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TOYOTA Bundesliga: 25:26 – zu wenig Wurfkraft

Der SG Flensburg-Handewitt ist der Sprung an die Tabellenspitze der TOYOTA Bundesliga nicht gelungen. Sie unterlag dem Spitzenreiter Füchse Berlin knapp, aber unter dem Strich nicht unverdient mit 25:26 (15:14). „Das war ein herber Rückschlag für uns", sagte SG-Geschäftsführer Holger Kaiser in einer ersten Analyse. „Auf den Trainer und vor allem auf die Mannschaft kommt in den nächsten Tagen eine große Portion Arbeit zu, um das zu begradigen; denn unsere Ziele bleiben bestehen."
Zweiter gegen Erster – eine solche Konstellation hatte es in der „Hölle Nord“ schon lange nicht mehr gegeben. Dementsprechend knisterte es von Anfang an vor Spannung unter den 5582 Zuschauern. Sie mussten sich aber lange mit dem Torjubel gedulden. Die SG hatte vor dem Kasten von Nationalkeeper Silvio Heinevetter zunächst Ladehemmungen. Die Berliner hatten schon drei Mal eingelocht, da erlöste Oscar Carlén nach exakt 8:10 Minuten die Kulisse.
Aufgrund der Startschwierigkeiten lief die SG längere Zeit einem Rückstand hinterher. Beim 4:8 und 6:10 führten die Gäste gar mit vier Treffern. Und die Auszeit war bereits aufgebraucht. Zwar eine Milchmädchen-Rechnung, aber passend: Alexander Petersson hatte bei seiner Campushallen-Rückkehr zu diesem Zeitpunkt bereits vier Treffer markiert und machte den Unterschied aus.

Jacob Heinl fliegt gen Berliner Tor. Fotos: Ki.

 Bei der SG kam nun Viktor Szilagyi für Lasse Boesen. Dank Toren von Lasse Svan Hansen und Thomas Mogensen robbte sich die SG auf 8:10 heran.
Keeper Dan Beutler taute immer mehr auf. Die SG lief nun Gegenstöße. Jacob Heinl vollendete nach einem Anspiel von Thomas Mogensen, Oscar Carlén hämmerte den Ball mit voller Wucht in die Maschen. Jubelnd drehte er ab. 10:10, erstmals gab es an diesem Abend stehende Ovationen in der „Hölle Nord“. „Torwart, Abwehr und Gegenstoß haben heute gut funktioniert, damit können wir zufrieden sein", meinte SG-Trainer Per Carlén später.
Füchse-Coach Dagur Sigurdsson zuckte seine grüne Karte, stellte seinen Rückraum kräftig um und beorderte den jungen Colja Löffler vorübergehend zum Wachhund von Oscar Carlén. Der Aufwärtstrend der SG ließ sich aber nicht stoppen. Anders Eggert lochte aus irrem Winkel zum 12:12 ein. Dann war es Thomas Mogensen, der das 13:12 erzielte und danach emotional explodierte. Endlich die erste SG-Führung! Kurz darauf traf der eingewechselte Petar Djordjic zum 14:13. In Überzahl – Bartlomiej Jaszka musste zum Abkühlen auf die Bank – marschierte Oscar Carlén durch und sorgte für den 15:14-Pausenstand.
Auch nach Wiederbeginn hatte die SG Oberwasser. Thomas Mogensen erhöhte auf 16:14. Anders Eggert hatte sogar die erste Drei-Tore-Führung in der Hand, scheiterte jedoch an Silvio Heinevetter. Kurz darauf wurde der Lauf jäh unterbrochen. Der Rückraum tat sich immer schwerer, der Angriff entpuppte sich als Problem. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen", hat Per Carlén eine Aufgabe für die nächste Zeit ausgemacht. „Viele Mannschaften richten ihre Abwehr auf unsere rechte Angriffsseite aus, da wir über links zu wenig Wurfkraft besitzen."

Auf der Nordtribüne herrschte im Spiel prächtige Stimmung.

