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HBW Balingen-Weilstetten

Keine Frage: Dr. Rolf Brack gehört zu den Besten der Trainer-Zunft. Das beweist der promovierte und habilitierte Diplom-Sportwissenschaftler beim HBW Balingen-Weilstetten kontinuierlich. Bereits in die vierte Spielzeit begleitet er den „Underdog“ von der Schwäbischen Alb, der stets zum engsten Kreis der Abstiegskandidaten gezählt wird. Aber immer wieder überraschen die Ballwerfer aus der 34000-Einwohner-Kleinstadt die Experten. Nur ein Beispiel: Im Sommer 2008 schien der HBW entscheidend geschwächt: Mit Stefan Kneer und Martin Strobel hatten sich zwei Leistungsträger verabschiedet. Dennoch verbuchten die Süddeutschen mit 23 Punkten und Platz 15 einen ungefährdeten Klassenerhalt, Dr. Rolf Brack sprach sogar vom „besten Ergebnis in der Vereinsgeschichte“.
Diesmal scheint der anerkannte Handball-Spezialist vor einer noch schwereren Aufgabe zu stehen. Mit Spyros Balomenos, Trainer-Sohn Daniel Brack und dem routinierten koreanischen Linkshänder Chi-Hyo Cho ging gleich ein kompletter Rückraum. In der Vorbereitung zeigte der HBW nur bedingt, dass er auch in dieser Spielzeit konkurrenzfähig ist. „Wir müssen unsere kämpferischen Qualitäten noch mehr in die Waagschale werfen“, forderte der Coach frühzeitig. Doch bislang gab es bis auf den Sieg beim direkten Konkurrenten TSV Dormagen und dem Erreichen des Achtelfinals im DHB-Pokal noch nichts Zählbares. Immerhin: Achtungserfolge gegen die Rhein-Neckar Löwen oder den TBV Lemgo lassen den Rückschluss zu, dass die Süddeutschen im Kampf gegen den Abstieg erneut nicht auf verlorenem Posten stehen. Gerade die Abwehr, zumeist sehr offensiv ausgerichtet, hat sich Respekt verdient. 26 Gegentore im Schnitt – die Defensive der SG Flensburg-Handewitt steht schlechter da. Auch der aus Österreich gekommene Keeper Nikola Marinovic hat sich inzwischen an seine neuen Vorderleute gewöhnt.
Der Angriff ist ganz klar die Achillesferse. In Minden erzielte Balingen nur 19, andere Male auch nur 20 oder 21 Treffer – das ist nicht typisch für die Bundesliga. Das Problem liegt in der Schaltzentrale: Nachdem Sandro Catak sich kurz nach seiner Verpflichtung im Frühjahr einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, wurden die Balinger nochmals auf dem Transfer-Markt tätig. Doch auch der Österreicher Mare Hojc scheint kein Glückspilz zu sein. Zunächst musste er wegen einer Gehirnerschütterung passen, zuletzt machten dem 27-Jährigen Schulter-Probleme arg zu schaffen. Zwei Spezialisten erstellten schließlich eine bittere Diagnose: Das rechte Schultergelenk ist hochgradig entzündet. Eine Operation ist wohl erforderlich, wenn eine letzte zweiwöchige Schonzeit mit Physiotherapie nicht einschlägt.
Die Süddeutschen müssten eigentlich personell nachlegen. „Wir brauchen mehr Torgefahr aus der Mitte“, fordert Dr. Rolf Brack. Doch der HBW musste den Gürtel enger schnallen, die Sponsoren stehen nicht Schlange. Und der passende Akteur muss auch erst einmal auf dem Markt sein. Der Trainer ist wohl dazu gezwungen, „die Leute zu verbessern, die schon seit Jahren für uns spielen.“ Keine Frage: Der „Handball-Doktor“ steht vor seiner schwierigsten Prüfung.

Daten HBW Balingen-Weilstetten