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Stefan Lövgren: Große Spielerpersönlichkeit letztmals in der „Hölle Nord“

Theoretisch könnte es in der Champions League zu einem weiteren Aufeinandertreffen der SG Flensburg-Handewitt und des THW Kiel in der Campushalle kommen. Muss aber nicht. Deshalb dürfte ein großer Name in der internationalen Handballszene diesmal zum letzten Mal Derby-Luft in der „Hölle Nord“ einatmen: Stefan Lövgren. Der schwedische Spielmacher wird im Sommer seine Karriere beenden und in seine Heimat zurückkehren.
„So ein Landesderby ist nicht nur für die Zuschauer das Spiel der Spiele, sondern auch für uns Spieler“, verrät Stefan Lövgren. Die Relevanz für die Konstellation in der Spitzengruppe, das deutlich größere Medien-Interesse und die Atmosphäre in der Halle lassen den schleswig-holsteinischen Bruderkampf stets zu einem außergewöhnlichen Ereignis werden. „Die Stimmung ist in Kiel wie auch in Flensburg immer eine Spur intensiver als sonst“, hat Stefan Lövgren beobachtet, der seit Mai 2002 in der Campushalle kein Bundesliga-Match mehr gewonnen hat. Damals, am letzten Spieltag der Saison, gab es die Meisterschale für den THW Kiel.
Das Wort „Meisterschaft“ würde auch als Überschrift über die Laufbahn des großartigen Regisseurs passen, der am Sonntag seinen 38. Geburtstag feiert. Es ist ein ebenso merkwürdiger wie bezeichnender Zufall, dass in seinem Geburtsort Partille (bei Göteborg) ausgerechnet in seinem Geburtsjahr erstmals das weltberühmte Jugend-Handballturnier ausgerichtet wurde. Mit Redsbergslids IK feierte Stefan Lövgren fünf schwedische Meisterschaften, wurde in 268 Länderspielen ein Mal Weltmeister, vier Mal Europameister und zwei Mal olympischer Silbermedaillen-Gewinner.

Stefan Lövgren nimmt wohl zum letzten Mal in der Campushalle Maß.

1998 war die halbe Bundesliga, darunter auch die SG Flensburg-Handewitt, hinter dem spielstarken Handballer hinterher. Das Rennen machte der TV Niederwürzbach, damals ein sehr potenter Klub, der jedoch bald in finanzielle Turbulenzen geriet und sich 1999 aus der Bundesliga zurückzog. Stefan Lövgren wechselte zum THW Kiel. „Ein Glücksfall“, sagt er im Rückblick. Sechs deutsche Meisterschaften, drei deutsche Pokalsiege und drei internationale Trophäen, darunter die Champions League 2007, gewannen die Zebras seitdem. „Zugaben“ sind erwünscht. „Ich würde mich gerne zumindest mit einem Titel verabschieden“, sagt der sympathische Schwede. Er und THW-Manager Uwe Schwenker haben vereinbart, noch einmal gemeinsam auf dem Kieler Rathausbalkon zu feiern.
Nach dem letzten Bundesliga-Spiel im Juni – es wird das Rückspiel gegen die SG sein – bricht Stefan Lövgren zusammen mit seiner Familie die Zelte in der Landeshauptstadt ab und wird sich 85 Kilometer nördlich von Göteborg, im beschaulichen Uddevalla niederlassen. Dort wird er seine Aufgabe als Handball-Trainer an einem Sportgymnasium antreten. 16- bis 19-Jährige haben die Wahl zwischen Fußball, Unihockey und Handball. Den letzteren Kurs wird Stefan Lövgren leiten. Sechs Stunden in der Woche!
„Ich bin auch dabei“, berichtet das THW-Ass, „etwas anderes aufzubauen, aber das kann ich noch nicht öffentlich bekanntmachen.“ Auf jeden Fall ist Uddevalla ein Hort der Handball-Tradition. Der im 30000-Einwohner-Städtchen ansässige Klub Kroppskultur hat ein Frauen-Team in der höchsten schwedischen Spielklasse. Auch die Männer waren schon ganz oben, wollen die triste Drittklassigkeit schnellstmöglich verlassen.
Und was wird Stefan Lövgren nach seinem Fortzug aus Deutschland vermissen? „Das muss man mich in einem Jahr fragen, dann weiß ich es“, sagt er. „Es wird auf jeden Fall eine große Umstellung, da sich im Moment alles im Leben am Handball orientiert.“ Damit befindet er sich in einem Boot mit dem SG-Kollegen Ljubomir Vranjes, der bekanntlich ebenfalls seine Karriere beenden und zur nächsten Serie Trainer in Skövde wird. Übrigens: Die beiden Schweden haben mehrere Jahre lang in Göteborg zusammengespielt, treffen sich auch jetzt noch häufiger. „So eine Freundschaft lebt man vor und nach einem Landesderby“, schmunzelt Stefan Lövgren. „Während dieser 60 Minuten ruht sie.“