Berlin hatte eindeutig Vorteile aus der zweiten Reihe. Sven-Sören Christophersen und Alexander Petersson wussten zu überzeugen, während es bei der SG Oscar Carlén häufig auch aus schwieriger Position versuchen musste. Zu allem Überfluss hatte er binnen Kürze zwei Mal Pech, traf nur Pfosten und Latte. Die Füchse machten es besser und führten plötzlich mit 21:18.
Per Carlén wechselte viel, suchte nach der richtigen Aufstellung gegen die gute gegnerische Deckung. Er sah, dass sich sein Team bemühte, mit Herz spielte. Und immer wieder half Dan Beutler seinen Vorderleuten. Beim 20:21 (42.) parierte er einen Siebenmeter gegen Johannes Sellin. Anders Eggert blieb cool und glich zum 21:21 aus. Aber das Ruder wirklich herum reißen konnte die SG nicht. „Flensburg hatte in den letzten Tagen eine größere Belastung als wir, davon haben wir profitiert", meinte Dagur Sigurdsson.
Der Isländer selbst war beim 22:24 (51.) mit einer kuriosen Situation konfrontiert. Einer der beiden Schiedsrichter wollte ihm wegen einer vermeintlichen Unmutsäußerung eine Zeitstrafe aufbrummen. Proteste. Dann meldete sich ein Mann, der hinter dem Trainer saß. Er gab zu, dass er in Richtung der Referees gebrüllt hätte. „Das war sehr fair von ihm in dieser wichtigen Phase", bedankte sich Dagur Sigurdsson.
Auch wenn die SG nun keine Überzahl hatte, meldete sich die SG ein letztes Mal zurück. Nachdem Dan Beutler einen Konter vom Ivan Nincevic pariert hatte, glichen Jacob Heinl und Anders Eggert nochmals aus. Nach dem 24:24 geriet die SG aber erneut mit zwei Toren in Rückstand. Per Carlén nahm seine Auszeit. Lasse Svan Hansen operierte nun als vorgezogene Spitze gegen Bartlomiej Jaszka und beendete den folgenden Ballgewinn mit dem 25:26-Anschlusstreffer. Und noch waren 70 Sekunden zu spielen.
„Im letzten Jahr stand man wenige Minuten vor dem Abpfiff hinter der Bank und hatte trotz eines Rückstandes das Gefühl, dass die Mannschaft das Spiel noch drehen wird", erzählte Holger Kaiser. „Die Konstanz und die Nerven sind uns derzeit etwas verloren gegangen." Die SG kam zwar 30 Sekunden vor dem Schluss noch einmal in Ballbesitz, schaffte es trotz eines Patrik Fahlgrens als siebten Feldspielers nicht, in eine gefährliche Wurfposition zu gelangen. Berlin siegte - übrigens zum ersten Mal seit Dezember 1984 - in Flensburg. „Wir wussten, dass wir heute noch besser spielen mussten als beim Sieg gegen Kiel", strahlte Dagur Sigurdsson nach dem Schlusspfiff. –Ob es uns wirklich gelungen ist, kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber wir sind unheimlich stolz."

Die SG hatte es schwer gegen die Füchse-Deckung.

 

SG Flensburg-Handewitt – Füchse Berlin 25:26 (15:14)
SG Flensburg-Handewitt: Beutler (15/1 Paraden) – Karlsson (1), Carlén (6), Eggert (5/3), Fahlgren, Mogensen (5), Svan Hansen (3), Djordjic (1), Mocsai, Heinl (4), Szilagyi, Boesen
Füchse Berlin: Heinevetter (11 Paraden) – Löffler, Laen (3), Spoljaric, Bult, Sellin (1), Jaszka (3), Nincevic (6/2), Petersson (7), Christophersen (6)
Schiedsrichter: Schaller/Wutzler (Leipzig/Frankenberg); Zeitstrafen: 6:2 Minuten (Mogensen 4, Carlén 2 – Jaszka 2); Siebenmeter: 3/3:3/2 (Sellin scheitert an Beutler); Zuschauer: 5582
Spielverlauf: 0:3 (6.), 1:3 (9.), 2:5 (11.), 4:5 (13.), 4:8 (15.), 6:8 (17.), 6:10 (18.), 10:10 (22.), 10:12 (25.), 13:12 (27.), 14:13 (29.) – 16:14 (31.), 17:15 (33.), 17:19 (37.), 18:21 (40.), 21:21 (47.), 22:22 (49.), 22:24 (51.), 24:24 (55.), 24:26 (58.), 25:26 (29.)


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