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Selbstfindung in der Champions League

Viereinhalb Jahre nach der bitteren Schlappe im EHF-Cup-Finale trifft die SG Flensburg- Handewitt erneut auf den RK Metkovic. Von einer Revanche kann dennoch kaum die Rede sein. Zu sehr haben sich die Vorzeichen geändert.
Weil die Campushalle belegt ist, findet das Wiedersehen der SG Flensburg-Handewitt mit den Handballern aus Metkovic ausgerechnet in der Fördehalle (heute, 15.10 Uhr/N3 live) statt. Und doch ist alles anders als am 29. April 2000, als die Kroaten an gleicher Stelle dem haushohen Favoriten den EHF-Pokal entrissen. Die SG gewann damals 25:23, hatte aber das Hinspiel 22:24 verloren - die auswärts erzielten Tore entschieden.
Der RK Metkovic von heute wird den deutschen Meister am dritten Spieltag der Champions League wohl nicht in Verlegenheit bringen. Die Ironie in der Stimme von Blazenko Lackovic  ist nicht zu überhören, wenn er sagt: "Das ist wirklich eine superstarke Mannschaft."  SG-Neuzugang Goran Sprem, der wie Lackovic noch in der letzten Saison mit dem RK Zagreb gegen Metkovic spielte, stellt ohne Umschweife fest: "Da ist nicht viel Qualität übrig." Die Olympiasieger und Weltmeister Petar Metlicic, Niksa Khaleb, Davor Dominikovic und Slavko Goluza haben den Verein verlassen, in der Stadt an der Neretva hat der Neuaufbau begonnen. Neun Akteure sind noch keine 20 Jahre alt, der mit Abstand älteste Spieler ist Mittelmann Tihomir Baltic (28). Die ersten beiden Spiele in der Königsklasse verlor Metkovic klar: 25:30 in Karvina, 18:29 zu Hause gegen Presov.

Blazencko Lackovic und Goran Sprem haben schon einmal gegen Metkovic gespielt.

SG-Trainer Kent-Harry Andersson verzichtete angesichts dieser Fakten auf eine allzu intensive Vorbereitung auf die Gäste. Schließlich ist der  Meister derzeit auf nicht besonders angenehme Art und Weise mit sich selbst beschäftigt. Nach wie vor wirkt die Mannschaft, als sei sie auf der Suche nach sich selbst. Ihr Potenzial ist den Spielern weder bewusst, noch ist es so traumwandlerisch sicher abrufbar wie in der vergangenen Saison. Brillanz blitzt auf, bei jedem einzelnen, manchmal auch im Kollektiv, aber es bleibt bei Phasen von fünf, zehn, höchstens 15 Minuten, in denen sich die SG weder wie ein Titelverteidiger noch  wie ein Anwärter auf die erneute Finalteilnahme in der Champions League präsentiert. Bisheriger Tiefpunkt war die Partie am Dienstag, als gegen einen gewiss nicht überragenden HSV jeder Widerstand zusammenbrach. "Wir wollen uns rehabilitieren", hat Trainer Andersson daher als Motto für das Match in der Champions League ausgegeben, und um dies auch in die Köpfe seiner Spieler zu bekommen, ließ er sie zur Strafe die peinliche zweite Halbzeit von Hamburg per Video anschauen. Noch hält der Schwede ein simples Rezept für tauglich, um die spielerische Misere zu kurieren: "Wir müssen  kämpfen und nochmals kämpfen. Dann finden wir auch zu unserem Spiel zurück."
Bleibt zu hoffen, dass der Talentschuppen aus Metkovic die Selbstfindung des deutschen Double-Gewinners, der weiter auf Christian Berge verzichten muss, nicht stört. Wie vor einer Woche gegen Karvina wird Goran Sprem zum Einsatz kommen, so auch als Spitze einer offensiven Abwehr, die Andersson gelegentlich  einstreuen will, um seinen Spielern Beine zu machen.