allem Rückraumspieler Marcin Lijewski: „Er war heute ein richtiger Teamspieler.“
Von den Eins-gegen-Eins-Aktionen Solbergs und den klugen Pässen Lijewskis profitierte insbesondere Sören Stryger. Der Mannschaftskapitän, dessen Einsatz wegen einer in Kiel erlittenen Schulterverletzung bis kurz vor dem Spiel auf der Kippe gestanden hatte, avancierte zum überragenden Akteur im SG-Team:  17 Würfe  — 14 Tore, eine beachtliche Trefferquote. Das Tor zum 15:11, das fünfte von neun im ersten Durchgang, war Strygers 1000. Tor im SG-Trikot, das der dänische National-Rechtsaußen seit dem Sommer 2001 trägt. Mit nunmehr 1009 Treffern rangiert der 31-Jährige mittlerweile auf Rang fünf der ewigen SG-Torschützenliste hinter Lars Christiansen (2883), Jan Glöe (1203), Jan Eiberg Jörgensen (1146) und Rainer Cordes (1071). „Sören hat heute zwar nicht hart geworfen, aber dafür sehr schlau“, staunte Andersson.
Erstaunt zeigten sich einige Flensburger auch darüber, dass ihnen so viele Tore gelungen waren, obwohl die SG höchstens 30 Prozent des Spiels in Ballbesitz gewesen waren. „In der ersten Hälfte haben wir fast nur in der Abwehr gestanden und sind Gegenstöße gelaufen“, analysierte Boldsen. „Da haben wir viele leichte Tore geworfen“, meinte auch Holpert. „Und dadurch sind wir vorne den harten Situationen gegen diese offene Deckung aus dem Weg gegangen.“ Ein durchaus positiver Effekt, der einem jedoch zum entscheidenden Nachteil gereichte. In den letzten Minuten vor der Pause versuchte der SG-Trainer mehrfach, Christian Berge zu bringen. „Doch ich kam gar nicht dazu, weil die Tore so schnell fielen“, bedauerte Andersson.
Doch trotz des klaren Erfolges beim Aufsteiger fand der Perfektionist Andersson noch ein kleines Haar in der Suppe. Nämlich die Chancenverwertung. „Wir hätten viel höher gewinnen können. Bei so einer klaren Führung ist es normal, dass die Konzentration beim Wurf nachlässt. Aber so etwas kann gefährlich werden“, meinte er im Hinblick auf das bevorstehende Heimspiel gegen den HSV Hamburg (Sbd. 19.30 Uhr). Und auch in der Abwehr hatte der Trainer Mängel entdeckt. „Melsungen hat zu viele Tore vom Kreis erzielt. Wir müssen in der Deckung mehr kommunizieren.“