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Lasse Boesens Kunstwurf wird nicht belohnt

Fynn Holpert hatte sich schnell entschieden, worüber er sich mehr ärgerte. Es war weniger der falsche Pfiff von Schiedsrichter Holger Fleisch, der dem SG-Manager die Laune verdarb. "Daran will ich mich nicht lange festhalten, sondern vielmehr an den ersten 50 Minuten, in denen wir zu statisch im Angriff und ohne Aggressivität in der Abwehr gespielt haben", meinte Holpert nach dem 27:27 (12:14) bei der bisher sieglosen HSG Wetzlar.
Die dramatische Zuspitzung in der finalen Szene hatte sich die Mannschaft von Trainer Kent-Harry Andersson selbst eingebrockt. Fast wäre noch ein unverdienter Sieg gelungen, doch das Glück war in diesem Fall mit der tüchtigen Heimmannschaft. Lasse Boesen hatte mit einem in der Schluss-Sekunde zugesprochenen Freiwurf aus unmöglichem Winkel ins Tor getroffen. Fast von der Linksaußen-Position beförderte der Däne den Ball an der Wetzlarer Mauer vorbei an den rechten Innenpfosten, von wo er ins Netz sprang.
Doch Schiedsrichter Holger Fleisch gab den Treffer nicht, weil sich der Wetzlarer Georgios Chadikis zu früh aus der Mauer bewegt hatte. Rot für den Griechen, kein Tor für Flensburg - eine krasse Fehlentscheidung, wie auch der Unparteiische gegenüber Holpert später einräumte. "Er hat sich entschuldigt und gesagt, dass ihm sein Fehler leid täte", berichtete der Manager.
Wütend bedrängten die SG-Spieler die Unparteiischen. Holger Fleisch und Jürgen Rieber ergriffen die Flucht. Co-Trainer Per Carlen und Holpert gelang es, die Gemüter zu beruhigen, bevor es zu ernsten Handgreiflichkeiten kam. Boesen durfte noch einmal werfen, doch zwei Mal hintereinander gelingt so ein Kunststück natürlich nicht.
Besonders Christiansen, der den Schiedsrichtern im ersten Moment ebenso wie Muratovic und Jensen ans Leder wollte, erregte sich: "Wir machen ein Klasse-Tor und profitieren nicht davon, das ist bitter", sagte der Linksaußen. Ein Protest gegen das Resultat ist nicht möglich, weil es sich um eine Tatsachenentscheidung handelte.
Am Ende hatten aber alle Flensburger eingesehen, "dass wir hier mit einem blauen Auge davongekommen sind" (Holpert) und "ein Punkt gewonnen wurde" (Trainer Andersson). Denn nahezu über die gesamte Spielzeit hatten die Gastgeber in Führung gelegen. "Wetzlar war 50 Minuten lang besser. Wir haben ganz schlecht gespielt und hatten viele Ballverluste", meinte Andersson.
Der SG gelang es nicht, Muratovic und Boesen in Wurfposition zu bringen, auch über den Kreis ging gegen Wetzlars gut eingestellt 5:1-Abwehr kaum etwas. "Es fehlte die Bewegung ohne Ball", kritisierte Holpert. Deutlich sei zu sehen gewesen, dass Michael Knudsen nach seiner Erkrankung noch die gewohnte Form sucht - sowohl als Kreisläufer als auch in der Abwehr. Im Deckungszentrum nahm diesmal auch Johnny Jensen seine Auszeit, womit das gesamte Defensivgefüge ins Wanken geriet. Auch Spielmacher Thomas Mogensen bekam vom Manager sein Fett weg. "Was er vorn gut macht, fehlt ihm in der Deckungsarbeit. Er muss beides auf hohem Niveau spielen. Da war Thomas im vergangenen Jahr schon weiter", sagte Holpert, der in Wetzlar auch mit Mogensens Offensivleistung nicht zufrieden war.
Beim Kurzeinsatz von Ljubomir Vranjes lief das Angriffsspiel flüssiger. Der Schwede musste sein Comeback jedoch nach der Pause beenden. Nach dem Kaltstart plagten Vranjes muskuläre Probleme. "Wenn Ljubo fit ist, kann er uns sehr helfen", meinte Holpert.
24:21 (48.) und 26:23 (52.) hatten die Gastgeber bereits geführt, bevor sich die SG plötzlich auf ihre Stärken besann und angemessenes Engagement entwickelte. Tor um Tor holten die Flensburger auf. Oscar Carlén erzielte in der 57. Minute das 26:26. Christiansen gelang mit seinem sechsten verwandelten Siebenmeter 75 Sekunden vor Schluss erstmals die Führung, die Smoler neun Sekunden vor Spielende auf gleiche Weise egalisierte. Es folgten die turbulenten Momente.
Nun freut sich Holpert auf die Champions League, die für die SG am Sonntag mit dem Auswärtsspiel bei MKB Veszprem beginnt. "Das ist ein großer Gegner, da werden alle wach sein."