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Kein Abschied, sondern ein Wiedersehen

Es ist kein Abschied, sondern ein Wiedersehen", verkündete Christian Berge mit erstaunlich ruhiger und fester Stimme und löste mit diesem einzigen Satz minutenlange Ovationen auf den mit 6300 Zuschauern restlos gefüllten Rängen der Campushalle aus. Ohnehin stand das Benefizspiel zugunsten des an Krebs erkrankten Spielmachers der SG Flensburg-Handewitt gegen eine Weltauswahl unter der Rubrik "emotionaler Tiefgang".
Ob nun Protagnonist oder Handball-Fan, die große "Berge-Gemeinschaft" wurde während der rund dreistündigen Veranstaltung durch ein Wechselbad der Gefühle geführt. Nachdenklichkeit, Ergriffenheit auf der einen, Freude, Spaß und die Leichtigkeit des Seins auf der anderen Seite bestimmten abwechselnd die Gemüter und kehrten sich in Form von Lachen mit Gänsehaut und feuchten Augen nach Außen.

Christian Berge signierte einige Fotografien.

Vor dem Hintergrund des menschlichen Schicksals der 31-jährigen Norwegers geriet die unterhaltsame Partie, die nach einem Torschützenfest mit 46:46 (26:24) dem Anlass entsprechend "unentschieden" endete, erwartungsgemäß zur Nebensache. Mit außergewöhnlichen Einlagen und enormen Spielwitz hatten es die Handball-Cracks verstanden den Sinn und Zweck der "Gala" voll zu erfüllen.
Dem einen oder anderen Augenzeugen mochten die scheinbar nicht enden wollenden aufmunternd Worte und Solidaritätsbekundungen gerade im Vorfeld der Partie ein wenig zu viel des Gutgemeinten gewesen sein. Unter dem Strich durften sich die Veranstalter dennoch über eine rundherum gelungene "Goodwill-Aktion" gefreut haben. "Es war eine emotionale Familienfeier und hat den Zusammenhalt der Region unterstrichen", zeigte sich Helmut Ermer noch tagsdarauf ergriffen. Der SG-Schatzmeister war der Ideengeber des Benefiz-Spiels.

Besprechen Christian Berge und Kent-Harry Andersson schon das zukünftige Trainings-Programm?

Wem bislang verbogen geblieben war, warum Christian Berge ein ganz außergewöhnlicher Mensch ist, wurde am Mittwoch-Abend aufgeklärt. Der Profi-Sportler durchläuft in seiner norwegischen Heimat im Moment die schwierigste Phase seines Lebens. Mitten in der Behandlunsgphase, genauer gesagt nach der dritten Chemo-Anwendung, ließ es sich Berge nicht nehmen um dem Benefizpiel persönlich seinen Stempel aufzudrücken. "Das ist schon überwältigend. Man muss einfach Danke sagen, das ist unglaublich", sagte Berge und gab gleich dem Publikum seine Zukunftsplanungen bekannt. "Mein Behandlungsprogramm ist Mitte August zu Ende, im September will ich wieder ins Training einsteigen und im Januar wieder spielen", meinte der 31-Jährige, der an Lymphknoten-Krebs leidet.
Und bei seiner vielumjubelten Stippvisite in Flensburg begnügte sich der Ausnahme-Handballer nicht mit der Rolle eines Hauptdarstellers, der mehr oder minder tatenlos seinen Kollegen beim Handball-Spaß zuschauen konnte. Nach dem Anwurf, der direkt im von Jan Holpert gehüteten SG-Tor landete, kannte Berge auch während der Partie immer wieder kein Halten mehr und mischte bei Kurzeinsätzen locker mit. Fünf Tore, jede Menge Anspiele und einige Kopfbälle - Berge fühlte sich in seinem Element "Handball" pudelwohl und schlüpfte dabei sogar in die Rolle des Schiedsrichters.
Ansonsten stand beim Duell der SG gegen das internationale Starteam, das vom Körperkontakt her betrachtet eher den Charakter eines Vollevballspiels besaß, der Spaßfaktor ganz klar im Vordergrund. 92 häufig trickreich erzielte Tore, ganze sechs Neun-Meterfreiwürfe, keine Zeitstrafe und nur eine gelbe Karte (gegen Berge, der als Schiedsrichter ein Tor erzielt hatte) sowie das Debüt von Blazenko Lackovic als SG-Torhüter - Eckdaten einer Gala, die in Flensburg wohl kaum in Vergessenheit geraten dürfte.