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Falsches Nationaltrikot – keine optimale Leistung

Michael Knudsen musste schmunzeln. Gerade war der dänische Kreisläufer zusammen mit Drammens Rückraum-Star Frode Hagen zum „Player of the game“ gekürt worden, da bekam er von den Offiziellen ein nicht ganz passendes Geschenk. Ein norwegisches Nationaltrikot! „Was soll ich denn da mit?“, fragte sich Michael Knudsen. „In gut drei Monaten werde ich bei der Europameisterschaft für Dänemark spielen.“ Im Grunde passte diese Begebenheit am Rande aber zur Vorstellung der SG Flensburg-Handewitt. Sie war weder Fleisch noch Fisch. „Das war sicherlich nicht optimal“, räumte auch Michael Knudsen ein. „Wenn wir mit mehr als 50 oder 70 Prozent geboten hätten, wäre ein wesentlich souveränerer Spielverlauf möglich gewesen.“
Für einen ruhigen Abend in der Drammenshallen, die nur halb ausverkauft war, beklagte der Bundesligist zu viele Ausfälle. Gerade die rechte Angriffsseite stand zeitweise völlig neben sich. Rechtsaußen Torge Johannsen war offensichtlich mit dem falschen Bein zuerst aufgestanden, während Marcin Lijewski sehr undiszipliniert auftrat und viele Fehlwürfe fabrizierte. Immerhin war auf den nach einer Mandelentzündung noch nicht vollends genesenen Alexander Petersson Verlass. Und auch Kasper Nielsen machte seine Sache bei seinen sporadischen Einsätzen auf der ungewohnten rechten Rückraum-Position ordentlich.
Mit wenig Fortune gingen zudem die beiden Keeper ins Match. Dane Sijan begann, musste hinter einer zunächst zu zaghaften 6:0-Abwehr schon in den ersten zehn Minuten neun Mal ins Netz greifen, um den Ball herauszuholen. Drammen führte 9:6. Und Kollege Dan Beutler hatte kaum das Spielfeld betreten, als er sich an der Nase verletzte. Der Schwede wurde aus der Halle getragen, kehrte zu Beginn der zweiten Hälfte für zehn Minuten zurück, da Dane Sijan noch immer nicht seine Form gefunden hatte.
Zu diesem Zeitpunkt hatten die Flensburger die Kontrolle über das Geschehen gewonnen. Doch zu mehr langte es nicht. „Wir hätten in dieser Phase den Sack vorzeitig zumachen müssen“, ärgerte sich SG-Trainer Kent-Harry Andersson über viele Nachlässigkeiten. Stattdessen verbreiteten die dritte Hinausstellung gegen Michael Knudsen und das 30:32 von Frode Hagen 70 Sekunden vor Schluss noch einmal Hoffnung in der Drammenshallen, die erst Ljubomir Vranjes mit dem letzten Tor des Tages zerstörte. 

Kent-Harry Andersson, SG Flensburg-Handewitt: „Das Wichtigste sind die beiden Punkte. Wenn man ein hartes Programm hinter sich hat und im Kopf müde ist, passieren solche Spiele.“

SG Flensburg-Handewitt: Dicke Nase zum Geburtstag

Johnny Jensen genoss die Rückkehr nach Schweden.

Eigentlich stimmte der Rahmen. Die SG Flensburg-Handewitt hatte zwei wichtige Zähler gewonnen, und Drammen HK hatte ein schönes Bankett organisiert, das die Bierpreise von 8,50 Euro vergessen ließ und später in einen Disco-Abend überging. Keine Frage: Dan Beutler hätte nach der Champions-League-Partie vorzüglich in seinen 30. Geburtstag hineinfeiern können. Ein Missgeschick vermieste dem Torwart jedoch die Party. Bei der Jagd nach dem vorbeigeflogenen Wurfutensil hatte er nach einer Viertelstunde den Pfosten übersehen und rannte genau gegen diesen. Die Nase blutete, schwoll an und brach vermutlich. Statt auf „Happy birthday“ wartete Dan Beutler auf den Zeitpunkt der Bettruhe.
Dennoch verlebten die Mannschaften aus Drammen und Flensburg einen denkwürdigen Abend. Alte Erinnerungen und nostalgische Momente wurden aufgewärmt. Kent-Harry Andersson, der zwischen 1993 und 1997 den norwegischen Spitzenklub trainiert hatte, genoss schon vor dem Anpfiff einen großen Bahnhof mit Geschenken und Laudatio. Unvergessen ist im Großraum Oslo, wie der Schwede aus einer Zweitliga-Truppe einen norwegischen Meister und europäischen City-Cup-Sieger formte. „Wir hatten damals eine blutjunge Mannschaft mit einem Altersschnitt von 19 bis 20 Jahren“, erinnerte sich Kent-Harry Andersson. „Wir trainierten zwei Mal am Tag. Einmal abends und einmal morgens um 6.30 Uhr – direkt vor der Schule.“
Zwei der damaligen „Frühaufsteher“ sind seit Sommer 2006 wieder im Kader: Frode Hagen und Glenn Solberg. „Die beiden haben jetzt keine so hohe Belastung mehr und spielen deshalb noch besser“, beobachtete Kent-Harry Andersson. Frode Hagen war nur schwer zu stoppen, während Glenn Solberg immer wieder in die „Trickkiste“ griff. So überrascht es nicht, dass der norwegische Nationaltrainer Gunnar Pettersen für die Europameisterschaften im eigenen Land nochmals mit den beiden Routiniers plant.
„Obwohl wir in der Abwehr nicht so gut standen“, bilanzierte Glenn Solberg, „bin ich sehr zufrieden, dass wir gegen diese Flensburger Mannschaft mit nur drei Toren verloren haben.“ Der Spielmacher hatte seine alten Weggefährten (2004 bis 2006) schon beim Abschluss-Training besucht – und traf auf einen Landsmann, der seit 1999 erstmals wieder ein Klub-Match in heimatlichen Gefilden bestritt: Johnny Jensen. „Es hat mir wirklich viel bedeutet, mal wieder in Norwegen zu spielen“, sagte der 35-Jährige, der sich in der Schlussphase von seiner „besten Seite“ zeigte. Nachdem er einen Tritt eingesteckt hatte, lieferte er sich eine Rangelei mit Drammens Kreisläufer Vegard Strand.