Wenn Ljubomir Vranjes mit der SG Flensburg-Handewitt am Wochenende Richtung Spanien aufbricht, wird die Laune mäßig sein. Nach der 24:38-Heimniederlage gegen Ciudad Real im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League tendieren die Chancen auf ein Weiterkommen gegen Null. Dabei lief die Saison bislang gar nicht schlecht.
 
Keine besonders spaßige Dienstreise, die du mit deiner Mannschaft am Wochenende vor sich hast...
Ljubomir Vranjes: Das ist bedauerlicherweise richtig. Wir haben ja eigentlich schon alles im ersten Spiel verloren. Alles, was wir uns vorgenommen hatten, haben wir nicht umgesetzt. Und genau das zeigt eben auch das Ergebnis.
 
Hat man da überhaupt noch Lust, nach Ciudad Real zu reisen?
Ljubomir Vranjes: Es ist sicher nicht einfach, eine Mannschaft in einer solchen Situation zu motivieren. Aber andererseits sind das alles Profis. Die haben ihre Leistung abzurufen, auch wenn ihre Gefühlslage eine ganz andere ist und eigentlich keine Chance besteht, mit 15 Treffern Vorsprung zu gewinnen.
 
Werdet ihr euch schonen für den Liga-Endspurt?
Ljubomir Vranjes: Ich werde sicher häufig wechseln und den Spielern Pausen gönnen, damit wir nicht zu viel Kraft verlieren. Unsere Zukunft heißt dann schon wieder Friesenheim. Und die beginnt bereits am kommenden Dienstag.
 
Immerhin geht es für die SG noch um einen Europacup-Platz.
Ljubomir Vranjes: Das ist noch immer unser Ziel.
 
Trotz der Klatsche gegen Ciudad Real ist die Saison aus SG-Sicht doch recht ordentlich verlaufen.
Ljubomir Vranjes: Das finde ich auch. Es gab zwei Spiele, in denen ich höchst unzufrieden war – daheim gegen Ciudad Real und auswärts bei den Rhein-Neckar Löwen. Sonst haben wir lange und gut und konstant gespielt. Das war angesichts des großen Verletzungspechs, das uns in der gesamten Saison begleitete, so nicht zu erwarten. Wir haben eine tolle Serie hingelegt, als wir neun Mal in Folge nicht verloren. Aber dann kamen Kiel, der HSV und die Rhein-Neckar Löwen. Und in diesen Spielen hat man gemerkt, dass gerade diese drei doch im Niveau noch ein wenig höher liegen als wir.

Zwei dieser drei Klubs wirst du beim Lufthansa Final Four in Hamburg (7./8. Mai) wiedersehen. Rechnest du dir da überhaupt Chancen aus?
Ljubomir Vranjes: Die Chancen sind nicht so groß, da wir bereits im Halbfinale auf die Rhein-Neckar Löwen treffen werden. Aber andererseits ist es lediglich ein einziges Spiel. Und da kann alles passieren. Wenn wir gut drauf sind, können wir jeden Gegner schlagen. Es muss aber eben auch alles stimmen. Ich hoffe ganz einfach, dass wir in Hamburg jenen Lauf bekommen, mit dem wir dann überraschen können. Wir sind der Außenseiter, aber wir verfahren nach dem Motto: Du hast keine Chance – nutze sie.
 
Eure Fans denken da offensichtlich ähnlich. Die Tickets für Hamburg, die der Verein von der TOYOTA HBL erhalten hat, sind so gut wie vergriffen.
Ljubomir Vranjes: Stimmt. Von den 1300 Karten sind gerade mal noch 40 übrig geblieben. Und die werden in den nächsten Tagen ganz sicher auch verkauft werden.
 
In Hamburg wirst du nach wie vor auf euren besten Linkshänder verzichten müssen. Wie geht es denn Oscar Carlén nach seinem Kreuzbandriss?
Ljubomir Vranjes: Jetzt geht es ihm wieder besser, aber unmittelbar nach der Operation hatte er eine wirklich schwere Zeit. Das Knie hatte sich entzündet. Für einen jungen Mann wie ihn ist das vor allem auch psychisch eine große Belastung gewesen. Aber jetzt schaut er wieder nach vorn.
 
Auch den Trainerwechsel hat das Team offenbar gut verkraftet. Wie geht es dir denn mit deinem neuen Bankjob?
Ljubomir Vranjes: Das ist für mich eine ganz neue Erfahrung. Ich war ja schon vorher oft auf der Bank dabei, aber eben nie in der Verantwortung. Insofern lerne ich nun jeden tag dazu. Jetzt macht es mir richtig Spaß, mit dieser Mannschaft zu arbeiten.

Zu Beginn nicht?
Ljubomir Vranjes: Das war nicht so optimal. Wenn du einen Trainerjob übernimmst, dann ist es besser, du machst das zu Saisonbeginn. Aber läuft alles gut.
 
So gut, dass du auch in der kommenden Saison der Trainer der SG Flensburg-Handewitt sein wirst?
Ljubomir Vranjes: In diesem Punkt haben wir uns noch nicht entschieden. Aber egal was passiert: Ich werde auch in der kommenden Saison in Flensburg arbeiten, da mein Vertrag als Teammanager noch bis zum Sommer 2012 läuft.

Von: Arnulf Beckmann