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Der "Patient SG" ist auf dem Weg der Besserung

Wenn heute Abend die Quijote Arena im spanischen Ciudad seine Türen öffnet, steht der SG Flensburg−Handewitt wieder einmal ein ganz besonderes Highlight bevor. Denn das Rückspiel in der ersten Phase der Champions League gegen die "Übermannschaft" von Ciudad Real (Anwurf 20.45 Uhr/Live−Ticker 20.15 Uhr) steht unter besonderen Vorzeichen. Weniger das Endergebnis, vielmehr die Art der Präsentation steht beim Auftritt des zweifachen Finalisten im Focus. Gegen einen Heimsieg des Champions League−Siegers von 2006 will niemand ernsthaft wetten, womit der Sieg in der Gruppe H erwartungsgemäß nach Spanien gehen dürfte.
Die SG hingegen will sich mit einer "guten Leistung" weiter aus der Krise spielen um für die schweren Aufgaben in Melsungen (Sonnabend, 17 Uhr) und wenig später in Lubin (Donnerstag, 22. November) fit zu sein. In der Heimat des legedären Don Quijote gilt es sich neuen Schwung für den Tanz auf den zwei Hochzeiten holen. Es war reiner Zufall, doch es war ein bemerkenswerter, als Anders Dahl−Nielsen, Teamleiter und Dane Sijan, Torwart der SG, nach dem mühsamen und glücklichen Heimsieg gegen Drammen HK (30:28) unabhängig voneinander von "Krankheit" und "Virus", im Zusammenhang mit dem Einbruch der SG sprachen.
Der serbische Nationalkeeper Sijan, mit drei gehaltenen Siebenmetern ein Lichtblick und letztendlich der Matchwinner gegen die Norweger, sagte nach dem Spiel: "Es ist wie eine Krankheit. Wir gehen hoch in Führung und brechen dann ein. Wieso und weshalb kann ich mir nicht erklären." Anders Dahl−Nielsen fügte wenig später hinzu: "Es ist wie mit einem Virus. Es gehört derzeit nur wenig dazu, um uns aus dem Tritt zu bringen."
Gegen Drammen hatte die SG binnen weniger Minuten durch haarsträubende, individuelle Fehler einen klaren 9:3−Vorsprung leichtfertig verspielt und am Ende ebenso knapp, wie glücklich gewonnen. Die Fremdkörper, die die SG nach furiosem Beginn aus dem Rhythmus gebracht hatten, waren Auswechslungen in den eigenen Reihen und eine Umstellung der gegnerischen Deckung von 6−0 auf 5−1. Mehr gehört nicht dazu, um die SG wieder etwas enger ans Krankenbett zu fesseln.
Dabei hatte der "Patient" gegen Wetzlar einen ersten Schritt in Richtung Besserung getan und nach Pleiten gegen Nordhorn (Liga und Pokal) sowie Göppingen (Liga) endlich wieder zwei Punkte zu sich genommen. Mit einigen Tagen Abstand betrachtet, fällt jedoch auch die Diagnose nach dem Drammen−Spiel eher positiv denn negativ aus, schließlich bewiesen die Norddeutschen in der Schlussphase Nervenstärke und trugen den Sieg davon. Ein immens wichtiger, im Hinblick auf das Weiterkommen in der "Königsklasse". Der "Patient" ist zwar noch nicht ganz auskuriert, es geht ihm jedoch von Spiel zu Spiel besser.
Und ein passende Medikament zur endgültigen Genesung hat Dahl−Nielsen auch schon parat: "Ein gutes Spiel in Ciudad, ein Sieg in Melsungen und dann in Lubin die zweite Gruppenphase der Champions League erreichen. Dass ist es, was die Mannschaft benötigt." Die SG setzt also ausgerechnet gegen den Gegner auf eine vollständige Wiederherstellung des Immunsystems, gegen den sie sich im Hinspiel den Virus eingefangen hatte. "Mit der zweiten Halbzeit gegen Ciudad ging alles los", sagte Johnny Jensen, "danach haben wir zwar nochmal in Hamburg gewonnen, dass hat unsere Anfälligkeit jedoch nur kaschiert."
Am 27. September hatte die SG mit der 26:34−Niederlage ihr Auftaktspiel in der diesjährigen Champions League−Saison gegen Ciudad Real verloren und die Talfahrt begann. Es folgte eine weitere Heimpleite gegen Lubin, dass Pokalaus und besagte Niederlagen gegen Nordhorn und in Göppingen. All dies soll nun unter der Sonne Spaniens vergessen werden. "Nach dem Sieg gegen Drammen können wir in Ciudad ohne Druck auftreten", sagte Kent−Harry Andersson, Trainer der SG, gestern, kurz vor dem Abflug nach Spanien. Der Schwede weiter: "Uns passt die Rolle des Jägers besser, als die des Gejagten. So fühlen wir uns wohler, denn Ciudad ist der große Favorit. Ein Punkt dort wäre eine Überraschung, wenn es nicht dazu reicht, können wir auch damit leben. Für uns ist das Spiel in Lubin wichtiger"
Wenn die Mannschaft an sich auch noch etwas angeschlagen scheint ("Es ist offensichtlich, das wir derzeit einige Probleme haben", O−Ton Dahl−Nielsen), die einzelnen Akteure sind fit. "Wir haben seit langem endlich mal wieder alle Mann dabei. Es sind 15 Spieler und somit sogar einer zuviel", freute sich Andersson darüber, dass er gegen das Starensemble von Ciudad aus dem Vollen schöpfen kann.
Dass wird auch nötig sein, schließlich ist der Champions League−Sieger von 2006 gespickt mit Weltklasse−Akteuren, was Andersson dazu veranlasste, von seiner gewöhnlichen Spiel−Vorbereitung abzurücken. "Normalerweise weise ich meine Spieler bei der Video−Analyse auf bestimmte Akteure des Gegners hin, dass hätte bei Ciudad jedoch zu lange gedauert, da dort alle top sind", so der SG−Coach.
Nach der Ankunft in Madrid (mit einstündiger Verspätung), machte sich die Mannschaft gestern per Bus auf, die rund 200 Kilometer nach Ciudad zurück zulegen, wo gestern Abend eine erste "Schnupperstunde" in der Quijote Arena geplant war. Beim Abschlusstraining konnte sich die SG an die Gegebenheiten in der Hauptstadt der Provinz La Mancha erneut gewöhnen.