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Carlén: "Mit einem Superspiel kann’s klappen"

Schleswig-Holsteins Handball-Klassiker zwischen der SG Flensburg-Handewitt und dem THW Kiel fällt heute mit dem internationalen Tag der Katastrophenvorbeugung zusammen - eine hübsche Laune des Kalenders, obwohl man im Sport ja nicht leichthin von Katastrophen sprechen soll. Doch vor dem 65. Derby, das ab 20.45 Uhr (Sport1 live) in der Campushalle steigt, spitzt sich bei den Gastgebern die personelle Situation derart zu, dass die Kommentare von Trainer Per Carlén (Foto) nach der Übungseinheit am Montagabend schon in Richtung Desaster und Prophylaxe tendierten.
Der Schwede bangt vor der Konfrontation mit Kieler Wurfgewalt um sein Abwehrzentrum, dazu im Angriff um Schlagkraft vom Kreis. Michael Knudsen muss sein Comeback wegen einer Sehnenverletzung im rechten Mittelfinger um weitere sechs bis acht Wochen verschieben. Tobias Karlsson wird von einem Reizknie geplagt, ausgelöst durch eine Kapselentzündung. Sein Kompagnon Jacob Heinl spielt ebenso wie der Kapitän seit Februar ohne Pause durch, manchmal im Wortsinne bis zum Erbrechen, was Per Carlèn eine "unmenschliche Belastung nennt". Von Müdigkeit berichtet der junge Nationalspieler, die allerdings auszuhalten sei. Karlsson hingegen müsste dringend pausieren, "Otto Normalverbraucher würde mit einem solchen Knie drei bis vier Wochen ruhig gestellt", sagt SG-Arzt Prof. Dr. Hauke Mommsen.
Beim Leistungssportler sucht man einen Kompromiss, der im Fall des 29 Jahre alten Schweden so aussieht: Einsatz heute nach Physiotherapie und Lymphdrainage, anschließend kein Einsatz gegen St. Petersburg am Sonntag in der Champions League, gegen Friesenheim im Pokal (20. Oktober) und gegen Großwallstadt in der Bundesliga (24. Oktober). Danach ist Pause im Verein, und auch Schwedens Nationalteam muss, so Mommsen, auf Karlsson verzichten. "Es ist ein klassisches Überlastungssyndrom. Man muss es nicht dramatisieren. Aber darf es auch nicht bagatellisieren, sonst bekommt man eine Dauerbaustelle", sagt der Arzt.
SG-Trainer Carlén schlug schon mal Alarm: "Wenn auch Tobias länger fehlen würde, wären wir arm dran." Carlén forderte daher Unterstützung vom Verein: "Dann müssen wir eine externe Lösung überlegen und uns nach einem neuen Spieler umsehen." Davon mag Manager Holger Kaiser noch nichts hören: "Klare Antwort: Nein. Wir sehen keinen Handlungsbedarf. Andere Vereine müssen auch mit zwei Kreisläufern auskommen. Und Knudsen ist in sechs Wochen wieder da." In dieser Hinsicht ist auch Mommsen zuversichtlich. Gestern wurde Knudsen operiert, wobei die gerissene Führung der Mittelfingersehne fixiert wurde.
Immerhin gedieh Per Carléns übriges Personal zuletzt prächtig. "Wir haben uns im Rhythmus der englischen Wochen akklimatisiert. Bus, Flugzeug, Trainingshalle, Spiel - wir gewöhnen uns dran und haben viel gelernt", sagt der SG-Trainer. So sieht er durchaus Chancen, die seit drei Jahren währende Siegesserie des "klaren Favoriten" THW Kiel gegen die SG durchbrechen zu können: "Wir haben drei Mal in Folge gewonnen, am Sonnabend in Sarajewo ein Superspiel gezeigt. Wenn wir wieder ein Superspiel machen und Kiel etwas unter Form spielt, kann es klappen." Auf jeden Fall will er das Spiel der SG durchsetzen und nicht wie im Vorjahr zusammen mit den Kielern aufs Tempo drücken. Da wurde die SG vom Meister am Ende mit 41:33 überlaufen. "Wir dürfen den Glauben nicht verlieren. Auch wenn man fünf Mal verschießt - immer weitermachen mit Vertrauen", sagt Carlén, der für den Fall des Scheiterns moralisch gewappnet ist. Nein, es sei keine Katastrophe, wenn man gegen Kiel verlöre: "Das ist eine Supermannschaft, keine Frage."