Stripes
Stripes
Archiv

Marcin und Krzysztof Lijewski: In Hamburg vereint

Es hat in der Handball-Bundesliga schon Zwillinge gegeben, die gemeinsam für einen Verein spielten. Etwa in den 80er Jahren Michael und Ulrich Roth. Oder in der letzten Saison Michael und Phillip Müller, die beide im Rückraum des TV Großwallstadt standen. In beiden Fällen konnten die Brüder zur gleichen Zeit auf dem Spielfeld stehen, da sie unterschiedliche Positionen bekleideten. Bei den polnischen Geschwistern Marcin und Krzysztof Lijewski verhält es sich anders.
Sie sind beide Linkshänder und entfalten ihre Torgefahr jeweils im rechten Rückraum. Das heißt: Die Brüder können eigentlich nicht für ein Team gleichzeitig auf dem Spielfeld stehen. Nur einer kann spielen, während der andere auf der Auswechselbank sitzt und seinen Verwandten anfeuert. Dennoch haben sich die beiden Linkshänder beim HSV Hamburg einen Traum erfüllt: gemeinsame Ziele nicht nur in der Nationalmannschaft, auch im Verein.
In der Jugendzeit war an gemeinsame Spiele nicht zu denken. Krzysztof ist fast sechs Jahre jünger als Marcin. Vielmehr war der ältere für den jüngeren immer ein Vorbild. „Er ist für mich neben Olafur Stefansson der beste Linkshänder der Welt“, schwärmt Krzysztof noch heute von seinem Bruder. Marcin war der Vorreiter, feierte frühzeitig mit Wybrezeze Gdansk und Wisla Plock drei polnische Meisterschaften. Im Dezember 2001 schließlich die Begegnung, die seine Karriere maßgeblich beeinflusste. Plock traf im Europapokal auf die SG Flensburg-Handewitt. Die Polen verloren, doch SG-Manager Manfred Werner schnalzte nur mit der Zunge: „Dieser Marcin Lijewski – der ist ja Weltklasse.“

Bis zu dieser Saison jubelten Marcin und Krzysztof Lijewski nur in der polnischen Nationalmannschaft gemeinsam.

Es vergingen keine sechs Monate und der heute 31-Jährige hatte einen Vertrag an der Flensburger Förde. Seine gewaltigen Würfe, sein gutes Auge für den Kreis, aber auch seine Unberechenbarkeit, machten ihn schnell zu einem gefürchteten Linkshänder der Bundesliga. Und gelegentlich machte er seine Späßchen. „In Polen“, schmunzelte er, „gibt es einen Handballer, der hat fast die gleichen Qualitäten wie ich.“ Es war kein Scherz, er redete von Bruder Krzysztof.
Der HSV Hamburg verpflichtete 2005 den Jüngeren. Auch Krzysztof hatte keine Mühe, sich im Handball-Zirkus der Bundesliga schnell zu integrieren. „Als ich ihn das letzte Mal beobachtet hatte, dachte ich, wir würden ihn holen, um ihn ein Jahr zu schleifen“, erinnert sich HSV-Sportdirektor Christian Fitzek. „Er war aber schon viel weiter.“
In der polnischen Nationalmannschaft feierten sie gemeinsam 2007 die Vize-Weltmeisterschaft. Offenbar war es den beiden Brüdern nicht genug. Marcin begann mit dem HSV Hamburg zu verhandeln, wollte näher an Ehefrau, Kindern und Eltern rücken, die alle in Polen leben. Er wollte aber auch seinen Bruder Krzysztof häufiger sehen. Es klappte. „Das ist vor allem für meine Eltern eine schöne Situation“, schmunzelt Marcin. „Nun müssen sie sich bei den Nordderbys nicht mehr entscheiden, wem sie die Daumen drücken.“ Dafür können die beiden Lijewskis eigentlich nicht mehr gleichzeitig auf dem Spielfeld stehen. Oder ist diese Konstellation gar kein Problem? Beim Königsklassen-Auftritt in der Campushalle schlüpfte Krzysztof in die Rolle des HSV-Spielmachers und stürmte an der Seite seines älteren Bruders. Es geht also auch auf dem Spielfeld gemeinsam.