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Rhein-Neckar Löwen

Die jüngste Geschichte der Rhein-Neckar Löwen gleicht einem Märchen, das für Handball-Fans spannender ist als die der Gebrüder Grimm. Es war einmal ein kleiner Verein, der unter der Bezeichnung SG Kronau-Östringen die Bundesliga-Bühne betrat und 2005 in die riesige Mannheimer SAP-Arena umzog. Aus diesem mutigen Versuch hat sich längst eines der ehrgeizigsten Handball-Projekte Deutschlands entwickelt.
Mit einem Etat von rund sieben Millionen Euro gehören die Badener inzwischen zu den großen Namen der deutschen Eliteliga. Hinter dieser neuen Handballblüte stehen Namen aus der Wirtschaft, die den Emporkömmling finanziell unterstützen, darunter vor allem der SAP-Gründer Dietmar Hopp. Thorsten Storm, ein halbes Jahrzehnt bei der SG Flensburg-Handewitt, stieg im Sommer 2007 als neuer Geschäftsführer ein. „Eine Spitzenmannschaft ist nicht innerhalb eines Sommers zu formen“, versuchte er die aufkeimende Euphorie zu bremsen. Immerhin langte es für den vierten Platz, der durch ein Hintertürchen die erstmalige Teilnahme an der Champions League ermöglichte.
Auf dem Transfer-Markt gaben sich die Rhein-Neckar Löwen nicht bescheiden. Mit Torwart Henning Fritz, Kreisläufer Christian Schwarzer und Abwehrspezialist Oliver Roggisch wechselten vor der letzten Saison gleich drei Weltmeister in den Süden. Im letzten Dezember kamen die polnischen Rückraumspieler Karol Bielecki und Grzegorz Tkaczyk aus Magdeburg, und in diesem Sommer wurden die Flügel aufgewertet. Mit Gudjon Valur Sigurdsson und Jan Filip tauchten zwei der besten Goalgetter der letzten Jahre im Mannheimer Handball-Mekka auf.
Nur geradeaus geht es aber auch bei den Rhein-Neckar Löwen nicht. Zwar sprangen sie auf internationaler Ebene sehr souverän in die Königsklassen-Hauptrunde. In der Bundesliga lief es jedoch nach der sehr sparsamen, durch Olympia beeinflussten Vorbereitung gar nicht wunschgemäß. Trainer Iouri Chevtsov musste schon nach wenigen Spieltagen seinen Hut nehmen. Aber auch unter dem neuen Coach Wolfgang Schwenke blieben die Badener auf einem Mittelfeldplatz. Zuletzt sorgte die klare 25:31-Niederlage beim HSV Hamburg für einen herben Dämpfer. „Wir brauchen nicht mehr auf die Tabelle zu sehen“, sagte Weltmeister Henning Fritz. Kreisläufer Andrej Klimovets, bis 2005 im SG-Dress, gab sich indes kämpferischer: „Bis Weihnachten kann es jetzt nur unser Ziel sein, verlorenen Boden gutzumachen, damit wir im neuen Jahr noch einmal angreifen können.“
Im Hintergrund sind die Planungen auf die Zukunft gerichtet. „Wir haben zu viele Jungs, die nicht gerne in der Abwehr spielen“, stellte Thorsten Storm fest und kündigte an: „In der neuen Saison wird das Team ein anderes Gesicht haben.“ Auf jeden Fall wird die Linkshänder-Fraktion ausgetauscht. Sergej Schelmenko (nach Tschechow) und Mariusz Jurasik werden die Löwen verlassen. Mit Alexis Alvanos (Gummersbach) steht bereits einer von zwei Nachfolgern fest. Zudem fördert der Klub die Nachwuchsarbeit: Die eigene Reserve ist in der Regionalliga angesiedelt. Mit der TSG Friesenheim gibt es einen Kooperationspartner in der Zweiten Liga. Linksaußen Uwe Gensheimer und Rechtsaußen Patrick Groetzki, die regelmäßig auf dem Spielberichtsbogen der Löwen stehen, sollen nur ein Anfang sein.

Daten Rhein-Neckar Löwen