Stripes
Stripes
Archiv

Montpellier HB

Patrice Canayer lässt seine Mannschaft Aufwärm-Übungen praktizieren. Er hat Zeit, kurz einen Ausblick auf die Hauptrunde der Champions League zu wagen. „Eines ist absolut klar“, sagt der Coach von Montpellier HB. „Wir werden schöne Spiele in dieser Gruppe erleben. Keine ist so ausgeglichen wie diese.“ Wenn er das sagt, muss es stimmen. Schließlich ist Patrice Canayer der französische Trainer-Guru schlechthin.
1994 zog es den heute 47-Jährigen von Paris an die Mittelmeerküste. Auf Anhieb wanderte 1995 die erste Meisterschaft nach Montpellier. Bis heute zieren neun weitere Meisterschaften (1998-2000, 2002-2006, 2008), acht nationale Pokal-Triumphe (1999-2003, 2005, 2006, 2008) und vier Ligapokale (2004-2007) den Briefkopf des französischen Ausnahmeklubs.

Michael Guigou wurde mit Frankreich Weltmeister.

Trotz dieser beeindruckenden Bilanz gab es zuletzt drei Männer, die Patrice Canayer in punkto Popularität klar den Rang abgelaufen haben. Warmer Applaus empfing Daouda Karaboué, Michael Guigou und Joel Abati vor dem Spiel gegen die SG Flensburg-Handewitt im „Le Palais des Sports René Bougnol“. Das „MHB-Trio“ ist frischgebackener Weltmeister, eine Welle der Euphorie schwappte ihnen entgegen, als sie am 4. Februar, punkt 13.05 Uhr, mit der Goldmedaille im Gepäck in der Viertel-Millionen-Stadt landeten. Linksaußen Michael Guigou war Frankreichs bester Schütze, Daouda Karaboue ist der zweitbeste französische Keeper und Joel Abati – extra für die Finalrunde nachnominiert – setzte das I-Tüpfelchen auf seine großartige Karriere.
Neben den drei aktuellen Champions stehen im Kader von Montpellier weitere Asse. Mladen Bojinocic etwa, der nicht nur ein gefährlicher Rückraumspieler, sondern auch ein Pokerface ist. Der Serbe war vor über einem Jahr bei einigen Bundesligisten im Gespräch, äußerte sich auf Anfragen von Journalisten nur mit „I don`t know“ und unterschrieb dann am Mittelmeer doch einen neuen Vertrag.

So jubelte Montpellier im März 2005.

Der 32-jährige war schon beim Königsklassen-Viertelfinale 2005 gegen die SG (36:22, 19:32) dabei. Einer der wenigen, die aus dem damaligen Kader verblieben sind. Neben Michael Guigou und Daouda Karaboué kann sich nur noch der tschechische Kreisläufer-Routinier David Juricek an dieses besondere Handball-Kapitel erinnern.
Seither hat das handballerische Vorzeige-Projekt in Frankreich seine Fühler über das Mittelmeer ausgestreckt. Es hat sich eine kleine „Tunesien-Auswahl“ gebildet. Mit Wissem Hmam, dem wurfgewaltigen Halblinken, dessen Stern bei der WM 2005 aufging, dem umsichtigen Spielmacher Heykel Megannem und dem kompromisslosen Kreisläufer Issam Tej stehen drei Nordafrikaner im aktuellen Aufgebot. Es waren sogar einmal mehr.
Das MHB-Kollektiv war bislang nur auf internationaler Bühne verwundbar, in der heimischen Liga marschierte man souverän. 14 Partien endeten mit 14 Siegen. Die Verfolger Chambery und Tremblay liegen bereits vier beziehungsweise acht Zähler zurück. „Das Verhalten meiner Mannschaft, die nie in Panik verfällt, hat mir bislang sehr gefallen“, bilanziert Patrice Canayer. „Im Februar und März werden wir allerdings alle drei Tage sehr wichtige Spiele haben. Dann müssen wir beweisen, ob wir titelfähig sind.“

Montpellier HB in der Saison 2008/2009. Hintere Reihe von links: Nebojsa Stojinovic, Joel Abati, Remi Salou, Alexandre Pongerard, Cedric Burdet, Daouda Karaboue. Mittlere Reihe: Olivier Maurelli (Physis-Trainer), Mladen Bojinovic, Luka Karabatic, Adrien Di Panda, Pierre Andry, Wissem Hmam, William Accambray, Issem Tej, Yann Montiege (Physiotherapeut). Vordere Reihe: Fabrice Grasset (Co-trainer), Jan Sobol, Heykel Megannem, David Juricek, Michael Guigou, Samuel Honrubia, Alexandre Tomas, Patrice Canayer (Trainer).