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17.05.2007 -Joel Abati: Au revoir, Bundesliga!

Keine Frage: Joel Abati prägte eine Dekade lang das Gesicht des SG Magdeburg. In wenigen Wochen wird der französische Linkshänder zurück in seine Heimat kehren. Der KONTER sprach mit dem 37-Jährigen.

Joel, du hast sehr lange in der Bundesliga gespielt. Als die Nachricht über deinen Wechsel zum französischen Erstligisten Montpellier kam, hielten das viele für ein Gerücht. Was hat dich zu diesem Schritt bewegt?
Joel Abati: Es war für mich keine einfache Entscheidung. Ich bin ein Franzose, der in inzwischen auch in Magdeburg zu Hause ist. Hier habe ich zehn Jahre meiner Karriere verbracht. Aber die Bundesliga ist nun mal die stärkste Liga der Welt! Hier spielen die Mannschaften nicht nur gegeneinander, die Vereine müssen sich auch europäisch und im Pokal-Wettbewerb behaupten. Wenn man auch noch im Nationalteam steht, ist man nach den vielen Spielen am Ende der Saison körperlich fast tot. In Frankreich ist alles entspannter. Zudem möchte ich meinen Trainerschein machen. Diese Möglichkeit wurde mir in Montpellier zugesichert.

Wirst Du irgendwas an Magdeburg vermissen?
Joel Abati: Oh ja! Vieles! Ich lebe hier seit zehn Jahren, die Freunde hier sind für mich, wie eine Familie geworden. Meine Frau fühlt sich hier wohl, meine Töchter sind hier geboren. Paola, die Ältere ist sogar „Miss Baby-Millennium Magdeburg“ geworden, als sie am 1. Januar 2000 um 0 Uhr auf die Welt kam.

… Und an Deutschland?
Joel Abati: Ich mag die deutsche Küche sehr. Auf Spargel mit Sauce Hollandaise und deutschen Kartoffeln freue ich mich schon eine Jahreszeit vorher. Oder die Bratkartoffeln… Zum Glück muss ich ja in Frankreich nicht auf alles verzichten. Meine Frau hat sehr gut „deutsch“ kochen gelernt. Und was ich natürlich auch vermissen werde, ist die Atmosphäre in den deutschen Handballhallen.

Apropos Hallen: Du wirst oft in den besagten Hallen ausgepfiffen. Wie empfindet man das als Spieler?
Joel Abati: Daran habe ich mich gewöhnt. Als Spieler kann man das auch als Motivation empfinden und Sportler brauchen unbedingt Motivation. Okay, wenn ich als Mensch ausgepfiffen werden sollte, würde das wehtun. Bei so was bin ich, wie jeder andere auch, sensibel.

Einige SG-Fans sagen, dass das Auspfeifen eine Anerkennung deiner sportlichen Qualitäten ist und sie würden – wie bei Frank von Behren oder Ljubomir Vranjes – sofort damit aufhören, wenn Du im SG-Trikot auflaufen würdest. War das je oder ist das für dich eine Option?
Joel Abati (lacht): Bin ich dafür nicht ein bisschen zu alt? Ich fühle mich eigentlich gar nicht alt. Im Sport ist immer alles möglich und grundsätzlich bin ich auch ein offener Mensch. Allerdings habe ich mich in den letzten Jahren beim SCM so wohl gefühlt, dass ich gar nicht über Wechsel nachgedacht habe. Das Publikum in Magdeburg hat mich „adoptiert“. Sie standen immer vorbehaltlos hinter mir, ich fühlte mich in den zehn Jahren nie allein. Das war ein fantastisches Gefühl.

Joel, du setzt dich seit Jahren gegen Rassismus ein. Du besuchst Schulen, redest mit Kindern. Andere bekannte Sportler versuchen auf Krankheiten aufmerksam zu machen. Du hast dir das schwierige Thema Fremdenhass ausgesucht. Warum eigentlich?
Joel Abati: Ich bin ein Ehrenbotschafter von Magdeburg und ein weltoffener Mensch. Persönlich bin ich nicht mit der Problematik konfrontiert worden. Man darf aber nicht vergessen, dass Leistungssportler, die in der Öffentlichkeit stehen, privilegierte Menschen sind. Die Leute schauen dir zu, lernen dich kennen und wissen, dass du in Ordnung bist. Mit meinem Engagement versuche ich meine Familie, meine Freunde zu schützen und ein bisschen die Welt allgemein zu verbessern. Ich finde, dass Offenheit und Toleranz für die Zukunft Europas sehr wichtig sind. Deswegen spreche ich mit Schülern und versuche Vorurteile zu bekämpfen.

Welche positiven Assoziationen hast du mit Flensburg?
Joel Abati: Ich habe mal in der Campushalle einen Pastor einer evangelischen Gemeinde getroffen. Wir haben uns dort länger unterhalten. Er ist gleichzeitig SG- und SCM-Fan. Wir stehen immer noch im Kontakt. Solche Begegnungen machen mich glücklich. Ach so, ich bin auch sehr stolz darauf, ein exzellenter Autofahrer zu sein (er lacht). Ich hatte nie Punkte in Flensburg. Das finde ich auch sehr positiv.

Joel, danke für deine Offenheit und das Gespräch! Zum Schluss möchten wir gerne noch eins wissen: In welcher Position sehen wir dich in Flensburg wieder?
Joel Abati: Vielleicht als Spieler von Montpellier im Rahmen der Champions League. Oder als Trainer einer Mannschaft. Vielleicht komme ich als Tourist. Ich bin sehr gerne in Deutschland!

Joel Abati mit Familie
Von: Zita Newerla