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SG spielt rustikale Russen müde

Wer ist das? Einige Minuten vor dem Abpfiff der Partie zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem HC Sankt Petersburg rätselte ein Zuschauer über einen Spielernamen. Im Gespräch mit seinem Sitznachbarn ging es nicht um einen der teilweise schwer auszusprechenden russischen und ukrainischen Namen, sondern um den Akteur im SG-Trikot mit der Nummer 22. Lennart Carstens, gelernter Kreisläufer, gab sein Königsklassen-Debüt – und personifizierte damit eines der Ziele seines Trainers am Sonntag: das Stammpersonal schonen. „Es war wichtig für unsere zukünftigen Aufgaben", sagte ein zufriedener Per Carlén nach dem 34:22 (17:14)-Erfolg, „dass einige unserer Spieler heute eine Pause machen durften."
Tobias Karlsson kurierte sein Reizknie aus, Dan Beutler seine Blessur an der Hüfte. Und Trainersohn Oscar Carlén mischte wegen seiner lädierten Nase erst in der Schlussphase mit – und auch nur in der Abwehr, weil auch der in den letzten Monaten stark belastete Jacob Heinl etwas kürzer treten sollte. Im Mittelpunkt standen diesmal andere. Torwart Sören Rasmussen etwa, der mit seinen 20 Paraden eine glänzende Quote erzielte. Rechtsaußen Lasse Svan Hansen, der nach verpatztem Derby, wieder zur gewohnten Effizienz zurückfand. Linkshänder und Mittelblock-Ersatz Tamás Mocsai, der einmal 60 Minuten durchspielen durfte. Oder Thomas Mogensen, der mit seinen Emotionen und Jubeltänzen für Kurzweile in der „Hölle Nord" sorgte. „Gegen Kiel war es für ihn sehr hart gewesen, nun hat er wieder ein gutes Gefühl", freute sich Per Carlén.
Eher beiläufig registrierte der SG-Clan, dass er in der Gruppe D der Champions League dort gelandet ist, wo er auch im Februar stehen möchte: auf der zweiten Stelle. Obwohl es im Grunde eines der sogenannten Vier-Punkte-Spiele zweier Tabellennachbarn war und der russische Vize-Meister bis zum 20:19 (36.) im Schlepptau lag, wollte nie Dramatik aufkommen. „Wir wussten, dass wir die bessere Mannschaft sind", sagte Viktor Szilagyi. „Es war klar, dass der Gegner auch kraftmäßig irgendwann nicht mehr mithalten würde."
Bis zum Einbruch, der dann äußerst brutal ausfiel, stellte sich Sankt Petersburg als unbequemer Gegner vor. Die Deckung operierte teilweise rustikal, der Rückraum durchaus wurfgewaltig – wenn auch nicht immer sehr zielgenau. Bestes Beispiel: Mittelmann Ivan Pronin. In der ersten Halbzeit traf er mit voller Wucht Thomas Mogensen auf den Bauch, im zweiten Durchgang erwischte es Tamás Moscai am Kopf. Einige Schwächen im Abschluss und eine wachsende Ungeduld verhinderten überdies, dass die SG frühzeitig alles klar machte.
Dann endete die Deutschland-Rückkehr von Dimitri Torgowanow aber so, wie er sie insgeheim befürchtet haben dürfte. „Innerhalb von fünf Minuten haben wir das Spiel verloren", sagte der Gäste-Trainer und langjährige Bundesliga-Spieler. „So viele technische Fehler darf man sich gegen Flensburg nicht erlauben." Die Russen markierten in 22 Minuten nur ein mageres Törchen, die Hausherren 14. Per Carlén erlebte eine klassische SG: „Torwart, Gegenstoß und zweite Welle sind unsere Waffen."