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Es hakt noch an vielen Ecken

Die erste Hürde ist genommen. Nicht mit spielerischem Glanz wie in der vergangenen Serie beim 30:21, sondern diesmal mit Kampf, Leidenschaft und starken Nerven in der hektischen Schlussphase. 29:28 (15:15) hatte die SG Flensburg-Handewitt die Auftaktpartie zur Handball-Bundesliga bei der HSG Wetzlar für sich entschieden.
„Hauptsache gewonnen“, meinten Trainer Per Carlén und Teammanager Ljubomir Vranjes unisono. Rechtsaußen Lasse Svan Hansen brachte die Vorstellung der Tabellendritten der vergangenen Serie mit einem anderen Satz auf den Punkt: „Nicht schön, aber erfolgreich.“
Unter dem Strich hatten die Schleswig-Holsteiner den knappen, aber letztendlich doch verdienten Erfolg allein der Treffsicherheit von Oscar Carlén, den individuellen Qualitäten von Thomas Mogensen nach dem Wechsel und dem aufopferungsvollen Kampf von Jacob Heinl im Abwehrzentum zu verdanken. Ansonsten aber hatte es an diesem Abend an vielen Ecken gehakt. „Der Schlüssel waren die Torhüter“, merkte der SG-Trainer kritisch an. Dan Beutler, der eine starke Vorbereitung gespielt hatte, und Sören Rasmussen kamen in den 60 Minuten zusammen auf gerade einmal sieben Paraden. „So etwas kann nicht angehen“, meinte Per Carlén. „Die Abstimmung zwischen uns und der Abwehr hat von Anfang an nicht gestimmt“, versuchte Beutler seinen schwachen Auftritt zu erklären. „Mit jedem Tor ging ich weiter runter. Ich habe viele Würfe berührt, aber es fehlte immer der eine halbe Millimeter.“
Die Unsicherheit der beiden Keeper übertrug sich auf die Vorderleute. Mit dazu bei trugen auch vier Zeitstrafen gegen die Flensburger in den ersten 30 Minuten. „Die Defensive war zu passiv, wir haben nicht agiert und Druck gemacht, sondern nur reagiert“, bemängelte der Teammanager. „Und wenn die Halben über die Mitte kamen, waren wir meist einen Schritt zu spät.“ So geriet der Gast nach einer 3:0-Führung (4.) bis zur 18. Minute mit 7:10 in Rückstand.
Besonders der Wetzlarer Neuzugang Philipp Müller und Linkshänder Daniel Valo bereiteten der SG-Deckung großes Kopfzerbrechen. Sieben Tore erzielte das Duo bereits im ersten Durchgang, weil sie bei neun Metern kaum bedrängt wurden. „Irgendwie hat es heute nicht gepasst“, meinte ein selbstkritischer Jacob Heinl. „Es kann nicht angehen, dass Wetzlar so einfache Tore machen kann. Da müssen wir viel kompakter stehen.“ Mannschaftskapitän Tobias Karlsson pflichtete seinem Nebenmann im Abwehrzentrum bei. „Die Torhüter hätten schon den einen oder anderen Ball mehr halten müssen, aber wir hätten ihnen auch mehr helfen können“, sagte der Schwede.
Auch im SG-Angriff lief längst nicht alles rund. Besonders die linke Seite mit Lasse Boesen und Patrik Fahlgren blieb in den ersten Minuten blass. Erst als für Viktor Szilagyi in der 18. Minute dessen Bundesliga-Premiere im SG-Trikot begann, kam mehr Struktur und Druck in die Angriffsaktionen. Zudem erzielte der Österreicher zwei wichtige Tore. „Das Debüt von Viktor war okay“, meinte der SG-Coach.
Linkshänder Tamás Mocsai hatte dagegen kaum Gelegenheit sich auszuzeichnen. Der Ungar kam lediglich zu zwei Kurzeinsätzen auf Rechtaußen und im rechten Rückraum, als Svan Hansen und Oscar Carlén jeweils eine Zeitstrafe abbrummten. Denn die SG konnte an diesem Abend auf Oscar Carlén nicht verzichten. Der 22-jährige traf fast aus allen Lagen, hatte bei zwölf Würfen lediglich drei Fehlversuche. Dabei war seine Vorbereitung alles andere als überzeugend gewesen. „Ich hatte ein schlechtes Gefühl und nicht 100 Prozent Power“, berichtete der Nationalspieler, der wegen Überlastung des linken Knies in der vorletzten Woche sogar einige Tage hatte pausieren müssen. Doch in Wetzlar war der beste Rükraum-Linkshänder der vergangenen Serie wieder voll da. „Wenn es wichtig wird, zeigt er immer eine unglaublich gute Einstellung. Oscar hat sich heute voll auf das Spiel fokussiert“, lobte Vater Per.
Und noch etwas wurde in Wetzlar deutlich. Die Moral der SG ist intakt. „Als es in der Schlussphase eng wurde, sind wir cool geblieben“, meinte Lasse Svan Hansen. „Es wäre auch unheimlich doof gewesen, nach der 27:24-Führung noch einen Punkt zu verlieren.“
Festzuhalten bleibt dennoch: Bei der SG gibt es noch viel Luft nach oben – sowohl in der Defensive als auch in der Offensive. „Wir können es besser“, meinte Ljubomir Vranjes. „Aber dafür benötigen wir noch ein bisschen Zeit.“