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Nicht das „Gelbe vom Ei“

Das „Gelbe vom Ei“ bot der noch amtierende Deutsche Meister seinen Fans wirklich nicht. Der Elan des Favoriten, der auf Sören Stryger (Leistenbeschwerden) verzichten musste, blieb in der Kabine. „Wir wollten lange Angriffe spielen und das Zeitspiel ausreizen“, erklärte HSG-Spielercoach Nils Lehmann später. Auch wenn der Rückraum der Düsseldorfer, die ohne Sven Hertzberg (Schulter) agierten, sich öfter im SG-Block verzettelten, gelang es den Westdeutschen ohne größere Probleme, das Tempo zu verschleppen und einen Achtungserfolg zu erzielen. Die HSG leistete sich sogar den Luxus, zwischen Abwehr und Angriff zwei Mal zu wechseln. Etwas Fahrt nahm die Partie erst auf, als Joachim Boldsen die Bühne nach gut 15 Minuten betrat. Ob es an der Furcht der Düsseldorfer vor der Gesichtsmaske lag? Zumindest trägt der Däne in Anlehnung an die Hauptfigur des Thrillers „Schweigen der Lämmer“ unter den Fans bereits den Namen „Hannibal Traktor“. Trotz einer rasanten Torfolge vor dem Pausentee, war mehr als ein zwischenzeitliches 20:13 (36.) für den Favoriten nicht drin. Wer weiß, was passiert wäre, wenn nicht Dan Beutler das Torhüter-Duell gegen die Düsseldorfer Kollegen klar gewonnen hätte. Kurios: 40 Sekunden vor Schluss nahm die Düsseldorfer Bank noch einmal eine Auszeit. Die Zuschauer quittierten dies mit Pfiffen, man wollte zum „Freibier“. 

SG Flensburg-Handewitt: Abschiedstränen

"Hannibal Traktor" beobachtet einen Siebenmeter.

Auch wenn das Wunder am kommenden Sonntag ausbleiben und die Meisterschale von der einen Förde an die andere wandern sollte, wird man in Flensburg keinen Trübsal blasen. „Ich bin mit Trainer, Mannschaft und Umfeld sehr zufrieden“, sagte Manager Thorsten Storm. „Bei nur acht Minuspunkten kann man gar nicht sagen, wo man die Meisterschaft verloren hat.“ Trotz der Freude über die eigene Bilanz – einige nachdenkliche Worte musste der Geschäftsführer doch einstreuen. In seinem Rückblick diagnostizierte er eine Drei-Klassen-Gesellschaft in der Bundesliga. „Es gibt leider einige Vereine, die nicht mehr mithalten können, und andere, die es zwar versuchen, sich aber übernehmen.“
Auf jeden Fall war die letzte Heimpartie der Saison – die SG ist nun seit 31 Bundesliga-Spielen zu Hause ohne Punktverlust – ein würdiger Rahmen für drei Verabschiedungen. Stefan Pries (TV Emsdetten), Kaupo Palmar (Skjern Handball) und vor allem Andrej Klimovets (SG Kronau-Östringen) wurden noch einmal von den Fans gefeiert. Besonders der Abschied des Weißrussen sorgte für bewegende Momente. Feuchte Augen, schöne Erinnerungen! Immerhin hielt der 30-Jährige in seinen 307 Einsätzen (861 Tore) nicht nur den DHB-Pokal (2003 bis 2005), den City-Cup (1999) und den Europacup der Pokalsieger (2001) in den Händen, sondern gewann im letzten Jahr auch die Meisterschaft. Für Andrej Klimovets das Größte: „So oft hatten wir oben mitgespielt“, erinnert er sich, „aber erst vor einem Jahr sollte uns der große Wurf gelingen.“ Vielleicht schnappen die Flensburger diesmal noch den Kielern den Titel weg.

HSG Düsseldorf: Planungen nach Klassenerhalt

Die SG startet einen Konter.

Das Spiel in der Campushalle war bereits seit zehn Minuten zu Ende, als noch einmal lautstarker Jubel aufbrandete. Keine Sensations-Meldung aus Kiel – es waren „nur“ die Düsseldorfer, die sich in den Armen lagen. Die knappe Mindener Niederlage gegen Lemgo hatte den Klassenerhalt der HSG endgültig besiegelt. Spielertrainer Nils Lehmann fiel in der Pressekonferenz spürbar ein Stein vom Herzen, schlug aber gleich mahnende Worte an. Schließlich könnte sich sein Team am kommenden Wochenende zum Zünglein an der Waage entpuppen. „Die siebenstündige Rückfahrt muss zum Feiern reichen“, sagte er. „Wir wollen uns nicht so hängen lassen wie Essen nach dem Europapokal-Sieg.“ Der Düsseldorfer sprach aus eigener leidvoller Erfahrung. Erst die Essener Niederlage in Minden ließ die Handballer vom Rhein zuletzt noch einmal kräftig zittern.
Wichtig war die vorzeitige Sicherung des Klassenerhalts vor allem für die Personal-Abteilung. Vor einigen Monaten verlängerten zwar schon Robert Heinrichs und Frank Berblinger ihre Verträge, dann ruhten aber die Gespräche wegen der unsicheren Situation. Angesichts von vier Abgängen (Hegemann, Schröder, Pettersson, Lehmann/Karriere-Ende) muss Manager Frank Flatten, der bislang noch keinen neuen Spieler präsentiert hat, handeln. Auch einige Vertragsverlängerungen lagen bislang in der Schwebe. So auch die des ehemaligen Flensburgers Robert Runge, der an alter Wirkungsstätte bestätigte: „Ich möchte unbedingt in Düsseldorf bleiben.“ Kaum ausgesprochen – da klopfte ihm ein Flensburger Fan anerkennend auf die Schulter: „Und am Sonntag haut ihr Kiel ganz dezent weg.“