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29 Paraden: Sjöstrands „galaktischer“ Einstand

Der erhoffte Auftaktsieg, begeisterte Zuschauer und ein Torwart-Debüt,das die Handball-Bundesliga in ihrer 32-jährigen Geschichte wohl noch nicht erlebt hat – Johan Sjörstrand war beim 32:22 (14:11) der SG Flensburg-Handewitt über FA Göppingen der „Mann des Abends“.Flensburg
„Boah!“ Das war zunächst das einzige, was Lars Christiansen zu sagen hatte. Der Linksaußen der SG Flensburg-Handewitt, der sonst nie um eine Antwort verlegen ist, musste erst ein bisschen nachdenken, wie er die Leistung von Torhüter Johan Sjöstrand einordnen sollte. „Das war besser als überragend“, meinte der SG-Routinier nach einigen Augenblicken – „Weltklasse“!
Auch die anderen SG-Spieler mussten überlegen, um für den Bundesliga-Einstand des 22-jährigen schwedischen Keepers das passende Wort zu finden. „Unglaublich“ war das meist genannte, das treffendste lieferte Thomas Mogensen: „Galaktisch!“ 29 Würfe hatte Sjöstrand beim 32:22 (14:11) der Flensburger über FA Göppingen abgewehrt und damit fast allein den Grundstein  für den erfolgreichen Saisonstart gelegt.
„Eigentlich waren es sogar 30“, meinte Team-Manager Ljubomir Vranjes. „Denn der Wurf von Jurca  zum 29:22 war nicht drin.“

Lasse Svan Hansen erzielte fünf Treffer.

Der Auftritt des jungen Schweden brachte auch die 5300 Zuschauer in der Campushalle in Verzückung. Als Sjöstrand beim Stand von 23:20 in der 46. Minute gerade einen Göppinger Gegenstoß pariert hatte, hielt es die SG-Anhänger nicht mehr auf ihren Sitzen. Es gab Szenen-Applaus und stehende Ovationen für den Debütanten im SG-Trikot. In den letzten 15 Minuten ließ er ganze zwei Gegentreffer zu und brachte die Göppinger mit seinen Wahnsinns-Reflexen schier zur Verzweiflung. Die Höchststrafe „verhängte“ Sjöstrand gegen Lars Kaufmann, als er in der 53. Minute einen Wurf des Nationalspielers fing und mit einem Pass zu Lasse Svan Hansen den Gegenstoß zum 27:21 einleitete.
Dabei hatte Johan Sjöstrand bis zum Mittag noch gar nicht gewusst, dass er am Abend 60 Minuten zwischen den Pfosten stehen würde. Kurz vor 13 Uhr hatte Trainer Per Carlén angerufen und ihm mitgeteilt, dass Dan Beutler nicht zum Spiel kommen werde, weil er bei der Geburt seiner Tochter dabei sein wolle. „Bis dahin hatte ich keine Ahnung“, erzählte Sjöstrand. Danach stieg der Adrenalinspiegel von Minute zu Minute. „Als wir einliefen, war ich unheimlich nervös“, gestand der 22-Jährige. Aber als er die ersten zwei, drei Bälle pariert hatte, wurde er immer sicherer. „Denn es ist unheimlich wichtig, dass du gut in so ein Spiel reinkommst.“ Und wie Sjöstrand ins Spiel hineinkam! 13 gehaltene Würfe im ersten Durchgang, sogar 16 in der zweiten Hälfte. „Es war einfach fantastisch“, strahlte Sjöstrand. Er wusste aber auch, dass ihm seine Vorderleute die Arbeit erleichtert hatten. „Die Abwehr hat mit mir  super zusammen gearbeitet.“
Auch Per Carlén hätte sich keine bessere „Vaterschaftsvertretung“ für Dan Beutler wünschen können. „Johan war der Matchwinner“, lobte der Trainer die eigentliche Nummer zwei im SG-Tor. Und Team-Manager Ljubomir Vranjes ergänzte: „Ich habe in den vergangenen sechs Monaten auf der Bank die Statistik geführt, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt.“
Die sportlich Verantwortlichen verloren aber trotz aller Begeisterung über „Super-Sjöstrand“ nicht den Blick für die Realität. „Das Spiel war nicht so deutlich, wie es das Ergebnis aussagt“, räumte Carlén ein. Wie schon so oft hatte seine Mannschaft zu Beginn der zweiten Hälfte, als eine 16:12-Führung innerhalb von vier Minuten verspielt wurde, einen „Durchhänger“. „Dieses Problem hatten wir schon in der vergangenen Saison. Wir arbeiten daran, aber es ist schwer.“
Doch mit unbändigem Einsatz und Sjöstrands Paraden ins Serie überbrückte die SG diese Schwächephase. „Wir haben gekämpft wie die Wilden“, meinte Lars Christiansen. „Das ist die neue SG.“ Die glaubt auch Geschäftsführer Holger Kaiser gesehen zu haben: „Die Leidenschaft ist rüber gekommen. Ich freue mich auf eine gute Saison.“