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„Das war eine Machtdemonstration“

Im Triumphzug in die Champions League – das ist das Motto der SG Flensburg-Handewitt im Endspurt der Handball-Bundesliga. Schade, dass am 2. Juni gegen den TBV Lemgo schon der letzte Heimauftritt ansteht. Die grandiosen Spiele gegen die Rhein-Neckar Löwen und nun gegen den VfL Gummersbach machen Appetit auf mehr. Auch am Sonnabend hielt es am Ende niemanden mehr auf seinem Sitz. 6300 Fans feierten den 34:25 (17:13)-Sieg, mit dem die SG Rang drei weiter festigte. Drei Punkte noch aus den Spielen gegen Lemgo sowie in Minden und Hannover – dann ist ein Erfolg perfekt, der vor der Saison utopisch schien.
„Das war eine Machtdemonstration“, schwärmte SG-Trainer Per Carlén, „Abwehr, Torwart, Tempogegenstoß – einfach super.“ Selbst sein Kollege Sead Hasanefendic stimmte in den Lobgesang ein. „Man kann nur noch staunen, wie Flensburg spielt. Schon die erste Halbzeit gegen die Löwen war das Beste, was ich seit langem gesehen habe. Das war Leidenschaft, Tempo, Timing“, meinte der VfL-Coach, der sich trotz der Niederlage an der großartigen Atmosphäre in der Campushalle erfreute.
Die Stimmung hatte schon nach zehn Minuten wieder das Niveau vom Sonntag zuvor erreicht. Die Flensburger hatten mit einer 6:1-Führung die Fronten fast geklärt. In einer Auszeit gelang Hasanefendic zunächst Schadensbegrenzung, indem er Spielmacher Viktor Szilagyi und Kreisläufer Robert Gunnarsson brachte, die Gummersbach auf 5:7 und später auf 10:11 (22.) heranführten. Näher kamen die Gäste danach nie mehr.
„Es ist unglaublich, dass wir fast so weitermachen wie gegen die Löwen. So spielt man sonst nur ein Mal alle zehn Jahre“, meinte Thomas Mogensen, der das Team mitriss und vor Energie sprühte. Basis für den Erfolg war wieder die Deckung, die sich vom Schiedsrichtergespann Geipel/Helbig nur kurz irritieren ließ. Die Spielleiter beurteilten das Abwehrverhalten der SG von Beginn an sehr restriktiv, doch darauf stellten sich die Flensburger bald ein. Herausragendes leisteten erneut Tobias Karlsson und Jacob Heinl im Zentrum gegen den wie ein Berserker rangelnden Gunnarsson.
Dabei hatte Youngster Heinl auch noch mit Nachwirkungen einer Magen-Darm-Grippe zu kämpfen. In der Halbzeit musste er sich übergeben, dann meldete sich Heinl heldenhaft wieder spielbereit, wie Trainer Carlén berichtete: „Das gibt es sonst nur im Kino. Das macht unsere Mannschaft aus. Ich habe 14 Krieger.“
Aus der stabilen Abwehr mit einem überragenden Dan Beutler (18 Paraden) im Rücken brandete eine zweite Welle Richtung Gummersbacher Tor, die von den Gästen nie einzudämmen war. Zudem entpuppt sich Tobias Karlsson immer mehr als Glücksgriff der Saison. Der Schwede, der im Juni 29 Jahre alt wird, galt anfangs als reiner Abwehrspezialist. Nun zeigt er Qualitäten als Kreisläufer, die er selbst kaum vermutet hatte. „Vor dieser Saison habe ich nie richtig am Kreis gespielt, außer wenn mal meine Rückraumposition aufgelöst wurde“, sagte der gelernte Halblinke. Von dort fehlt ihm seit einer Schulterverletzung die Wurfgewalt, doch für fünf clevere Treffer vom Kreis gegen Gummersbach reichte es locker.
Die Partie wurde in der zweiten Hälfte immer giftiger, was besonders Oscar Carlén befeuerte. Der Trainersohn lieferte sich einige Scharmützel mit den Gummersbachern und hatte seine Freude dran. „Man steckt viel ein, und man teilt aus. So soll es sein,wenn der Dritte gegen den Sechsten spielt: Viele Emotionen – das ist mein Handball“, meinte der siebenfache Torschütze. Über 20:14 (36.) setzte sich die SG vorentscheidend auf 24:17 (40.) ab – der Rest war ein Schaulaufen.
Am Rande der Partie verdichteten sich die Anzeichen, dass Torhüter Johan Sjöstrand zum FC Barcelona wechseln wird. „Wir sind uns fast einig. Es sind nur noch Details zu klären“, sagte Teammanager Ljubomir Vranjes. Auch die Suche nach Ersatz sei weit vorangeschritten. Zwei skandinavische Keeper stehen in der engeren Wahl. Wie die meisten anderen Spitzenmannschaften wird die SG mit Blick auf die fast erreichte Champions League auf ein Gespann von zwei routinierten Kräften setzen und vom Modell „Alt plus Jung“ abrücken. Zudem steht nach Informationen unserer Zeitung der endgültige Abschied von Torge Johannsen bevor. Der nach Hannover ausgeliehene Rechtsaußen kehrt aller Voraussicht nach nicht zur SG zurück. Eine Bestätigung dafür gab es aber noch nicht.