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Wie aus dem längsten der größte Trainer werden kann

In einer Hinsicht setzt der Stralsunder HV ein Maximum. Er hat den längsten Trainer. Exakt zwei Meter misst Zdenek Vanek. Der ehemalige tschechische Abwehrhüne ist eine stattliche Erscheinung. Mit seiner neuen Aufgabe betritt er allerdings Neuland, hat noch viel Respekt vor den Größen seiner Branche. „Ein Martin Schwalb leistet seit Langem gute Arbeit“, schwärmt er. „Von den Erfolgen eines Noka Seradrusic ganz zu schweigen.“
Seine sportliche Vita muss der 40-Jährige aber keineswegs verstecken. Mit Dukla Prag feierte der 168-fache Nationalspieler mehrere tschechische Meisterschaften, gehörte bei zwei Olympischen Spielen (1988, 1992), drei Welt- und zwei Europameisterschaften zum Aufgebot seines Landes. Seit 1992 liegt für Zdenek Vanek das sportliche Wirkungsfeld in Deutschland. Nach den Zweitligisten Günzburg und Suhl glückte mit dem dritten, dem ThSV Eisenach, 1997 der Vorstoß ins Oberhaus. Wuppertal und Lübbecke folgten. „Jede Station hatte seine besonderen Reize“, erinnert sich Zdenek Vanek.

Die letzte Station sollte über einige Umwege – unter anderem nach Engagements beim Regionalligisten Duderstadt und Zweitligisten Eisenach – das Trainer-Tor zur Eliteklasse öffnen. Beim Stralsunder HV hatte er nach der Serie 2003/4 seine aktive Karriere beendet. Dorthin kehrte er nun zurück. Als im Juni plötzlich der Stralsunder Trainerstuhl vakant war, gehörte Zdenek Vanek schnell zu den Kandidaten und machte schließlich das Rennen. „Meine Kontakte an die Ostsee hatte ich in den letzten vier Jahren gepflegt“, sagte der Tscheche mit einer gewissen Genugtuung. Die Atmosphäre am der Ostsee beschleunigte seine Unterschrift auf dem Zwei-Jahres-Vertrag. „Wasser und Hafen – das ist etwas anderes als Binnenland. Hier kann man sich entspannen und Kraft tanken.“
Seine Familie macht den Luftwechsel allerdings nicht mit. Sie bleibt in Thüringen, in Eisenach. „Es war in der Vergangenheit nicht immer leicht, wir sind in 16 Jahren acht Mal umgezogen“, berichtet Zdenek Vanek. „Nun soll Jakub, der ältere meiner beiden Söhne, erst einmal sein Abitur machen, dann sehen wir weiter.“ Immerhin: Für die 622 Kilometer zwischen Rügendamm und Wartburg hat man eine Zugverbindung ohne Umsteigen entdeckt.
An Wochenenden, in den Ferien und in längeren Spielpausen möchten sich die handballbegeisterten Vaneks so oft sehen wie möglich – und immer hören, wie es in Stralsund läuft. Die Aufgabe hat der Familienvater zur „sportlichen Herausforderung“ erkoren. Weniger weil er – wie die Großen der Zunft – auf einen vielschichtigen Mitarbeiterstab verzichten muss und selbst das „Mädchen für alles“ verkörpert. Sondern wegen der Chancen im Kampf um den Klassenerhalt. „Jeder stempelt uns zum ersten Absteiger ab“, weiß Zdenek Vanek. „Wir müssen aus einem schwierigen Puzzle das Beste machen.“ Wenn ihm das gelingt, ist er zumindest für die Stralsunder Fans nicht nur der längste Trainer, sondern auch der größte.