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Die Ein-Mann-Show des Viktor Szilagyi

Noch Minuten nach dem Schlusspfiff hallten "Vikor-Szilagyi"-Rufe durch die Campushalle. Frenetisch feierten die 6300 Fans der SG Flensburg-Handewitt den Mann mit der Trikotnummer 23. Mit zehn Toren  hatte der Österreicher die zweite Halbzeit des Heimspiels gegen den TBV Lemgo zur Ein-Mann-Show gemacht und ein schon verloren geglaubtes Spiel noch aus dem Feuer gerissen. Auf der Anzeigetafel leuchtete beim Schlusspfiff ein 23:23, nachdem die Gastgeber nach 46 Minuten noch mit 13:19 zurück gelegen hatten. "Wir haben einen Punkt geholt. Aber der fühlt sich an wie ein Sieg", meinte Trainer Ljubomir Vranjes. Und auch er wusste, bei wem er sich dafür zu bedanken hatte. "Viktor war unglaublich. Er hat das Spiel gedreht", lobte der Schwede - und rätselte: "Ich weiß nicht, woher er die Kraft genommen hat."
In der Tat war Szilagyi im zweiten Durchgang der einzige, der eine gut postierte  Lemgoer Defensive in Verlegenheit brachte, die übrigen SG-Akteure schienen mit ihrer Kraft am Ende. Dabei hatte es nach 38 Minuten schon so ausgesehen, als sei die Partie für den Österreicher vorzeitig zu Ende. Bei seinem Treffer zum 11:15 war der Rückraumspieler im Wurfkreis auf die Hüfte geprallt und mit Schmerz verzerrtem Gesicht zur Auswechselbank gehumpelt. Doch als Lasse Boesen kurz darauf mit dem linken Fuß umknickte und ausgewechselt werden musste, kehrte Szilagyi aufs Spielfeld zurück - und wurde zum Alleinunterhalter. In den letzten 14 Minuten erzielte er acht Treffer und sorgte dafür, dass die 6300 Zuschauer selbst beim 19:23-Rückstand in der 56. Minute ihre Mannschaft weiter unermüdlich nach vorne peitschten. Während die übrigen SG-Spieler und Torhüter Rasmussen im Tor die Lemgoer Offensive verzweifeln ließen, brachte Szilagyi die SG Tor um Tor heran. Und der Mann mit der Nummer 23 setzte auch den Schlusspunkt, holte den finalen Strafwurf und verwandelte ihn eiskalt zum 23:23. Die Zuschauer tobten.
"Das war ein echt geiler Fight", meinte Geschäftsführer Holger Kaiser anerkennend. "Hut ab für das, was die Mannschaft nach dem Final Four an Leidenschaft und Herzblut gezeigt hat. Wenn Spieler und Zuschauer weiterhin emotional so eine Einheit bilden, werden wir in der nächsten Saison viel Freude haben." Auch Kapitän Tobias Karlsson  zog den Hut vor seinen Mitspielern: "Spielerisch lief heute nichts, aber wir haben Kampf, Herz und Willen gezeigt. Ich bin einfach stolz, ein Teil dieser Mannschaft zu sein."
"Wir sind viele verschiedene Charaktere, aber das, was wir heute geschafft haben, ist nur als Mannschaft möglich", sagte Viktor Szilagyi. Der 32-jährige freute sich, "dass ich endlich einmal zeigen konnte, was in mit steckt". Er war sich aber klar darüber, dass seine Mitspieler und die Zuschauer einen ebenso großen Anteil an der erfolgreichen Aufholjagd hatten. "Sören hat wichtige Bälle gehalten, die Deckung bis zum Umfallen gekämpft. Und vorn haben die Kreisläufer mir Räume geschaffen. Am Ende hatten wir und die ganze Halle den Punkt verdient."
Nach den Strapazen mit fünf Spielen in zehn Tagen bekamen die von Verletzungen gebeutelten und abgekämfpten SG-Akteure vom Trainer bis Montag frei. "So viel Freizeit haben wir ewig nicht gehabt", strahlte Karlsson. "Einen Handball kann ich im Moment auch nicht mehr sehen."