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Horst Theiß: Das grün-weiße Herz

Seit Sommer 1979 verbringt Horst Theiß fast täglich vier Stunden in der Dutenhofener Halle. Diese dient den Bundesliga-Handballern der HSG Wetzlar als Trainingsstätte. „Das ist mein Wohnzimmer“, schmunzelt der 51-Jährige. „Ich bin da mehr als Zuhause.“ Er ist bei den Hessen eine Institution und das Mädchen für alles. Egal, ob die Trikots zu waschen, die Tore aufzubauen oder die Getränke zu mixen sind, oder auch mal Bier zu zapfen ist: „Der Horst“, wie sie ihn bei den Grün-Weißen nennen, packt immer mit an und kümmert sich um alles. „Ich habe ein grün-weißes Herz“, sagt er lachend.

Betreuer Horst Theiß

„Wir hatten immer viel Spaß“, sagt der Linkshänder und erinnert sich an die legendären Feten zurück, als die Dutenhofener Sporthalle, wo die HSG alle Großen der Bundesliga geschlagen hat, innerhalb weniger Minuten nach dem Abpfiff zur größten Kneipe Mittelhessen umfunktioniert wurde, in der, so Horst Theiß, in der Halle „sogar mehrere Kinder gezeugt wurden“. Für das HSG-Urgestein war Rainer Dotzauer der beste aller Trainer in den vergangenen 30 Jahren. „Wie er die Mannschaft vorbereitet, eingestellt und motiviert hat, war vom allerfeinsten“, sagt Horst Theiß. „Wenn wir verloren haben, hat er die Spieler auch schon einmal beleidigt, aber zwei Stunden später war bei einer Kiste Bier alles vergessen.“ Dass Rainer Dotzauer, „der Papa der HSG-Familie“ (Theiß) 1997 als Trainer beim Zweitliga-Spiel in Solingen einen schweren Schlaganfall erlitt, sei das schlimmste Erlebnis seiner Betreuer-Zeit gewesen. Als Horst Theiß selbst am Ende des vergangenen Jahres von einem leichten Schlaganfall heimgesucht wurde und ihm später wegen Diabetes der große linke Zeh amputiert werden musste, dachte der Mann, der früher einmal 140 Kilo auf die Waage brachte seinen mit einer Aufwandsentschädigung dotierten Betreuer-Job aufzugeben. „Aber dann hätte ich daheim nur heulend in der Ecke gesessen“, begründet er, weshalb es ihn dann doch wieder zu seiner Mannschaft zog. „Vielleicht mache ich die 40 Jahre als Betreuer noch voll.“
Die HSG ist sein Leben. Vielleicht sei er wegen der HSG Single, vermutet Horst Theiß, weil ihm wegen seinem Verein die Zeit für eine Partnerin fehle. Wegen der fehlenden Zeit habe er auch keinen Führerschein gemacht, sagt der Mann der am liebsten seinen Urlaub am Dutenhofener See in der Gaststätte „Zum Anker“ verbringt und sich selbst als „HSG-verrückt“ bezeichnet. „Vielleicht nehme ich deshalb auch einen Handball mit, wenn ich einmal den Löffel abgeben und in die Kiste springen muss.“