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TOYOTA Bundesliga: Ein Sieg ziert die Verabschiedungen

Die SG Flensburg-Handewitt hat die letzten theoretischen Zweifel an der Qualifikation zur Champions League ausgeräumt und das letzte Heimspiel dieser Saison gewonnen. Nach dem 34:31 (17:15) gegen den frischgebackenen EHF-Cup-Sieger TBV Lemgo hat der Tabellendritte immerhin 15 der 17 Bundesliga-Auftritte in der laufenden Spielzeit erfolgreich bestritten. Einen besonderen Rahmen nahm die Verabschiedung von Lars Christiansen, Johnny Jensen, Torge Johannsen, Alexander Petersson und Alen Muratovic ein.
Die feierliche Zeremonie hatte schon vor dem Anpfiff eine Ouvertüre. Die „Hölle Nord“ verdunkelte sich, die Bässe von AC/DC hämmerten durch das Rund. Schön teuflisch war es, als Johnny Jensen ein letztes Mal in die Campushalle einlief. Ein dreiminütiger Clip mit den besten Szenen des Norwegers flimmerte über die Videowall. „Wir werden dich sehr vermissen“, sagte Boy Meesenburg, der Vorsitzende des SG-Wirtschaftsbeirats, und überreichte Johnny Jensen eine Uhr – natürlich mit der Gravur „Handballgott“.
Im Spiel wanderte nach exakt 13:25 Minuten ein Raunen über die Ränge. Lars Christiansen stürmte über das Parkett. Er netzte ein. Jedes Tor konnte nun sein letztes in der „Hölle Nord“ sein. Das 7:5 war es noch nicht. Insgesamt drückten aber die Rückraum-Reihen dem Geschehen ihren Stempel auf. Lasse Boesen markierte mit seinem fünften Treffer das 17:14, Michael Kraus machte postwendend das halbe Dutzend voll. 17:15 – der Pausenstand! Ein mächtiger Wurf von Oscar Carlén aus 18 Metern zählte nicht mehr. Erst nach der Sirene, meinten die Schiedsrichter.
Nach dem Seitenwechsel hielt die SG bis zum 19:16 ihr Polster. Der TBV Lemgo, bei dem der zukünftige SG-Akteur Tamas Mocsai eine gute Figur machte, gab nicht klein bei und ließ sich die zweitätige Europapokal-Sause nicht anmerken. Die SG-Abwehr fing sich zu viele Treffer über den Kreis. Zu allem Überfluss scheiterte ausgerechnet Lars Christiansen mit zwei Siebenmetern an Martin Galia. Plötzlich hieß es 20:23. Nach 38 Minuten nahm Per Carlén seine Auszeit.
Die SG legte den Schalter noch einmal um. Johan Sjöstrand, der nach der Halbzeit ins SG-Gehäuse gegangen war, überzeugte mit einigen Paraden. Die SG gewann wieder Oberwasser. Nach exakt 49:29 Minuten erzielte Lars Christiansen die 28:27-Führung. Sein letzter Treffer in der Campushalle nach 14 Jahren. Ein gutes Händchen hatte auch Linkshänder Alexander Petersson. Er markierte das vorentscheidende 33:30, zugleich das 25000. Pflichtspiel-Tor der SG seit ihrer Gründung 1990.

Johnny Jensen wurde bereits vor dem Anpfiff verabschiedet.

Am Ende waren alle zufrieden. Auch die Lemgoer wussten, mit der Niederlage zu leben. „Wir waren zwar etwas zu nachlässig in der Abwehr, haben uns aber ganz gut verkauft", sagte TBV-Linksaußen Jens Bechtloff. „Die Rhein-Neckar Löwen oder Gummersbach haben hier richtige Packungen verpasst bekommen." SG-Teammanager Ljubomir Vranjes kommentierte genüsslich: „Ich bin sehr zufrieden, dass wir uns diese Saison mit einem Sieg von unseren Zuschauern und Fans verabschieden können."
Mit dem Schlusspfiff war das Handball-Spektakel noch nicht vorbei, es ging erst richtig los. Nach dem gewohnten „Humba Täterä" mit der Nordtribüne verdunkelte sich das Licht. Auf einer Längsseite reihte sich die Mannschaft auf, auf der anderen hielten Mädchen großformatige Fotos der scheidenden SG-Handballer. SG-Präsident Frerich Eilts und SG-Geschäftsführer Holger Kaiser entließen Alen Muratovic, Torge Johannsen und Alexander Petersson feierlich aus dem SG-Kader.
Nun war Lars Christiansen an der Reihe, der SG-Rekordspieler. Seine Laudation hatte SG-Gesellschafter Manfred Werner übernommen. Der damalige Manager war maßgeblich an der Verpflichtung des dänischen Linksaußen vor 14 Jahren beteiligt. Er lobte Lars Christiansen als tadellosen Sportler und charakterstarken Menschen, für seine riesige Treue. „Wir sollten nicht traurig sein, dass er geht“, sagte Manfred Werner. „Wir sollten froh sein, dass er uns 14 Jahre lang seinen begeisternden Handball gezeigt hat.“
Dann verwandelte sich das Spielfeld in einen Party-Saal. SG-Medienpartner R.SH sorgte für gute Laune, bis sich die Mannschaft – frisch geduscht – den Weg durch die Menge zur Bühne bahnte. Die Fan-Clubs überreichten nun ihre Abschiedsgeschenke. „Es war ein ganz spezieller Abend", sagte Johnny Jensen und versprach: „Am 15. August, zum Abschiedsspiel meines Freundes Lars Christiansen, komme ich wieder nach Flensburg." Der hatte das Schlusswort. „Ein Handballer existiert nicht ohne seine Fans", sagte Lars Christiansen. „Das ist jetzt kein Satz, das meine ich ehrlich. Ich habe mit euch eine hervorragende Zeit verbracht, ich werde euch vermissen."

Auf Wiedersehen, Lars Christiansen! Fotos: Ki.

Mehr Fotos vom Saison-Ausklang (Fotos: Ki) 


SG Flensburg-Handewitt – TBV Lemgo 34:31 (17:15)
SG Flensburg-Handewitt: Beutler, Sjöstrand – Karlsson (2), Carlén (6), Eggert (1/1), Fahlgren (3), Mogensen (1), Svan Hansen (2), Christiansen (4), Heinl (4), Pettersson (4), Boesen (7)
TBV Lemgo: Lichtlein, Galia – Glandorf (1), Mocsai (4), Hermann (6), Strobel, Kraus (6/2), Ilyés, Kubes, Bechtloff (2), Kehrmann (6), Preiß (5), Svavarsson (1)
Schiedsrichter: Methe/Methe (Vellmar); Zeitstrafen: 4:6 Minuten (Karlsson 2, Mogensen 2 – Preiß 4, Svavarsson 2); Siebenmeter: 3/1:2/2 (Christiansen scheitert zwei Mal an Galia); Zuschauer: 6300 (ausverkauft)
Spielverlauf: 1:2 (4.), 3:2 (7.), 5:4 (12.), 7:5 (14.), 7:7 (16.), 9:7 (18.), 11:9 (21.), 12:11 (24.), 15:11 (25.), 15:13 (27.), 17:14 (29.) – 19:16 (32.), 20:18 (34.), 20:23 (39.), 22:23 (40.), 22:25 (42.), 25:25 (45.), 25:27 (47.), 31:27 (53.), 32:30 (58.)


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