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Zebras lahmten ins Ziel

SG Flensburg-Handewitt contra THW Kiel - das Duell des Pokalsiegers von 2003, 2004 und 2005 gegen den aktuellen und Serien-Cupsieger - hielt den Erwartungen stand. Das der 31:26-Erfolg des Favoriten um einige Treffer zu hoch ausgefallen war, bezweifelte am Ende eines heißen Pokal-Abend allerdings niemand ernsthaft. Schließlich waren es die berühmten Kleinigkeiten, die in der Summe den Ausschlag für den Pokal-Aspiranten ausmachten. Kleine Vorteile beim Duell der Torhüter, ein klares Plus in Sachen Durchsetzungsvermögen aus dem Rückraum und sicherlich einen kleinen aber unnötigen Bonus bei den Schiedsrichter führten den ungeschlagenen Bundesliga-Spitzenreiter durch die kochende Hölle-Nord ins Viertelfinale. Die Hausherren dürfen sich damit trösten, dem alten und wahrscheinlich auch neuen Pokalsieger wie kaum ein anderes Team Widerstand geleistet zu haben und für das spannende Weihnachtsprogramm gut gerüstet zu sein.
Das Stichwort der ersten Minuten war - Zeichen setzen. Dan Beutler parierte zunächst den ersten Wurf der Partie von Kim Andersson, um sich anschließend auch noch einen Strafwurf von Momir Ilic zu schnappen. Auf der Gegenseite machten es Michael V. Knudsen und Lars Christiansen besser, die im Co-Produktion für die 1:0-Führung sorgten. Dann waren es die Kieler, die durch Thierry Omeyer, Filip Jicha und Ilic ihrerseits Zeichen setzten. Resultat war das 3:1 und 4:2 für den Favoriten aus Kiel.
Wie schon im Punktspiel vor zwei Monaten setzte der THW ganz auf die individuelle Überlegenheit seiner Stars, während die SG spielerische Elemente in den Vordergrund stellte. Zwar erwies sich vor allem die Boden-Pässe an den Kreis auf Knudsen als sehr probates Mittel um die Zwei-Meter-Wand des THW auszutricksen, doch die fälligen Strafwürfe verwertete die SG nicht optimal. Früh hatten Christiansen und Anders Eggert Fahrkarten produziert, das 3:6 (11.) war die logische Konsequenz. Auf der Gegenseite schaffte es der ungeschlagenen Bundesliga-Tabellenführer mit »brutalem« Parallelstoß scheinbar kinderleicht immer wieder Löcher in die 6:0-Deckung der Hausherren zu reißen. Schlimmeres als das 4:7 (14.) wusste Beutler zu verhindern. Und da sich im SG-Angriff vor allem Patrik Fahlgren als pfiffiger Ideengeber erwies, Knudsen sicher vom Kreis verwandelte und auch Oscar Carlén mit Volldampf sein Glück fand, hieß es nach umkämpften 15 Minuten 6:7.
Ohnehin bei den Schiedsrichter früh mit dem Meisterbonus bedacht, konnte sich der THW wieder einmal auf seinen Schlussmann Omeyer verlassen. Nahezu jeden Fehler seiner Vorderleute bügelte der Franzose mit starken Paraden aus und rettete seinem Team den dünnen Vorsprung von 9:7 (21.) und 10:8 (23.). Einzig Michael Knudsen kannte keinerlei Respekt vor dem Weltmeister, narrte den THW-Garanten ein ums andere Mal und animierte seine Nebenleute zu Nachahmung.
Heiß wie "Frittenfett", dieses Attribut verdiente sich die SG, die um jeden Zentimeter ihres Hallenbodens fightete. Und wenn die Zuschauer noch auf der Suche nach einer passenden Reizfigur gewesen sein sollten, dann empfahl sich Christian Zeitz in der 25. Minute mit einem klassischen Kopftreffer gegen Thomas Mogensen. Die Folge: Die Halle kochte nun endgültig auf höchster Stufe, Christiansen und Petersson drehte den Spieß und sorgten fur die 11:10-Führung.
Die Kieler Zebras, angesichts des großen Widerstandes der Hausherren zumindest ein wenig beeindruckt, gerieten aus dem Galopp, und mühten sich zum 12:12 (30.). Kurz vor dem Pausentee einer intensiv geführten Partie, sah Alexander Petersson eine Zeitstrafe, die vierte, die sein Team in den ersten 30 Minuten verkraften musste. Bescheidene eine Strafzeit für die Kieler belegt die These, das Schiedsrichtergespann ging nicht mit gleichem Maß zu Werke.
Ganz nach dem Geschmack der Zuschauer eröffnete Torge Johannsen mit dem Treffer zum 13:12 die zweite Halbzeit, dem Mogensen das 14:13 (33.) folgen ließ. Dass 15:13, die erste Zwei-Tore-Führung für die Gastgeber durch Carlén, verlieh dem Underdog Flügel. Schocken ließ sich die Übermacht von der Kieler Förde aber immer noch nicht, selbst als Carlén zum 16:14 nachlegte. Was Kiel nicht schaffte, vermochte hingegen die Unparteiischen, die in Form von Zeitstrafen der SG immer wieder Nadelstiche verpassten. Und trotzdem hätten die wie hungrige Löwen kämpfenden Hausherren das 17:14 nachlegen können, doch Mogensen scheiterte völlig freistehend an Omeyer (38.).
Ungwohnte Anspannung machte sich beim THW bemerkbar, der sich einzig auf Omeyer verlassen konnte. Doch seine Vorderleute zeigten ihrerseits Nerven im Duell mit SG-Keeper Dan Beutler, der immer schwerer zu bezwingen war. Das 17:16 (40.) kennzeichnete die letzte Führung der SG, die sich vehement der Wende widersetzte.
Mit der letzten Trumpfkarte, nämlich der puren Urgewalt, warf der THW in Person von Filip Jicha die 19:17-Führung heraus (44.), die es von nun an mit kleinen Hilfestellungen seitens der Schiedsrichter zu verteidigen galt. Wenn der THW neben Omeyer einen echten Joker im Ärmel hatte, dann war es Jicha. Der Tschechische Model-Athlet sprang für seinen taumelnden Mitspieler in die Bresche und wies mit dem dritten Treffer in Folge zum 20:17 (45.) den Weg ins Pokal-Viertelfinale. Ein regulärer Treffer von Carlén zum 18:20 (46.) wurde die Anerkennung verweigert, was sich nahtlos in das wenig objektive Bild der Spielleitung einfügte. Dennoch waren es nicht unbedingt die Unparteiischen, die dem THW endgültig in die Erfolgsspur verhalfen. Vielmehr schwang sich Omeyer zur schier unüberwindbaren Barriere auf, die SG-Werfer verzweifelten gleich reihenweise. Das 21:18 (49.) durch Johannsen beendete schließlich die zehnminütige Durststrecke der SG, die den Anschluss zu verlieren drohte. In der packenden Schlussphase setzten sich schließlich die besseren Argumente des THW Kiel mit dem überragenden Duo Jicha/Omeyer durch.